0467 - Der Nebelmörder
nach. Als ich den Mantel übergestreift hatte, war die Schwäche innerhalb von Sekunden aufgetreten und hatte mich überfallartig erwischt. Meine Beine waren lahm geworden, und das Kreuz vor meiner Brust wäre fast explodiert.
Es hatte reagiert.
Weshalb?
Da gab es nur eine Erklärung. Durch die Nähe eines schwarzmagischen Gegenstandes war es weißmagisch »entflammt«. Und dieser schwarzmagische Gegenstand war der Mantel gewesen.
Jetzt trug ihn der Killer.
War er das Motiv für die grausamen Taten des Mörders? Wenn ja, wieso konnte es dazu kommen? Und woher stammte der Mantel?
Mir fiel als Antwort nur die Hölle ein. Andere hätten darüber gelächelt.
Ich hütete mich davor, weil ich den Teufel zu gut kannte und er schließlich zu meinen Todfeinden gehörte.
Der Mantel, der Hut, der Killer!
Ein gefährliches Dreieck, in dessen Mitte ein Dämon saß, der alles lenkte.
Jetzt war er wieder unterwegs, und er hätte sich keine bessere Deckung wünschen können als dieses neblige Wetter. Da konnte er seinem Namen wieder alle Ehre machen.
Ich musste ihn stellen.
Leider hatte der Killer sämtliche Vorteile auf seiner Seite. Er kannte sich aus im Gegensatz zu mir. Während ich durch das Gelände irrte, konnte er sich irgendwo versteckt halten, seine blutigen Taten durchführen und brauchte nur auf mich zu warten. Mit einem verdammt unguten Gefühl im Magen verließ ich das Gebäude. Ich wusste, dass mir ein mörderisches Katzund-Maus-Spiel bevorstand…
***
Das wusste Suko nicht, er ahnte es höchstens. So wie ich, fühlte sich auch mein Freund verdammt unwohl. Er kam sich vor wie ein Blinder, als er sich durch die dicke Suppe bewegte.
John war nach rechts gegangen, er hatte die andere Richtung eingeschlagen und ging durch die Kulissenstadt des alten London.
In den ersten Minuten bewegte sich der Inspektor noch allein durch die graue Suppe. Auch er hatte versucht, seine Lampe als Orientierungshilfe einzusetzen, es aber schnell wieder aufgegeben, denn das Licht blieb in dem dichten Nebel stecken.
Er verließ sich auf seinen Instinkt.
Es war nicht völlig dunkel. Hin und wieder sah er helle Flecken über sich.
Es waren die Straßenlaternen.
Geräusche vernahm er nicht. Es war ruhig, nur auf die eigenen, vorsichtig gesetzten Schritte achtete er. Er sah die Hausfronten in seiner Nähe, auch die Eingänge, die Fenster, aber er ging an den Häusern vorbei. Es brachte wohl nichts, wenn er jedes Gebäude durchsuchte.
Auch hörte er irgendwann Stimmen.
Zuerst noch fern und gedämpft. Sie wurden lauter, als würden sie sich heranschoben und sich mit den Echos vermischen. Sogar ein Lachen klang durch den Nebel.
Es war kein fröhliches, eher ängstlich klingend und auch so, als wollte sich jemand bewusst Mut machen.
Suko erreichte die nächste Lichtquelle und blieb neben der Laterne stehen. Er hörte Schritte. Wenn ihn nicht alles täuschte, mussten es zwei Personen sein, die sich ihm näherten. Auch vernahm er die Stimme eines Mannes und einer Frau.
»Ja, Judy, hier ist mein Platz.«
»Lässt du mich allein?«
»Hör auf. Faretti hat uns gesagt, welche Positionen wir einzunehmen haben.«
»Wo muss ich denn hin?«
»Du bleibst an der Laterne.«
»Aber ich bin tot.«
»Klar.« Der Mann stöhnte auf. »Das wird später nachgedreht, wie du aus dem Grab kriechst. Du solltest erst mal warten und auf Opfer lauern. Du bist ein Zombie.«
»Sind das diese schrecklichen Gestalten, die andere Menschen töten und dann…«
»Das bist du!«
Judy atmete schwer. »Da will ich aber mehr Gage haben!« presste sie hervor. »So etwas von mir zu verlangen ist wirklich die Höhe.«
Suko musste lächeln, als er Judys Antworten vernahm. Er hörte das Zuschlagen einer Tür und Judys Beschwerde, die in dem Satz »Scheiße, jetzt hat er mich allein gelassen« gipfelte.
Sie ging weiter.
Suko schaute nach rechts. Dort hörte er ihre Schritte, und er sah auch bald ihren Schatten, wie sie sich aus der graudunklen Brühe hervorschälte.
»Nicht mal eine Lampe hat man uns gegeben«, beschwerte sie sich.
»Verdammter Job.«
Sie kam noch näher und trug auch weiterhin ihr Nerzjäckchen offen. Suko löste sich vom Pfahl der Laterne und trat ihr entgegen. Als sie ihn so plötzlich sah, blieb sie stehen und schrie auf.
»Keine Sorge, Judy, was ist?«
»Gott.« Sie presste ihre Hand gegen den strammen Busen. »Ich dachte schon, du wärst der Killer.«
»Nein, das bin ich nicht.« Judy kam näher. Suko roch ihr Parfüm. Es
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