0447 - Totenschiff der Templer
der mein eigener Atem unnatürlich laut klang.
Wo sollte ich hin?
Das Kreuz hatte seine Aktivierung behalten, aber Licht, um mir einen Weg zu zeigen, strahlte es nicht ab, deshalb holte ich meine Lampe hervor und schaltete sie ein.
Was ihr Schein bei seinem Weg aus der Dunkelheit hervorriß, war mehr als interessant. Sogar außergewöhnlich.
Ich befand mich in einer Höhle.
Das wäre normal gewesen, aber die Wände der Höhle zeigten Gemälde, die bestimmt sehr alt sein mußten, wo sich aber die Farben und Motive noch allesamt gehalten hatten.
Schon beim ersten Blick hatte ich feststellen können, daß die Bilder von einem Künstler stammten, der sein Handwerk verstand.
Ich hatte beim ersten Versuch den Arm sehr schnell bewegt und die Bilder gezählt.
Fünf waren es.
Aber fünf sehr breite Gemälde, dafür weniger hoch, und sie bedeckten die Wand der runden Höhle.
Die Bilder waren in einer chronologischen Reihenfolge gemalt worden. Von mir aus gesehen an der linken Seite fing es an, da sah ich das erste Bild.
Es zeigte eine Szene, die im vorigen Jahrhundert spielte. Ein Schiff hatte angelegt. Der Hafen mußte zum Oxident gehören, vielleicht sogar zu Frankreich.
An den Uferstreifen standen Frauen und Kinder. Sie winkten den Männern zu, die an Bord gingen.
Die unterschiedlichsten Personen sah ich darunter. Landsknechte, Priester, Seeleute und auch einige Ritter, die sogar ihre Pferde mit an Deck nahmen.
Das zweite Gemälde zeigte das Schiff auf hoher See. Im Mast saß der Ausguck. Er hatte seinen Arm ausgestreckt und deutete in eine bestimmte Richtung. Vielleicht hatte der Mann gerade in diesem Augenblick das erste Land gesehen.
Das dritte Bild zeigte eine Schlacht. Die Besatzung war von Bord gegangen und kämpfte gegen dunkelhäutige Gestalten. Ein Mann fiel mir besonders auf.
Er saß auf einem Schimmel, trug keine Rüstung, aber er schwang sein Schwert wie ein Könner.
Ich trat näher an das Gemälde heran, um den Mann besser erkennen zu können.
Der erste Eindruck hatte mich nicht getäuscht. Die abgebildete Person war Hector de Valois.
Für einen Moment schloß ich die Augen. Wieder einmal begegnete ich der Person, die praktisch in mir wiedergeboren war. Und wenn ich genau hinschaute, konnte ich sogar das Kreuz sehen, das er sich an einer Kette um den Hals gehängt hatte.
Durch die heftige Bewegung war es von der Fliehkraft gepackt und zur Seite geschleudert worden, so daß es in Kopfhöhe des Kämpfers einen blitzenden Reflex hinterließ.
Er und das Kreuz hatten damals ebenso zusammengehört wie einige hundert Jahre später das Kreuz und ich.
Auf dem Boden oder dem Schlachtfeld lagen die Toten in ihrem Blut. Weshalb der Kampf stattgefunden und aus welchem Grund Hector de Valois die Reise unternommen hatte, ging aus den Gemälden nicht hervor.
Ich bewegte mich zur Seite und leuchtete das vierte Bild an. Es zeigte wieder das Deck des Schiffes. Das mußte wohl nach einem Sturm gewesen sein, denn von den Segeln waren nicht mehr als zerfetzte Lappen oder Tücher zurückgeblieben.
Den größten Teil des Bildes aber nahm ein bestimmter Ausschnitt ein. Es war der untere Teil des Mastes. An ihn hatte man Hector de Valois gebunden.
Vor ihm stand jemand im schwarzen, blutbeschmierten Mantel und hielt zwei Krummdolche in der Hand. Es sah so aus, als wollte er die Waffen in den Körper des Gefesselten stoßen.
Ich leuchtete Hector de Valois’ Gesicht an. Die Züge waren noch gut zu erkennen, doch Angst las ich in den Augen nicht. Dieser Mann machte den Eindruck, als wollte er sich seinem Schicksal entgegenstemmen, denn abermals hatte sich der Zeichner auch auf das Kreuz konzentriert und es fast überdeutlich hervorgehoben.
Ich ging zum letzten Bild. Eigentlich hatte ich schon damit gerechnet, einen toten Hector de Valois zu sehen, das war zum Glück nicht der Fall. Wie dieser Mann nun endgültig gestorben und zu einem silbernen Skelett geworden war, würde auch weiterhin ein Rätsel bleiben. Beim letzten Bild hatte sich der Maler auf die Person des Kapitäns konzentriert. Eine fürchterliche Gestalt starrte mich an. Der Säbel war gezückt, und auf der Spitze hing der Kopf eines Feindes.
Die Szene war schlimm genug, ebenso schlimm aber war die Person, die groß, wuchtig und auch dämonisch hinter dem Mann in die Höhe ragte.
Es war der Teufel!
Mein alter Freund Asmodis stand in einer Haltung da, als wollte er seinem Diener den nötigen Schutz verleihen, denn die ausgestreckten Hände schwebten
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