0467 - Der Nebelmörder
fanden auch einen Parkplatz, blieben aber dann buchstäblich im Nebel stecken.
Suko sah sich ebenso um wie ich. »Wohin?« fragte er. »Nach vorn.«
»Toll und dann?«
»Sehen wir das Licht bestimmt besser.« Ich hatte eine schwache helle Quelle anvisiert, die im Nebel kaum zu erkennen war.
Wir atmeten die feuchte Luft ein, sahen schattenhafte Bewegungen, die an uns vorbeiflossen und dunkler wurden. Ein Beweis dafür, dass wir uns in der Nähe der Studiohalle befanden, wo der Film vorgeführt werden sollte. Das hatte uns Sarah Goldwyn berichtet.
Und wir hörten Stimmen. Im Dunst ist es nicht einfach, sich zu orientieren. Wir wandten uns nach rechts. Die graue Suppe schluckte uns. So tasteten wir uns voran. Suko erreichte als erster eine Tür, die nicht abgeschlossen war, so dass wir sie einen Spalt aufziehen konnten.
Es tat direkt gut, in einen Raum zu schauen, der nicht von den langen, grauen Schwaden gefüllt war.
Dafür hockten Männer und Frauen beisammen. Sehr schnell erfuhren wir, dass es sich bei ihnen um Schauspieler handelte, und wir hörten auch, welchen Plan der Regisseur verfolgte.
Das reichte uns. Nach einigen Schritten des Rückzugs waren wir von der Tür aus schon nicht mehr zu sehen. Suko stand dicht vor mir und schüttelte den Kopf. »Der Kerl ist verrückt«, sagte er. »Der will tatsächlich jetzt so etwas wie eine erste Szene drehen.«
»Nicht drehen, einstellen.«
»Und der Killer?«
Ich verzog die Mundwinkel. »Der soll ja angeblich zurückkehren, wie du gehört hast.«
Suko ballte die Hände. »Das ist doch Wahnsinn.«
»Oder auch nicht.«
»Wie meinst du?«
Ich senkte meine Stimme noch mehr. »Vielleicht kehrt nicht der Filmkiller zurück, sondern der echte. Vergiss nicht, Alter, wir haben es hier mit einem echten Mörder zu tun.«
Sukos Gesicht wurde starr. Er nickte. »Ja, so kann man es auch sehen«, murmelte er.
»Hast du Lust, Statist zu spielen?« fragte ich ihn.
»Gern, sogar ohne Gage.«
»Dann los.«
Schon bei normaler Dunkelheit wäre es schwierig für uns gewesen, das unbekannte Filmgelände zu durchsuchen. Jetzt kam praktisch der Nebel hinzu. So blieb uns nichts anderes übrig, als so gut wie blind durch die Gegend zu tappen.
Wir berieten uns noch. »Wie machen wir es?« fragte Suko. »Bleiben wir zusammen, oder teilen wir uns auf?«
»Teilen wäre nicht schlecht.«
»Wie verständigst du mich, wenn du etwas entdeckt hast?«
»Da wir keine Leuchtraketen mitgenommen haben, durch Schüsse in die Luft.«
»Ja, einverstanden.« Suko sah auf die Uhr. »Machen wir eine Zeit aus?«
Wir entschieden uns für 60 Minuten. In unserer Nähe leuchteten zwei Lampen. Die würde man leicht wiederfinden. Suko ging in die linke Richtung davon, ich nahm die rechte.
Ich wusste nur, dass man auf diesem Gelände einen Teil der Stadt nachgebaut hatte, so wie sie vor 50 Jahren ausgesehen hatte. Es gab einige Flecke in London, die heute auch noch so aussahen, nur hatte man meist die Straßen oder Gassen verbreitert, um dem zunehmenden Autoverkehr gerecht zu werden.
Bereits nach wenigen Schritten war von meinem Freund und Partner Suko nichts mehr zu sehen. Als ich in die sich drehenden und wallenden Spiralen hineintauchte, musste es so aussehen, als hätte sich mein Körper aufgelöst.
Lady Sarah Goldwyn hatte mir den Weg ungefähr beschrieben, den sie gegangen war. Ich hoffte, dass ich die Strecke trotz der widrigen Sichtverhältnisse wiederfand.
Zunächst einmal probierte ich aus, was meine kleine Halogenleuchte in dieser Suppe brachte. Nicht viel. Höchstens für einen in der Nähe lauernden Gegner, der mich als Ziel erkannte.
Unter mir wechselte die Beschaffenheit des Bodens. Ich schritt sehr bald über Kopfsteinpflaster, stolperte und rutschte mit der Schulter an einer Wand entlang.
Als ich die Eingangstür des Gebäudes erreichte, blieb ich stehen und drückte die Tür auf.
Der Strahl meiner Lampe wurde kaum noch durch die feuchten Schwaden behindert. Ich leuchtete in eine große Küche hinein, die ebenfalls eine sehr alte Einrichtung zeigte. Man hatte sich mit dem Nachbau viel Mühe gegeben. Da die Fenster noch dicht schlössen, hatte der Nebel kaum eine Chance, einzudringen.
Ich zog mich wieder zurück.
Ungefähr eine Viertelstunde suchte ich herum, ohne allerdings den Platz gefunden zu haben, von dem mir Lady Sarah berichtet hatte. Ich war einfach zu weit abgekommen.
Dafür geschah etwas anderes. Hinter mir hörte ich Stimmen. Zuerst sehr leise, doch als ich
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