0449 - Das Schreckgespenst
hinter dem Glaseingang des Haupthauses, wo Männer in Uniform hockten. Sie gehörten zu einer privaten Überwachungsfirma und sahen direkt gefährlich aus.
Ich hatte die Idylle des Parks verlassen und stand einem der Aufpasser gegenüber.
Der Mann starrte mich aus kalten Fischaugen unter seinem Mützenschirm hinweg an. »Sie wünschen?«
»Zu Dr. Ampitius möchte ich.«
»Sie sind sicherlich angemeldet?«
»Das bin ich nicht.«
»Tut mir leid«, sagte der Mann mit seiner Kratzstimme. »Ich kann Sie nicht hineinlassen. Der Doktor ist beschäftigt. Er hat seine festgelegten Termine. Versuchen Sie es ein anderes Mal, wenn Sie sich angemeldet haben.«
»Ich will ihn jetzt sprechen.« Meine Handbewegung zum Ausweis verstand der andere falsch und umklammerte blitzschnell mein rechtes Gelenk.
Ich blieb ruhig. »Wollen Sie einen Polizeibeamten in der Ausübung seines Dienstes behindern?«
»Polizei?« Der Griff lockerte sich schon.
»Scotland Yard.«
Er ließ mich los, so daß ich ihm den Ausweis zeigen konnte.
Der Mann gab ihn mir zurück und ging zum Telefon. Die Anlage befand sich hinter Glas, wo der zweite Wachtposten saß und einen Monitor beobachtete. Sein Kollege bekam Verbindung. Er winkte mich sogar in die Kabine. Ich stellte fest, daß es Panzerglas war.
»Er möchte Sie sprechen.« Ich bekam den Hörer gereicht und meldete mich mit einem knappen »Ja.«
»Muß die Unterredung jetzt sein, Mr. Sinclair?«
»Ja, Doc.«
»Ich habe viel zu tun, und zwar bis in den späten Abend hinein. Morgen ginge es.«
»Sorry, darauf kann ich nicht eingehen. Es geht um Mord. Ich kann Ihnen natürlich eine offizielle Vorladung überreichen…«
»Nein, nein, lassen Sie mal.«
»Dann werde ich zu Ihnen kommen.«
»Ja, ich erwarte Sie in meinem Büro. Ich schicke Ihnen jemand, der Sie begleitet.«
Der Mann traf wenig später ein. Es war einer der Pfleger, die auch in der gestrigen Nacht ihren Chef begleitet hatten. »Kommen Sie mit«, sagte er nur.
Wir durchschritten die luftig wirkende Eingangshalle und erreichten eine Treppe, die in die höheren Etagen führte. Der Pfleger ging vor. In der ersten Etage lagen die Geschäftsräume des Klinikleiters.
Sie umfaßten mehrere Zimmer. Frauen saßen in zwei Sekretariaten und hämmerten auf Schreibmaschinen.
Das größte Büro besaß Ampitius selbst. Man schaute durch die Fenster in den Park und über eine Mauer auf die Straße.
Ampitius trug noch immer seine getönte Brille, und der Knebelbart wirkte wie frisch gekämmt. Lächelnd kam er auf mich zu und deutete auf eine moderne Sitzgruppe. Der grüne Veloursstoff sollte wohl beruhigen.
»Möchten Sie etwas trinken, Mr. Sinclair?«
»Nein, danke.«
Wir nahmen Platz und musterten uns. Mir kam der Kerl äußerst nervös vor, kein Wunder, nach dieser Nacht!
»Es geht um Rudy Peters.«
Ampitius nickte. »Das habe ich mir gedacht.«
»Inzwischen weiß ich mehr über ihn. Ich habe mir die Gerichtsprotokolle kommen lassen. Er ist ein Mörder.«
»Ja, er tötete seine Eltern.«
»Ohne Motiv?«
»Ich weiß es nicht, Mr. Sinclair.«
»Entschuldigen Sie, aber Sie waren der Gutachter.«
»Das stimmt natürlich. Dennoch habe ich nicht herausfinden können, welches Motiv ihn leitete. Auch jetzt verhält er sich ziemlich verstockt, obwohl er mich als seinen Freund ansieht. Was ihn damals dazu trieb, die. Bluttat zu begehen, ist mir nicht bekannt.«
Ich nickte und redete dabei weiter. »Bei Durchsicht der Protokolle stieß ich auf den Namen Anchor. Rudy hat des öfteren von ihm gesprochen. Welche Verbindung hatte er zu diesem Gespenst?«
Dr. Ampitius begann zu lachen. »Gespenst ist gut, sogar sehr gut. Das ist doch eine alte Mär, die sich um das Haus rankt, das ich verkaufte. Ich habe ja einige Zeit darin gelebt, aber von einem Gespenst nichts entdeckt.«
»War Rudy da schon bei Ihnen?«
»Ja, in den ersten Monaten nach seiner Einlieferung. Ich merkte sehr bald, daß dieses Haus zu klein wurde, weil sich die Zahl meiner Patienten verdoppelte.«
»Rudi könnte also zu Anchor Kontakt gehabt haben.«
»Nein!« erklärte der Arzt lächelnd.
»Und weshalb nicht?«
»Weil es diesen Anchor nicht gibt. Mr. Sinclair, es gibt keine Gespenster. Oder glauben Sie etwa daran?«
»Ich habe zumindest schon Dinge erlebt, die mich daran zweifeln lassen.«
Sein Blick wurde starr. Jetzt wirkte Ampitius so, als würde er an meinem Verstand zweifeln. »Das können Sie mir doch nicht erzählen. Sie als Polizist glauben an
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