0439 - Todesspiel in Samt und Seide
Augen und bebenden Lippen. .
»Wir suchen seinen Mörder«, sagte ich. »Was wissen Sie von ihm? Kennen Sie seine Freunde, seine Feinde?«
»Nein. Sind Sie sicher, daß…«
»Wenn Sie wollen, können Sie sich den Toten ansehen, nur so, um ganz sicherzugehen. Aber ich rate Ihnen davon ab. Es ist nichts für schwache Nerven.«
»Ich glaube, ich brauche einen Kognak«, meinte sie. Sie stand auf und ging hinaus. Nach fünf Minuten kam sie zurück. Sie hatte den Berufskittel abgestreift und trug jetzt ein zartgrünes Stadtkostüm im Chanel-Schnitt. Es stand ihr gut. »Ich habe mich bei dem Geschäftsführer entschuldigt — ich darf nach Hause' gehen. Es wird am besten sein, Sie begleiten mich«, sagte sie.
Wir verließen das Restaurant. »Ich wohne ganz in der Nähe«, informierte mich das Mädchen. Sie war blaß und nervös; ich hatte das Gefühl, daß sie etwas auf dem Herzen hatte, ohne so recht zu wissen, ob es zweckmäßig war, das Thema anzuschneiden, »Erzählen Sie mir etwas von Hank«, bat ich. »Wie lange kennen Sie ihn?«
»Etwa drei Monate«, sagte sie. »Macht es Ihnen etwas aus, Wenn wir zu Fuß gehen? Es sind nur zehn Minuten bis zu meiner Wohnung.«
Ich nickte. »Ich verschaffe mir gern ein bißchen Bewegung.«
»Wie ist es passiert?« fragte sie.
»Er wurde erschossen.«
»Von wem?«
»Das wissen wir noch nicht.«
»Ich kann es nicht fassen.«
»Waren Sie sehr eng mit ihm befreundet?«
»Er — er wollte mich heiraten.«
»Und Sie?«
»Natürlich wollte ich auch, aber…«
»Aber?«
Sie zuckte die Schultern. »Ich kann das schwer erklären. Ich fürchtete mich davor.«
»Vor der Ehe, oder vor Fryland?«
»Er war mir manchmal direkt unheimlich. Es gab Dinge, die er mir nicht plausibel machen konnte. Er hatte Geheimnisse vor mir.«
»Zum Beispiel?«
»Ich habe nie erfahren, für welche Firma er arbeitet. An Geld hat es ihm nie gefehlt, aber ich weiß bis zum heutigen Tag nicht, wer es ihm zahlte.« Sie blieb stehen und blickte mich an. Ich blieb ebenfalls stehen. »Hat er krumme Geschäfte gemacht?« fragte sie mich.
»Fest steht, daß sein Umgang nicht der beste war«, sagte ich und fügte rasch hinzu: »Das bezieht sich nicht auf Sie. Ich meine damit die Leute, die ihm beim Geldverlieren halfen.«
»Kennen Sie sie?«
»Nur zum Teil. Wie steht es mit Ihnen? Hat er Sie mal mit seinen Freunden bekannt gemacht?«
»Er hat mir niemals einen Bekannten vorgestellt«, maulte sie. »Das war auch so eine Sache, die mir nicht gefiel. Ich entschuldigte es damit, daß er vielleicht eifersüchtig sei… Aber es war eines von den Dingen, die mich zuweilen in Harnisch brachten.«
»Würden Sie ihm ein Verbrechen zugetraut haben?«
Das Mädchen ging weiter. Ich blieb an ihrer Seite »Ein Verbrechen? Schwer zu sagen. Wer weiß schon, was in einem Menschen steckt? Nein, ich glaube nicht, daß ich ihn eines wirklich schweren Verbrechens für fähig hielte. Er konnte hart sein, das spürte ich zuweilen, er war auch vital und energisch — aber weshalb hätte er sich dem Verbrechen widmen sollen? Er war intelligent und wendig genug, um sein Dasein auf korrekte Weise fristen zu können.«
»Ich fürchte, da muß ich Sie enttäuschen. Nicht alle Leute benutzen ihren Intellekt, um damit der Moral die Stange zu halten.«
»Sie sagen das nicht ohne Grund, nehme ich an? Sie beziehen es auf Hank?«
»Er steht im Verdacht, zwei Menschen ermordet zu haben.«
Das Mädchen blieb abermals stehen. Diesmal waren ihre Augen noch größer und erschrockener als vorher. »Nein!« stieß sie hervor. »Das halte ich für ausgeschlossen! Er war clever, er wäre vielleicht bereit gewesen, sich durch irgendwelche betrügerische Manipulationen zu bereichern — aber Mord? Das ist immöglich.«
Ich faßte sie behutsam unter und führte sie weiter. »Mörder tragen kein Kainszeichen im Gesicht«, sagte ich. »Sie sprechen und leben wie die meisten von uns, es ,gibt keine klar erkennbaren Hinweise auf das, was in ihnen ist. Wir vom FBI erleben das immer wieder. Gerade die nächsten Angehörigen von Mördern sind immer die ahnungslosesten. Mörder sind nicht nur brutal und gefühlskalt, sie haben auch gute, positive Eigenschaften. Den Frankenstein-Typ gibt es im Leben kaum. Der Jammer ist, daß Hollywood-Gruselfilme einen Schablonentyp geprägt haben, den die Kriminologie nicht kennt.« Ich ließ ihren Arm los. Sie ging allein weiter, etwas stolpernd und unsicher, als hätte sie keine Kraft in den Füßen.
»Sie sagen,
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