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0438 - Schlangenhand

0438 - Schlangenhand

Titel: 0438 - Schlangenhand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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nicht los, daß wir uns zwar in der Gegenwart befanden, doch gleichzeitig einen lockeren Kontakt zur Vergangenheit hielten. Der Mönch mit der Schlangenhand schien ebenfalls aus der Vergangenheit zu stammen.
    Ich löste mich von der Theke und schritt auf die beiden Leichen zu. Sie hockten festgebunden auf den Stühlen. Ihre Köpfe waren dabei zur Seite gefallen. Sie lagen mit den Wangen fast auf den Schultern.
    Tabakqualm zog in trägen Schwaden an meinem Gesicht vorbei und biß in den Augen.
    Ich drehte mich wieder um.
    Diaz schaute mich an. »Wollt ihr jetzt gehen?« fragte er Suko und mich.
    Ich schüttelte den Kopf. »Nein.«
    »Was wollt ihr dann?«
    »Diesen Verräter kennenlernen. Wir möchten ihn sehen. Oder habt ihr etwas dagegen?«
    Diaz schaute den Wirt an, dann seine Kumpane. Und wieder begannen sie zu grinsen. Sie bewegten sich sehr langsam, als Diaz nickte. Wie auf ein Kommando standen sie auf.
    Ich sah, daß ihre Hände in den Taschen verschwanden und unter die Jacken geschoben wurden.
    Die Lage spitzte sich zu. Diaz stemmte seine Arme in die Hüften, bevor er nickte. »Ihr wollt Vasco also sehen«, erklärte er. »Bitte, wir werden euch zu ihm führen.«
    »Müssen wir wieder auf das Schiff?« fragte ich.
    »Nein, Vasco ist überall. Er kann sich im Wasser bewegen und auch auf dem Land. Wir sind hier an der Küste, im ältesten Teil der Stadt. So war es auch früher gewesen, vor 200 Jahren.« Diaz begann wieder zu lachen. Diesmal kichernd, und plötzlich verzerrte sich sein Gesicht. »Wißt ihr überhaupt, wie alt wir sind? Wißt ihr das?«
    »Nein.«
    »Zweihundert Jahre«, erwiderte er rauh…
    ***
    Jorge, der Junge von fünfzehn Jahren, war einfach überfordert. Hinter ihm lag eine Begegnung, die er geistig nicht verkraften konnte. Er hatte eine Gestalt gesehen, die bisher nur als Seemannsgarn gesponnen worden war, die aber trotzdem lebte.
    Wieso?
    Dieser Vasco mußte schon 200 Jahre tot sein. Er konnte einfach nicht mehr existieren, und trotzdem hatte er sich gezeigt. Sogar ein Erbe oder Geschenk hatte er hinterlassen, eben dieses Amulett, auf dem die Schlange abgebildet war.
    Lebte sie?
    Einige Male hatte er sich das Fundstück genauer angesehen und festgestellt, daß dem nicht so war. Kein Schlangenkopf grinste mehr, er hatte kein funkelndes Augenpaar gesehen, und doch, als wäre durch dieses Amulett der Kontakt zu einer anderen Welt, einer anderen Zeit und einer anderen Person hergestellt worden.
    Vasco, der Abtrünnige, der Verräter…
    Jorge schüttelte sich. Längst hatte er den Strand hinter sich gelassen und schlich durch die engen Gassen des Lissaboner Hafenviertels.
    Manchmal durchlief er eine Lichtinsel. Dann war seine schmale Gestalt für die Dauer einer Sekunde zu erkennen, bevor sie wieder in die Schatten der Hauswände tauchte Er hatte auch die Mädchen gesehen, die sich anboten und Kunden suchten. Er hörte Musik, nahm den Geruch von brackigem Wasser wahr, auch die Gerüche innerhalb der engen Gassen, und manchmal, wenn er an den bestimmten Häusern vorbeikam, süßlichen Parfümduft.
    Es war eine Welt für sich, die er nicht mochte. Selbst die Klänge der Gitarren hörten sich anders an. Die Menschen, die er traf, gaben sich locker, cool, waren darauf aus, Vergnügen für die Nacht zu suchen.
    Er hatte ein Ziel.
    Da er schnell gelaufen war, atmete er hastig. Jorge kannte sich aus. Er wußte, wo die Kneipen der Seeleute lagen, wo die rauhe Männergesellschaft mit dem Teufel pokerte und in die Hölle ritt, wie es so oft hieß, wenn sie von ihren heißen Nächten berichteten, die hinter ihnen lagen.
    Er kürzte ab.
    Wie ein Phantom drückte er sich in eine schmale Gasse hinein, gelangte auf einen Hinterhof, sah eine schmale Treppe mit ausgetretenen Stufen, aber kein Licht.
    Er huschte die Stufen hoch.
    Am Ende der Treppe wurde er erwartet.
    Sie waren kaum älter als Jorge, aber sie standen da und wollten ihn nicht vorbeilassen. Zu viert waren sie. In ihren Händen blinkte etwas.
    Kalter Messerstahl…
    Jorge blieb stehen.
    Er atmete noch heftig. Erstens, weil er schnell gelaufen war, zweitens vor Angst.
    Er kannte die Typen nicht. Sie gehörten sicherlich zu einer der zahlreichen Banden, die sich in den Gassen und dem Häuserwirrwarr der Altstadt etabliert hatten.
    Bevor Jorge sich versah, hatten sie ihn schon eingekreist. Einer war schlangengleich hinter ihn geglitten, umklammerte seinen Hals und setzte ihm die Spitze des Messers gegen die rechte Wange, so daß ein kleiner Schnitt

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