0459 - Geheimwaffe Ghoul
zum Ende. Wir werden die Schaukel vorher abstellen.«
»Alles klar.«
Die Nacht hatte uns verschluckt. Eine finstere, kühle, windige Nacht, herbstlich eben. Sterne waren nicht zu sehen. Sie wurden von der dicken Wolkenschicht verdeckt. Das Land war hier flach. Der Seewind konnte darüber hinwegpfeifen, weil er so gut wie keinen Widerstand fand. Unsere Wirtin hatte uns berichtet, daß die gewaltigen Herbststürme erst noch kommen würden. Dann hatte man als Mensch das Gefühl, von der Insel fortgeweht zu werden.
Das Kloster stand auch nahe der Küste. Da allerdings fiel sie steil ab. Nicht sehr tief, aber es reichte aus, um die Wellen zu brechen und eine schäumende Brandung entstehen zu lassen.
»Fahr mal langsamer, John. Die Abzweigung haben wir gleich erreicht.« Suko war ein guter Kartenleser, er konnte die einzelnen Entfernungen fast perfekt umsetzen. In der Tat tauchte an der rechten Seite die Abzweigung auf.
Ich lenkte den Fiat auf den schmalen Streifen, der nur zum Teil asphaltiert war. Später hüpften wir über Steine und auch grauen Schotter hinweg.
Ich lenkte den Wagen in das Gelände hinein, wo sich die Reifen durch einen relativ weichen Grasteppich wühlten und ich im hüpfenden Licht der beiden Scheinwerfer die grauen Steine sah, die ebenfalls zu tanzen schienen.
Bald kamen wir nicht mehr weiter. Der Fiat war eben kein Geländewagen, wir mußten ihn abstellen.
Suko war als erster ausgestiegen. Bevor wir uns auf den Weg machten, überprüften wir unsere Waffen.
Ich schaute dabei dorthin, wo das Kloster lag. Es war nicht genau zu erkennen, aber an jener Stelle sah ich die helleren Lichtinseln, die die Finsternis zerschnitten.
Beretta, Kreuz und Bumerang hatte ich mitgenommen. Suko verließ sich auf seine Pistole und die Dämonenpeitsche, mit der er die Ghouls vernichten könnte.
Suko schaute mich an. »Weißt du, wie ich mir vorkomme?«
»Nein.«
»Wie der Held aus dem Kutten-Krimi ›Der Name der Rose‹. Der hatte auch eine so verdammt schwere Aufgabe.«
»Vielleicht wird unsere noch schlimmer.«
Mein Freund hob die Schultern und wies nach vorn. »Laß uns gehen, mir gefällt es nicht, wenn ich hier in der Nacht herumstehen muß.«
Wir stemmten uns gegen den böigen Wind an, der die Haare aufwühlte und auch unter die Kleidung drang.
Ab und zu warf ich einen Blick auf die Uhr. Wir waren gut in der Zeit, da konnte eigentlich nicht viel schiefgehen. Während des Marsches hielten wir uns parallel zur Straße, die so gut wie nicht befahren wurde. Auch Mark Baxter war noch nicht zu sehen. Er hatte schließlich mehr Zeit als wir und war zudem motorisiert.
Soldaten werden es kennen, wenn sie auf einer Nachtübung sind und marschieren müssen. Da sieht man zwar das Licht in der Finsternis, aber man hat den Eindruck, als würde es kaum näher kommen. In der Dunkelheit täuschen die Entfernungen doch sehr.
Ich hatte die Spitze übernommen. Suko hielt sich hinter mir, und allmählich nur schälten sich die Mauern eines gewaltigen Gebäudes aus dem dunklen Grau hervor. Wir sahen jetzt auch die Scheinwerfer, die man installiert hatte. Einer leuchtete zur Seeseite hin, ein anderer strahlte in die entgegengesetzte Richtung, und es waren auch welche vorhanden, die die dicht am Kloster vorbeiführende Straße beleuchteten. Man hatte uns vor Kameras gewarnt, die möglicherweise die Umgebung beobachteten. Aus diesem Grunde wollten Suko und ich auf die andere Straßenseite gelangen.
Das war schnell erledigt. Das Gelände unterschied sich in nichts von dem Gegenüber. Sehr flach, aber nicht unbedingt deckungslos, denn wir konnten uns hinter den grauen Steinen verstecken, wenn es nötig war. Es wurde erst nötig, als wir uns mit dem Eingang auf einer Höhe befanden. Da hockten wir uns nieder und beobachteten das eingebaute, mächtige, geschlossene Stahltor, das man wohl kaum überwinden konnte.
Da war die alte Mauer schon interessanter. Hoch, dick, wuchtig, aber nicht glatt. Die alte Anordnung der Steine war so angelegt, daß ein Kletterer überall Halt fand und seine Füße auf kleine Vorsprünge oder in Spalten setzen konnte.
Wir sahen weder Stacheldraht noch einen elektrisch geladenen Drahtzaun auf der Mauerkante. So etwas paßte auch nicht zu dem Image einer Handels- oder Kulturmission. Auch Russen mußten in einem fremden Land in gewisser Hinsicht die Form wahren.
Diesmal schaute Suko auf die Uhr. »Wenn Baxter pünktlich ist, muß er in wenigen Minuten hier sein.«
»Hoffentlich.«
Die Zeit
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