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045 - Das Kind des mordenden Götzen

045 - Das Kind des mordenden Götzen

Titel: 045 - Das Kind des mordenden Götzen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian Elliot
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knochige Hand, die durch Gichtknorpel verunstaltet war. Der Alte neigte seinen krummen Rücken noch mehr und wackelte mit dem Kopf wie eine Schildkröte. Ein Gesicht, das das Lächeln nie gelernt hatte, verzog sich zu einer erfreuten Grimasse, in der schwarze Zahnstummeln bleckten. Der Oberkörper des Alten zuckte noch dankbar auf und ab, als die Männer schon längst in Richtung Marktplatz verschwunden waren.
    Sie gingen-schneller. Nach fünf Minuten hatten sie das Haus der Lehrerin erreicht. Sie waren keinem einzigen Menschen begegnet, doch sowohl Morgan als auch Queens wurden das Gefühl nicht los, daß sie aus den dunklen Höhlungen der Fenster beobachtet wurden.
    Die Tür zum Haus war nicht verschlossen. Der Riegel lag auf dem Pflasterboden. Die Türen im Inneren des kleinen Häuschens standen ebenfalls offen. Sie würden hier keine Felisa Fuengeres finden. Das war ihnen schon zur stummen Gewißheit geworden, noch bevor sie die Schlafkammer betraten.
    Das Bett war zerwühlt, das Nachttischchen daneben umgeworfen. Das Petroleum der zerbrochenen Lampe bildete eine häßliche Lache auf dem Lehmboden. Ein Muttergottesbild lag zerbrochen daneben. Es mußte auf dem Nachttisch gestanden haben. Der Rosenkranz, den die Lehrerin am Vorabend in der Kirche so hastig weggesteckt hatte, war aufgerissen. Es knirschte, als Queens versehentlich auf die Keramikperlen trat, die überall auf dem Boden verstreut waren.
    »Denkst du an das gleiche wie ich?« fragte Queens und hob einen seidenen Strumpf auf. Er ließ ihn durch die Finger gleiten.
    »Sieht ganz so aus, als wäre sie verschleppt worden«, sagte Morgan kehlig. »Sie hatte sich getäuscht, als sie meinte, die Dorfbewohner würden ihr nichts tun.«
    Er trat an ein enges Fenster, das einzige im Raum, und schob die Vorhänge beiseite. Er sah gerade noch, wie ein Gesicht im Fenster des gegenüberliegenden Hauses verschwand. Ein Schild über dem Eingang sagte ihm, daß es sich um eine Tortilleria handelte.
    »Was bezweckten die Burschen damit?« fragte Barry Queens, obwohl er sich selbst die Antwort geben konnte.
    »Die Indios suchen Opfer gegen ihre bösen Geister«, meinte Patrick Morgan. »Und sie halten sich dabei an die Fremden, wie es auch ihre Vorfahren schon getan haben. Es muß eine Massenhysterie ausgebrochen sein. Die Lehrerin war ihren eigenen Worten nach leidlich beliebt oder doch geduldet. Und ich glaube nicht, daß sie sich in diesem Punkt etwas vorgemacht hat.«
    »Aber sie war fremd«, ergänzte Queens, »Sie war eine Weiße, und das genügte offensichtlich schon.«
    Er bückte sich. Er hatte etwas entdeckt.
    »Was sagst du dazu?« fragte er. Queens hielt ein Stück bunten Flaums zwischen spitzen Fingern.
    »Sieht aus, als stamme es von einem indianischen Kopfschmuck. Es müssen gefärbte Geierfedern sein, die früher verwebt wurden. Das Stück hier stammt unten vom Kiel. Es ist ganz flauschig.«
    Morgan nahm es und hielt es gegen das Licht. »Kein Zweifel«, sagte er dann. »Es stammt von einem Kopfschmuck.«
    »Ich dachte, so ein Zeug gibt’s nur mehr im Museum.«
    »Das habe ich auch einmal gedacht. Aber du siehst, daß irgend jemand das Zeichen der aztekischen Priesterwürde als Kopfbedeckung benutzt.«
    »Was gehört denn noch zu den Würdezeichen der Aztekenpriester?« fragte Queens.
    »Ein Dolch zum Beispiel. Ein Dolch, mit dem die Herzen der Opfer herausgeschnitten werden.« 7
    »Und du glaubst, daß diese Felisa ...?«
    Die Frage hing unvollendet im Raum.
    »Wenn ich das wüßte.«
    »Wir müssen es herausfinden.«
    »Hast du eine Ahnung, wie wir das machen wollen?«
    Patrick Morgan schaute hinaus in den Hof, wo der Regen die Spuren der Nacht schon seit Stunden weggewaschen hatte, als hätten sie nie existiert.
    »Wir werden ein paar Leute interviewen müssen«, meinte Queens daraufhin, und Morgan mußte an die Worte von Henry Chiapas denken: Du kannst goldene Berge vor den Indios auftürmen, und sie werden sich abwenden ...
    ***
    Die Höhle war blau, und blau wallten die Nebel in ihr. Die giftigen Dämpfe stiegen aus einem Wasserloch, in dem häßlich gelber Schlamm dumpf blubbernde Blasen warf. Es war heiß in der Höhle. Die stickige Luft fand keinen Ausweg durch die schmalen Ritzen, durch die dünn das Tageslicht brach. Es hatte zu regnen aufgehört.
    Das Kind saß am Rand des Schlammloches.
    Durch die Ritzen im Fels fielen schmale Lichtstreifen auf seine verkrüppelte Gestalt.
    Das Kind war haarlos. Der Schädel wölbte sich kahl, und dünne

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