0466 - Straße der toten Männer
den Tisch donnern lassen, als das Funktelefon das Rufzeichen gab. »Was ist los?« fragte er.
»Hey, Earl«, meldete sich Lovy, »das ist ein Yellow Cab. Kein Mensch drin.«
»Vielleicht trägt der einen Koffer zum Fahrstuhl oder so was. Dreh doch einfach — was?«
»Jim sagt mir gerade, er hätte das Fahrzeug schon vor einer Stunde hier gesehen. Ich habe vorhin nicht darauf geachtet — Moment…«
Urban drückte den Hörer ans Ohr und korrigierte mit Kugelschreiber eine Mannschaftsaufstellung nach seinen Wünschen.
»Earl!«
»Ja?«
»Jim hat eben auf das Kühlwasserthermometer geschaut. Der Motor muß nach der Temperatur tatsächlich schon ’ne ganze Zeitlang im Leerlauf vor sich hinbrummen.«
Der Sergeant legte die Zeitung zusammen.
»Schaut euch mal in der Umgebung um!« befahl er dann.
»Verstanden, Ende!« bestätigte Lovy.
Der Desk-Sergeant hatte alles, was mit dem Football zusammenhing, blitzschnell vergessen. Breit und wuchtig, wie sprungbereit, saß er hinter seinem einfachen, aber mächtigen Schreibtisch. Seine Männer hatten eine Aufgabe, da gab es für ihn keinen anderen Zeitvertreib, als dienstbereit zu warten.
Es dauerte nicht lange, bis das Rufzeichen wieder ertönte.
»Desk-Sergeant Urban spricht!« meldete er sich ganz vorschriftsmäßig.
»Schick uns die Mordkommission, Earl«, klang es ihm entgegen, »der Fahrer liegt tot in einem Hof. Wahrscheinlich erwürgt!«
***
Genau um neun Uhr vormittags war ich wieder in unserem Office, und zwei Minuten später kam auch Phil.
»Ausgeschlafen?« fragte er.
»Du etwa?« fragte ich zurück.
»Wie ein Murmeltier!«
Ich wollte ihm gerade bescheinigen, daß nur ein Mensch mit dem Gemüt eines Bulldozers angesichts derart unlösbarer Aufgaben gut schlafen kann, da schlug auch schon das Telefon an.
Helen aus dem Vorzimmer des Chefs war am Apparat.
»Schönen Gruß vom Chef, Jerry, ihr beiden sollt aufs Bremspedal treten und schön im Haus bleiben. Dafür dürft ihr um zehn in den Konferenzsaal kommen.«
Eine Stunde später gingen wir zum Lift, fuhren nach oben, flitzten den Gang entlang. Als ich die Tür zum Konferenzsaal aufriß, mußte ich mit dem Gummiabsatz bremsen. Phil sauste mir noch ins Kreuz.
Das war schon keine Konferenz mehr, was da versammelt war, sondern ein Fachkongreß.
Mitten drin stand der Chef. An seiner rechten Seite bemerkte ich Captain Georges Wright, den Chef vom Major Crimes Bureau der New York City Police, Kriminalabteilung. Neben ihm wiederum standen vier städtische Kriminalbeamte, unter ihnen auch der Chef des Erkennungsdienstes. Ein paar höhere Beamte der uniformierten Stadtpolizei, die Experten unseres Labors und außerdem noch ein hohes Tier der State Police.
»Großalarm…« schoß es mir durch den Kopf.
»Großalarm!« sagte der Chef, nachdem er uns begrüßt hatte. »Bitte, Platz zu nehmen.«
Wir setzten uns an den großen Tisch, und Mr. High ging an den riesigen Stadtplan an der Stirnseite des Raumes.
»Meine Herren!« sagte er. »Jeder von Ihnen kennt vermutlich nur einen Teil des Sachverhaltes, wie er sich seit gestern abend darstellt. Ich möchte daher einen zusammenhängenden Bericht über diesen bis jetzt absolut rätselhaften Fall geben. Gestern zwischen 15.45 und 16.30 Uhr mitteleuropäischer Zeit, das entspricht 9.45 bis 10.30 Uhr vormittags New Yorker Zeit, wurde in einem Wald unweit der United States Rhein-Main-Air-Base in Frankfurt (Germany) der US-Luftwaffensoldat Clyde S. Keever ermordet. Den Zeitpunkt der Tat hat die deutsche Kriminalpolizei einwandfrei festgestellt; die Identität des Ermordeten steht nach Mitteilung des CID ebenfalls einwandfrei fest. Fest steht auch, daß Keever, der einen vierwöchigen Heimaturlaub hatte, mit einer Passagiermaschine des MATS um 17.50 Uhr MEZ nach New York fliegen sollte. Keever lag zum Zeitpunkt des Abfluges der Maschine, in der er seinen Platz hatte, tot im Wald. Sein Platz in der Maschine wurde jedoch benutzt — von einem bisher Unbekannten, der auch Keevers Papiere benutzt haben muß. Etwa zum gleichen Zeitpunkt, als die MATS-Maschine mit Keevers Mörder an Bord in Frankfurt abflog, erkannten zwei New Yorker FBI-Agenten, Jerry Cotton und Phil Decker, im Gedränge einer Subway Station im südlichen Bronx den wegen mehrerer Verbrechen in verschiedenen Bundesstaaten vom FBI gesuchten Ernie Brooks. Der bereits Gestellte verstand es, die Menschenmenge gegen die FBI-Beamten aufzuwiegeln und dadurch zu entkommen. Eine Stunde später erschoß Ernie
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