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0439 - Todesspiel in Samt und Seide

0439 - Todesspiel in Samt und Seide

Titel: 0439 - Todesspiel in Samt und Seide Kostenlos Bücher Online Lesen
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sich gut.«
    »Waren sie oft zusammen?«
    »Hin und wieder.«
    »Wo trafen sie sich? Im Hinterzimmer?«
    »Manchmal schon. Warum?«
    »Haben Sie sich nicht die Frage gestellt, welche Interessen die beiden miteinander verbanden? Sie haben doch schon rein äußerlich kaum etwas gemeinsam, oder?«
    »Natürlich sind sie grundverschiedene Typen«, gab das Mädchen zu. »Mr. Smith war sehr gebildet, aber er war nicht arrogant. Ich glaube, er interessiert sich für Menschen. Er will wissen, was sie denken und fühlen. Deshalb spricht er mit ihnen — auch wenn es nicht seine Absicht ist, sich mit ihnen zu verbrüdern.« Um Birdy Fletchers volle rote Lippen geisterte ein trauriger Ausdruck. »Vielleicht war das auch der Grund, weshalb er einmal mit mir ausgegangen ist.«
    »Hat er bei dieser Gelegenheit Bemerkungen über seine Vergangenheit gemacht?«
    »Nein.«
    »Sie müssen ihn doch gefragt haben, was ihn bewogen hat, in die Pilgrim Lane zu ziehen!«
    »Ja, diese Frage habe ich ihm gestellt«, sagte das Mädchen. »Er antwortete darauf, daß er eine geheime Schwäche für die Wohnviertel der Armen habe. Nur hier, meinte er, zeige sich das Leben noch unverfälscht, gelegentlich primitiv und explosiv, zeitweilig auch sorgenvoll und sogar tragisch, aber niemals langweilig. Er hat das sicherlich geschickter ausgedrückt, aber das war ungefähr der Sinn seiner Worte.«
    Ich wies auf die Kaffeemaschine. »Sind Sie sicher, daß das Ding nicht gleich in die Luft geht? Es erzeugt recht merkwürdige Geräusche.«
    »Himmel, Ihr Kaffee!« sagte sie und stellte eine Tasse unter die Maschine. In diesem Moment hörte ich das Jaulen der Martinshörner. Es kam rasch näher.
    »Wann war Custer das letztemal hier?« fragte ich, als das Mädchen die Tasse vor mich hinstellte. Der Kaffee roch gar nicht übel. Ich kostete ihn. Er war kräftig und aromatisch.
    »Sahne, Zucker?« fragte das Mädchen.
    Ich schüttelte den Kopf. »Beantworten Sie lieber meine Frage«, bat ich.
    Das Mädchen wischte mit dem Tuch über die Theke. Sie war nervös. »Wenn ich daran denke, daß das Lokal in einer Minute voller Polypen sein wird, kriege ich Zustände!« meinte sie.
    »Sie haben doch nichts zu verbergen?«
    Ihre Augen blitzten. »Das ist es ja gerade! Ich habe nichts zu verbergen, stimmt. Aber einem Mädchen, das hinter der Theke einer Hafenbar in der Pilgrim Lane steht, glaubt keiner. Das weiß ich aus Erfahrung.«
    »Wann war Custer das letztemal hier?« wiederholte ich geduldig. »Er ist heute doch nicht zum erstenmal in diesem Lokal gewesen?«
    »Heute habe ich ihn nicht gesehen.«
    »Custer ist durch das Lokal ins Haus gelangt«, informierte ich sie.
    »Nicht, als ich hinter der Theke war!«
    »Wie lange sind Sie schon hier?«
    »Über eine Stunde.«
    Ich nahm einen weiteren Schluck aus der Tasse. »Dann müssen Sie ihn gesehen haben.«
    »Warten Sie — ich war vor etwa zwanzig Minuten draußen, um ein paar Stangen Zigaretten hereinzuholen. Vielleicht hat Custer gerade zu diesem Zeitpunkt das Lokal durchquert!«
    Ich blickte sie an. »Das wäre ja ein toller Zufall«, sagte ich langsam.
    Ich stockte, meine Zunge wurde auf einmal seltsam schwer. Ein dünner Luftzug streifte mich. Ich wandte den Kopf und sah Biggers auf der Schwelle stehen. Er hatte den Schürhaken noch immer in der Hand. Ich fand, daß er diesmal noch drohender aussah als vorhin.
    Ich hatte das Öffnen der Tür glatt überhört. In meinen Ohren rauschte es. Immerhin kriegte ich noch mit, daß die Martinshörner jetzt schon verdammt nahe waren, beruhigend nahe. Was war bloß los mit mir? Noch zwanzig, dreißig Sekunden und…
    Meine Gedanken kippten plötzlich weg. Ich versuchte sie zu fassen, aber das erwies sich als ebenso erfolglos wie das Bemühen, einen plötzlich aufkommenden Schwächeanfall niederzukämpfen. Ich rutschte vom Barhocker wie ein Klumpen Schmierseife. Ich nehme an, daß ich sehr hart auf dem Holzfußboden landete, aber meine Erinnerung registrierte keinen Schmerz.
    Ich hatte bereits das Bewußtsein verloren.
    ***
    Was dann passierte, erfuhr ich von Lieutenant Humber — allerdings erst einige Stunden später.
    Humber betrat mit seinem Assistenten, Sergeant Shell, und dem Polizeiarzt, Dr. Dryer, das Lokal. Das Girl stand hinter der Theke und war damit beschäftigt, eine Kaffeetasse auszuspülen. Sie widmete sich dieser Tätigkeit mit großer Sorgfalt. »Sie kommen reichlich spät«, sagte sie nicht gerade sehr freundlich. »Ich wette, der Pistolenschütze ist

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