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0439 - Todesspiel in Samt und Seide

0439 - Todesspiel in Samt und Seide

Titel: 0439 - Todesspiel in Samt und Seide Kostenlos Bücher Online Lesen
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er war ein Mörder«, meinte sie kaum hörbar. »Ich kann nicht untersuchen, inwieweit das richtig oder falsch ist. Aber es stimmt doch, daß er erschossen wurde, nicht wahr? Also ist er das unschuldige Opfer!«
    »Das Wort ›unschuldig‹ können wir, fürchte ich, in diesem Zusammenhang beiseite lassen. Er wurde ermordet, weil er sich innerhalb einer Gangsterorganisation Rechte anmaßte, die ihm von anderen abgesprochen wurden. Er mordete, und ein paar andere Leute rächten diesen Mord. So lautet meine These. Sie kann falsch sein. Ich bin gerade dabei, sie zu untermauern und hoffe, daß Sie mir dabei helfen können.«
    »Wie sollte ich das? Ich hatte keine Ahnung von dem Leben, das er führte!«
    »Sie waren oft mit ihm zusammen. Oder?«
    »Ziemlich oft.«
    »Wie oft?«
    »Ein- bis zweimal wöchentlich«, meinte sie.
    »Na bitte! Sie haben mit ihm gesprochen. Sie konnten manchmal, bewußt oder unbewußt, einen Blick in seine Brieftasche werfen, Telefongespräche mithören, die ihn erreichten, Notizen lesen, die auf seinem Schreibsekretär lagen — kurz und gut, wenn Sie genau nachdenken, fallen Ihnen sicherlich tausend Dinge ein, die für uns von Bedeutung sind.«
    »Was für Dinge?« fragte sie, wartete aber die Antwort nicht ab, sondern blieb stehen und meinte: »Wir sind da. Hier wohne ich. Ist es Ihnen recht, wenn ich vorangehe?« Ich nickte. Wir betraten ein leidlich mpdernes Apartmenthaus. Der Lift brachte uns ins sechste Stockwerk. Miß Gwynns Wohnung war recht niedlich, eine Art Superpuppenstube, mit jenem Grad harmloser Verkitschung, den man oft bei alleinstehenden jungen Mädchen findet. Bestickte Sofakissen waren Trumpf.
    »Setzen Sie sich, bitte«, sagte sie. »Ich brauche jetzt einen Drink. Und Sie?«
    »Mir genügt ein Glas Orangensaft, falls Sie so etwas im Hause haben sollten.«
    9’
    »Es ist alles da, ich bin sofort wieder zurück«, meinte sie und verließ das Wohnzimmer. Ich hörte, wie sie die kleine Diele durchquerte und die Küchentür öffnete.
    Im nächsten Moment geschah es.
    Sie stieß einen lauten, gellenden Schrei aus.
    Fast gleichzeitig hörte ich ein Geräusch, das einem dumpfen Schlag oder Zusammenprall ähnelte.
    Schritte hasteten durch die Diele.
    Im Nu war ich auf den Beinen. Ich riß die Wohnzimmertür auf und sah zwei Dinge: Miß Gwynn lag bewußtlos in der Diele, und ein Mann hastete aus der Wohnung.
    ***
    Ich kniete neben Miß Gwynn nieder und sah, daß sie nicht verletzt worden war. Offensichtlich hatte sie nur einen Schock erlitten. Sie hatte in der Küche einen Fremden gesehen, der Mann hatte sie umgestoßen und war geflüchtet.
    Ich jagte hinter ihm her.
    Er stand am Lift, mit hochrotem Kopf, unter dem Arm ein ziemlich großes, anscheinend nicht leichtes Paket. Er starrte mir entgegen, mit halb offenem Mund und häßlichen, haßerfüllten Zügen. Ich kannte ihn. Es war mein alter Freund, der Boxer-Dandy.
    In diesem Moment schaffte er es, in den Lift zu schlüpfen. Ich kam gerade noch rechtzeitig, um die Tür aufzureißen. Im nächsten Augenblick standen wir uns gegenüber. Hinter mir fiel die Tür zu. Der Lift begann nach unten zu surren.
    »Tag, Freundchen«, sagte ich. »Die Welt ist klein, nicht wahr?«
    Er hielt das Paket fest umschlossen. Es war mit braunem Papier verpackt und ziemlich fest verschnürt. Er brauchte beide Arme, um das Paket zu halten. »Was ist da drin?« erkundigte ich mich freundlich.
    »Was geht Sie das an?«
    »Eine Menge, und das wissen Sie ganz genau!«
    »Das Paket gehört uns. Hank hat mich beauftragt, es zu holen«, sagte er.
    »Seit wann können Tote reden?«
    Er blinzelte. »Der Teufel soll Sie holen!« keuchte er.
    Der Lift stand. Ich öffnete die Tür. »Wir werden ein paar Häuserblocks weit gehen müssen, ich habe meinen Wagen in der Fulton Street abgestellt«, sagte ich zu ihm. »Ich hoffe doch, das Paket wird Ihnen nicht zu schwer sein?« Ich öffnete die Lifttür. Wir betraten die Halle. Der Boxer keuchte noch immer, als sei er gezwungen, einen Felsblock zu tragen. Die Blicke seiner kleinen tückischen Augen hasteten ziellos hin und her. Er schien einfach nicht zu wissen, wie es weitergehen sollte.
    »Versuchen Sie keine Mätzchen, mein Lieber«, warnte ich ihn. »Meine Geduld ist schon hinreichend strapaziert worden. Ist das klar?«
    Er gab keine Antwort. Er blieb einfach stehen und nagte an seiner dicken Unterlippe herum. Er sah nicht so aus, als ob Intelligenztests seine Stärke wären. Ich bemerkte, daß sich seine Blicke immer

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