0447 - Totenschiff der Templer
An den Felswänden klebte er förmlich fest, er bildete Wolken über dem Wasser und trieb auch dem Ausgang entgegen.
»Den Nebel habe ich schon einmal erlebt!« Mario sprach den Satz laut und mit krächzender Stimme aus.
Mit starrem Gesichtsausdruck schaute ich dorthin, wo einmal die Wasserfläche gewesen war. Ich sah sie nicht mehr. Die grauen Schwaden hielten alles bedeckt.
Es wurden immer mehr. Sie verdichteten sich vor meinen Augen, doch ich erkannte in ihnen eine Bewegung, als würde dort jemand in der geheimnisvollen Suppe herumrühren.
Da stieg etwas hoch…
Bisher hatte ich noch nicht richtig daran glauben können, jetzt aber sah ich ein Schiff!
»Das!« rief Mario Scirea laut. »Das ist das Schiff, das wir gesehen haben…«
***
Ja, es war dieser alte Kahn mit den zerfetzten Segeln. Er mußte auf dem Grund des Meeres gelegen haben, und durch die Magie des Kreuzes war er an die Oberfläche geholt worden.
Ein großes Schiff mit graugrünen Aufbauten, die zitterten, als der Kahn einen heftigen Stoß bekam, der ihn vom Bug bis zum hochgestellten und kantig wirkenden Heck erwischte.
Er schüttelte sich und trieb langsam um die eigene Achse, damit der Bug auf den Ausgang der Bucht zeigte.
Dann schwebte es davon.
Ja, es war in der Tat ein Schweben, denn wir vernahmen keinerlei Geräusche. Keine Welle schlug gegen die hölzerne Außenhaut, der Nebel schien das Schiff fortzutragen.
Bevor es entschwand, drehte sich die eine Gestalt auf dem Heck noch einmal um. Mir kam es so vor, als wäre sie klarer herausgestellt worden, und ich sah ihren blutbefleckten Mantel, über dem ein bleiches Gesicht schwebte.
Dieser Mann, wahrscheinlich war es die Kapitän, strömte etwas aus, vor dem man Furcht bekommen konnte. Auch mir rann ein Schauer über den Rücken, und ich schaute ebenfalls nach, wie der alte Kahn verschwand.
Ein Totenschiff…
Den Nebel nahm es mit. Es drängte ihn aus der Bucht. Dabei schienen die grauen Schwaden sich zusammenzudrücken und dem Kahn noch mehr Geschwindigkeit zu geben.
Wir blieben stehen. Mario Scirea war damit nicht einverstanden.
»Wollen Sie nicht hinterher? Wir haben das Boot…«
Ich hatte nichts dagegen, aber ich hörte Sukos hartes »Nein!« Das mußte einen Grund haben.
Als ich mich umgedreht hatte, deutete Suko auf einen Teil der Felswand.
Es gab sie nicht mehr.
Wie von Zauberhänden geschoben, war der Stein verschwunden, und wir schauten in die Öffnung einer düsteren Berghöhle…
***
Bei uns dreien hielt die Überraschung an. Marios Scirea fing sich schließlich. »Das verstehe ich nicht!« hauchte er. »Sie war noch nie da. Ich… ich kenne die Höhle überhaupt nicht.«
»Dann wird es Zeit, daß wir sie kennenlernen«, erwiderte ich.
Auch Suko war meiner Ansicht.
»Wollen Sie da tatsächlich hinein?«
»Ja.«
»Aber das ist riskant…«
»Wir sind es gewohnt, ein Risiko einzugehen«, erklärte Suko und nickte mir zu.
Mario zögerte noch, während ich die ersten Schritte auf die Berghöhle zuging.
Ein komisches Gefühl hatte mich schon übermannt. Ich kam mir vor wie weiland Sindbad der Seefahrer, als er auf einer seiner Entdeckungsreisen war.
Auf dem Kieselsteinboden hörte ich jeden Schritt. Ich schaute auch auf mein Kreuz, das seine Magie noch nicht wieder abgegeben hatte. Einige Meter noch, dann hielt mich die Dämmerung der Berghöhle umfangen.
Ich hatte das Gefühl, in einen Dom hineingetreten zu sein. Groß, breit und wuchtig sah ich die Höhle vor mir. Jeder Schritt wurde von einem Echo begleitet.
Irgendwo tropfte Wasser. Ein kühler Windzug fuhr gegen mein erhitztes Gesicht, als hätte mich die Hand eines Geistes berührt.
Ich ging tiefer hinein, schaute einmal zurück. Sukos Umriß malte sich vor dem Ausgang deutlich ab.
Welches Geheimnis verbarg dieses Versteck im Berg? Und wieso hatte es sich öffnen können?
Das Tageslicht füllte die Höhle nicht ganz mit seinem Dämmerschein aus. Die hinteren Partien lagen im Dunkeln, und dort entdeckte ich ein dunkles und helles Schimmern.
So etwas erregte immer meine Aufmerksamkeit. Als ich näher kam, erkannte ich die Ursache.
Direkt an der Höhlenwand standen zwei alte Truhen, die aber zerbrochen waren. Die Deckel standen offen, doch auch die Seitenwände hatten dem Druck der Ladung nicht mehr standhalten können.
Ich pfiff leise durch die Zähne, als ich mir die Ladung einmal genauer anschaute.
Was ich nun erlebte, hätte tatsächlich aus einem orientalischen Märchen stammen können, denn
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