0439 - Nacht der Hexen
damals zwei kreisende Raben, und jetzt wieder?
Das gab ihr zu denken.
»Aufpassen, Ted«, sagte sie leise. »Mit diesen Vögeln stimmt was nicht. Es kann sein, daß wir schon einmal mit ihnen zu tun hatten.«
»Feinde?«
»Beobachter…«
Ted umklammerte seinen Dhyarra-Kristall. »Vielleicht fühlst du dich von ihnen beobachtet?«
Nicole antwortete nicht. Sie war nicht sicher, was sie von den beiden Raben halten sollte. Es konnte Zufall sein… aber mit den Jahren hatte sie verlernt, an Zufälle zu glauben. Nichts geschah ohne irgend einen Plan. Aber diesen Plan durchschaute sie noch nicht.
»Wollen doch mal sehen, ob es diese Vögel sind«, sagte Ted. Er konzentrierte sich auf seinen Kristall, übermittelte ihm Gedankenbilder, die der Sternenstein brauchte, um aktiv zu werden. Befehle mußten gewissermaßen in bildhaft-filmischer oder comicartiger Form entwickelt werden, eine konkrete gedankliche Vorstellung war die Grundvoraussetzung. Nur dann konnte der Dhyarra-Kristall den Willen seines Benutzers in die Tat umsetzen, wobei er seine dazu nötigen Energien aus unergründlichen Tiefen des Universums bezog.
Aber im gleichen Augenblick schlug der Feind bereits zu!
***
Krachen und Bersten ließ Ted und Nicole herumfahren. Eine unsichtbare, titanische Kraft knickte einen jahrzehntealten Baum ab wie ein Streichholz. Holz splitterte, einzelne abgesprengte Stücke flogen wie Geschosse durch die Luft. Der Baumstamm mit seinem zerfaserten Ende hob sich gut zwei Meter über den im Boden verbleibenden Wurzelstumpf, kippte in die Waagerechte und begann um seine Mitte zu rotieren. Wie ein gewaltiger Dreschflegel fegte der Stamm auf die Menschen zu.
Ted Ewigk stand wie gelähmt da. Der Angriff überraschte ihn vollkommen, und er war nicht in der Lage, schnell genug umzuschalten und sich auf die neue Situation einzustellen.
Nicole erfaßte die heranrasende Gefahr schneller. Sie versetzte Ted einen Fußtritt gegen die Waden, riß ihm förmlich die Beine unter dem Körper weg. Ted stürzte, ruderte wild mit den Armen. Der blau funkelnde Dhyarra-Kristall flog durch die Luft, sah aus wie ein funkensprühender Feuerwerkskörper. Ted brüllte wütend auf. Im gleichen Moment raste der Baumstamm haarscharf über ihm und Nicole hinweg, die sich ebenfalls fallengelassen hatte. Die Wucht, mit der sich der Stamm bewegte, hätte ihnen beiden glatt die Köpfe abgeschlagen. Der rotierende Stamm segelte über den Wagen hinweg, die Baumkrone wischte über die Motorhaube des Wagens und hinterließ häßliche Kratzer am Lack. Dann knallte der Stamm gegen die Bäume jenseits des Grabens am anderen Straßenrand.
Abermals zerbrach Holz.
Der rotierende Stamm wurde ebenso zerschmettert wie die beiden Bäume, gegen die er geschlagen wurde.
Die Autotür schloß sich von selbst, der Verriegelungsknopf senkte sich. Der Zugknopf am Armaturenbrett löste die Feststellbremse, der Wählhebel der Automatik glitt in die Fahrt-Stellung. Ruckartig setzte der Mercedes sich in Bewegung und schoß mit durchdrehenden Rädern vorwärts.
Nicole richtete sich halb auf.
Entsetzt sah sie hinter dem davonrasenden Wagen her, hinter dessen Lenkrad niemand saß. Auf der Rückbank kauerte Carlotta, und auf dem Beifahrersitz befand sich Zamorra, der in seiner Halbtrance überrascht worden war.
Der Wagen jagte auf eine scharfe Kurve zu. Dahinter fiel ein steiler Berghang ab.
Fassungslos sah Nicole, wie der metallicsilberne Sportwagen ungebremst über die Kante raste und in der Dunkelheit verschwand.
Und wieder krachten und splitterten Bäume, kippten, stürzten auf Nicole und Ted zu, um sie zu erschlagen. Andere wurden samt Wurzeln aus dem kargen Boden gerissen.
Die Hölle tobte sich aus.
Wer immer hier seine Hände im Spiel hatte - seine Magie war überwältigend stark!
Und der Kampf war verloren, noch ehe er richtig begonnen hatte und sie wußten, wer der Gegner war…
***
Stygia wurde völlig überrascht. Der Angriff der Hexe Terzia auf Zamorra geschah früher, als Stygia angenommen hatte. Terzia hatte bereits die erste sich bietende Chance genutzt.
Endlos lange Sekunden »sah« Stygia nur zu. Sie verfolgte den Angriff, der mit einer unglaublichen Vehemenz geführt wurde. Die Dämonin war überrascht. Sie hatte nicht geglaubt, daß die Hexe eine derart starke Kraft entfesseln und steuern konnte - Kraft, die ihr aus dem Pakt der Drei zufloß, den die Hexen mit Stygia geschlossen hatten.
Für einen Augenblick war Stygia versucht, den Kraftfluß zu
Weitere Kostenlose Bücher