0450 - Der Fürst der Finsternis
selbst - für heute sind wir fertig!« sagte Bancroft. »Sie können gehen, Mister Rätselhaft. Aber ich kann Ihnen nur empfehlen, daß Sie sich weiterhin zur Verfügung halten. Ansonsten lasse ich nach Ihnen fahnden. Verstehen Sie?«
Tendyke lachte bitter. »Irgendwann, Bancroft, werden Sie sich dafür selbst in den Allerwertesten beißen wollen. Und wenn sich dann herausstellt, daß ich nicht nachtragend bin, werden Sie heilfroh sein… Ah, mein Wagen! Der steht doch noch auf dem Grundstück. Darf ich Sie bitten, mich noch einmal dorthin zu kutschieren?«
»Darf ich Sie bitten, ein Taxi zu nehmen? Wer sich einen Bentley leisten kann, hat auch Geld für ein Taxi«, brummte Bancroft. »Die Polizei des Dade-Country ist kein Fuhrunternehmen!«
Tendyke lächelte, aber es war kein gutes Lächeln. »Ich sagte zwar eben, daß ich nicht nachtragend bin, Bancroft, aber an diese Worte werden ich Sie eines Tages erinnern. So long!«
Er verließ das Büro des Sheriffs. Er verließ das Polizeipräsidium. Er fand ein Taxi, das ihn zu seinem Anwesen hinaus brachte. Und er ahnte nicht, daß seine wirklichen Probleme noch nicht einmal angefangen hatten…
***
Angelique wußte, daß ihr Geld für ein Ferngespräch von einem Münzgerät bei weitem nicht ausreichte. Deshalb betrat sie ein Lokal, dessen Besitzer ihr gut bekannt war. Sie hatte schon mal zwischendurch für ihn gejobbt, um ein bißchen Geld in die Haushaltskasse zu bringen, wenn Ombre mal eine Pechsträhne bei seinen Unternehmungen hatte.
Buddy stand selbst hinter dem Tresen. Er spülte Gläser. Noch war nicht viel los in der Bude. Der große Zauber würde frühestens in einer Stunde losgehen. Deshalb war auch die Juke-Box noch nicht in lärmendem Betrieb.
»Ich muß telefonieren, Buddy!«
Der deutete auf das Gerät und ließ Angelique hinter den Tresen kommen.
»Ist aber ein Auslandsgespräch. Nach Europa.«
»Wenn's mehr nicht ist. Kostet ja nur -zig Dollars. Und wir haben's ja, oder? Himmel, Mädchen, ich wußte nicht, daß du so begehrt bist, daß deine Verehrer sogar in der Alten Welt herumlaufen.«
»Quatsch, Buddy! Darf ich telefonieren?«
»Wie willst du das denn bezahlen? Ist dir überhaupt klar, wie teuer ein Gespräch über den Großen Teich ist?«
»Ich tu dir auch mal wieder einen Gefallen, Buddy! Ich kann's abarbeiten! Es ist wichtig, Bruder!«
Der dunkelhäutige Buddy zuckte mit den Schultern. »Na gut. Aber mach's nicht zu lange, ja? In deinem und in meinem Interesse, denn ich muß die Rechnung erst mal bezahlen, die du irgendwann mal abarbeitest!«
»Du bist ein Schatz, Buddy!« Sie drückte ihm einen schwesterlichen Kuß auf die Wange, schnappte sich das Gerät und begann zu wählen.
Dann wartete sie darauf, daß die Verbindung zustande kam.
Den Mann, der an der Tür lehnte, sah sie nicht. Buddy sah ihn, dachte sich dabei aber nichts.
Angelique trat nervös von einem Fuß auf den anderen. Dann endlich kam die Verbindung. Tatsächlich - da meldete sich jemand! Eine Frauenstimme. Das war doch Zamorras Sekretärin, diese Nicole Duval!
Angelique sprach sofort französisch. Das war für beide Seiten einfacher, dachte sie. Wer in Louisiana aufwuchs, wuchs meistens zweisprachig auf. Deshalb machte es ihr keine Schwierigkeiten, sich auf französisch zu unterhalten.
Sie erzählte von dem Auftauchen des Traum-Fürsten. Und als Nicole Duval den Namen »Julian?« fragend hervorstieß, wußte Angelique endlich, wie der Junge hieß, der sie so in seinen Bann geschlagen hatte. »Julian Peters ist bei Ihnen? Na, prachtvoll, Miß Cascal… können Sie ihn nicht festhalten? Denn er wird sich kaum nach Frankreich zurückschicken lassen…«
»Festhalten?« Angelique lachte auf. »Er ist ja schon längst wieder fort, Mademoiselle Duval! Ombre hat ihn weggejagt wie einen räudigen Hund…«
»Immerhin danke ich Ihnen für den Tip, Miß Cascal! Wir kümmern uns darum. Wenn er bei Ihnen aufgetaucht ist, kann er ja nicht weit entfernt sein… Spätestens in zwölf Stunden sind wir da, und wenn wir ein eigenes Flugzeug kaufen müssen! Heißen Dank!«
Die Telefonverbindung existierte nicht mehr.
»Das wird aber ganz schön teuer, Schwester«, sagte Buddy. »Ziemlich lang, das Gespräch, nicht?«
»Egal«, sagte Angelique leise. Sie fühlte sich erleichtert. Aus der Stimme dieser Nicole Duval hatte ehrliche Sorge um den Traum-Fürsten geklungen, der Julian Peters hieß. Es schien mehr an der Sache dran zu sein, als Ombre ahnte. Angelique war jetzt froh,
Weitere Kostenlose Bücher