0448 - Salomos Omen
erkannte ich auch die leichte Krümmung.
Der Begriff Scheibe traf zu, auch wenn es sich in diesem Fall der Rückwand anglich.
War dieses Bild das Geheimnis des Schiffes?
Eine Erklärung für die Existenz des salomonischen Zeichens hatte ich jedenfalls nicht, und auch die weiteren Vorgänge waren für mich unerklärlich.
Um mich herum verschwand die Dunkelheit des Wassers. Zwar kam ich mir nicht vor wie in einem Käfig aus Licht, doch das Unerklärliche des Vorgangs nahm mich schon mit. Die Grenzen zerflossen, das Wasser schien überhaupt nicht mehr zu bestehen, ich sah nur diese Scheibe, die ich als Omen Salomons bezeichnete.
Ich fürchtete mich nicht vor ihr. Nein, sie übte eine gewisse Faszination auf mich aus, sie lockte und kam mir vor, als wollte sie mir den Blick für das Unerklärliche, das andere und das hinter dem Normalen liegenden öffnen.
Ein gutes Gefühl durchströmte mich. Wenn dieses Zeichen erschien, konnte ich Vertrauen haben, dann war alles okay, denn auch mein Kreuz hatte das Hexagramm einmal besessen.
Ohne auf die Umgebung zu achten, griff ich mit der rechten Hand in den Tresor hinein. Möglicherweise konnte ich den Gegenstand hervorholen, um ihn näher zu untersuchen. Mit der ersten Scheibe war dies nicht möglich gewesen. Und das Fundstück aus der Zeit König Salomos war etwas Außergewöhnliches.
Ich hatte meine wartenden Partner vergessen und auch das mich umgebende Wasser. Jetzt zählte nur das geheimnisvolle Omen. Der Tresor war tiefer, als ich angenommen hatte. Bis über den Ellbogen hinweg verschwand mein Arm in ihm, und noch immer gelang es mir nicht, die Scheibe zu fassen. Rückte sie möglicherweise weiter von mir ab?
Nein, ich berührte sie.
Leider kam ich nicht mehr dazu, mich darüber zu freuen. Urplötzlich veränderte sich die Umgebung.
Den Wirbel bekam ich noch mit und wusste nur so viel, dass es kein Wasserwirbel gewesen war, der mich in die gefährliche Tiefe riss. Etwas anderes war stärker gewesen.
Salomos Hexagramm vergrößerte sich vor meinen Augen zu einem wahren Monstrum, das mit einer unwahrscheinlichen starken Kraft ausgerüstet war.
Ich wollte mich dagegen anstemmen, es hatte keinen Sinn. Plötzlich riss mir die Kraft die Füße vom Boden, das Wasser war auf einmal so anders, ohne Druck, und ich konnte mich nicht mehr halten.
Salomos Omen erfasste auch mich und damit auch eine fremde, andere Welt!
***
McLagglen sagte: »Verdammt, da ist das Schiff! Ich sehe es genau. Das ist der Kahn, den wir verfolgt haben.« Er wischte über das Gesicht. Sein Blick bekam einen unruhigen Ausdruck. »Ich sehe ihn.«
Den übrigen Männern bot sich das gleiche Bild. Unter ihnen hatte sich die See aufgehellt, als wären dort gewaltige Lampen eingeschaltet worden. Ihre Strahlen rissen das Schiff aus dem Dunkel des Meeres. Die Männer entdeckten John Sinclair. Er musste etwas gefunden haben. Das konnte durchaus der Tresor gewesen sein, von dem er gesprochen hatte, aber was der Geisterjäger da vorhatte, war für Suko nicht zu erkennen.
Zudem nahm ein anderer Vorgang ihm die Sicht. Genau dort, wo sich John Sinclair aufhielt, strahlte ein rotes Licht auf, das die Kraft einer Sonne zu haben schien.
Suko rief den Namen des Freundes, aber der hörte nicht. Er konnte auch nicht hören.
John Sinclair war verschwunden!
Dafür sahen sie den toten Taucher, der durch die Kabine trieb und mit dem großen Helm auf dem Kopf wie ein Monstrum wirkte, das die Schwerfälligkeit eines Reptils besaß.
Captain McLagglen war entsetzt.
»Haben Sie das gesehen, Inspektor? Haben Sie das wirklich gesehen?«
»Ja.«
»Wer war das?«
»Mein Kollege.«
»Klar. Aber wo ist er?«
»Ich weiß es nicht, Captain«, erwiderte Suko mit tonloser Stimme, hob die Schultern und drehte sich weg. »Ich weiß es wirklich nicht. Er war da und ist verschwunden.«
»Als hätte ihn das Wasser aufgelöst.«
Suko nickte. »So ähnlich kann man es bezeichnen.« Er allerdings dachte nicht so sehr an das Wasser, sondern an eine andere Dimension, deren Zugang sich innerhalb des Schiffs befunden hatte.
Der Chinese war ein erfahrener Mann. Es gab zahlreiche Zu- und Eingänge in andere Welten. Sie lagen immer versteckt. Wenn man Glück oder Pech hatte, fand man sie auch.
So wie John…
Noch immer gestattete ihnen die unerklärliche Helligkeit eine gute Sicht in die Tiefe. Sie konnten erkennen, dass das Schiff fast normal auf den Grund gesunken war. Es besaß nur eine geringe Schräglage, und auch die Strömung
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