0469 - Bumerang mit langen Wimpern
als die Konturen einiger Bäume und Büsche.
»He, wer ist da?« fragte Rogers.
»Ein Mann, der Sie gern sprechen möchte«, sagte die Stimme. »Sind Sie allein?«
»Das sehen Sie doch! Kommen Sie hinter dem Busch hervor!«
»Sofort. Gehen Sie voran und öffnen Sie die Terrassentür«, sagte der Unbekannte.
»Was wollen Sie von mir?«
»Ich habe Ihnen ein Geschäft vorzuschlagen.«
»Jetzt, mitten in der Nacht, und auf so alberne Weise?« fragte Rogers wütend.
Der Mann kicherte. »Es gibt Geschäfte, die sich nur nachts abwickeln lassen.«
Rogers zögerte. Dann ging er ins Haus. In der Diele brannte Licht. In den übrigen Räumen war es dunkel. James war offenbar schon zu Bett gegangen.
Rogers hing Hut und Mantel an die Garderobe. Dann betrat er das Arbeitszimmer und machte Licht. Er öffnete die Terrassentür, setzte sich an den Schreibtisch und wartete. Nach fünf Minuten tauchte ein Schatten hinter dem zum Garten weisenden Fenster auf. Kurz darauf betrat ein Mann das Zimmer. Er hielt eine Pistole in der Hand.
Rogers hob mißbilligend die Augenbrauen. »Ich kann nicht behaupten, daß ich diese Besuchsform sehr ansprechend finde, mein Freund.«
Der Mann grinste. »Es ist eine Vorsichtsmaßnahme«, meinte er. »Rein prophylaktisch, wissen Sie. Ich möchte nicht wie Dennis Westmore enden.«
»Westmore?« fragte Rogers erstaunt. »Kommen Sie von dem Kerl, der meine Tochter entführt hat?«
»Mit der Entführung habe ich nichts zu tun.«
»Um so besser. Dann legen Sie die Pistole aus der Hand und setzen Sie sich.«
Der Mann schloß die Vorhänge. »Ich gehe ein verdammtes Risiko ein«, sagte er. »Ehe ich mich in Ihren Garten wagte, habe ich mich genau umgesehen. Ich konnte 'niemanden entdecken, der Ihr Haus beobachtet.«
»Warum sollte man das Haus beobachten?«
»Blöde Frage! Wenn Ihre Tochter gekidnappt wurde, wartet man sicherlich nur darauf, daß sich der Entführer wegen des Geldes an Sie heranmachen wird.«
Rogers wurde wütend. »Sagen Sie mir endlich, was Sie wollen.«
»Ich will Geld von Ihnen, Rogers. Ist nun der Groschen gefallen?«
Rogers lächelte müde. »Also doch«, meinte er. »Ein ganz gewöhnlicher Raubüberfall! Ich muß Sie enttäuschen, mein Lieber. Ich bewahre kein Bargeld im Hause auf. Sie können nur die neunzig oder hundert Dollar haben, die ich in der Brieftasche habe.«
Der Besucher lachte. »Ich habe nicht vor, mich mit einem Trinkgeld abspeisen zu lassen. Ich verlange hunderttausend!«
»Wofür?«
»Für mein Schweigen.«
Rogers Augen verengten sich. »Wer sind Sie?«
»Ein Zeuge. Ich weiß, daß Sie ein Mörder sind, Rogers.«
Rogers stand auf. Es geschah sehr langsam und sah so aus, als ob es ihn beträchtliche Kraft kostete. »Was sagen Sie da?«
Der Besucher blickte spöttisch und kühl in Rogers Augen. »Sie sind ein Mörder!« wiederholte er.
Rogers ließ sich wieder in den Sessel fallen. »Das ist ein starkes Stück«, murmelte er.
»Sie haben Westmore umgelegt«, sagte der Besucher.
»Das ist eine infame Lüge!«
»Ich war dabei, als es passierte.«
»Wer sind Sie?«
»Chuck Coburn.«
»Oh, ich verstehe«, murmelte Rogers. Schweißperlen standen auf seiner Stirn.
»Geben Sie endlich zu, daß ich die Wahrheit sage?«
»Ich gebe gar nichts zu!« stieß Rogers hervor. Er hatte die Hände zu Fäusten geballt. Sie lagen auf der Schreibtischplatte. Die Knöchel traten weiß und spitz hervor. »Ich weiß zufällig, wie die Geschichte mit Westmore passiert ist. Ein G-man hat mich unterrichtet! Nur der Tote hat seinen Mörder gesehen. Zeugen gab es nicht. Mrs. Coburn, Ihre Frau, stand im Wohnzimmer, als es passierte!«
»Stimmt, nur Sie und Westmore standen sich gegenüber, ganz allein. Sie drückten ab und türmten. Und im Haus liefen Sie an mir vorbei.«
»Sie haben sich da eine reizende Geschichte ausgedacht«, meinte Rogers mit halblauter, fremd klingender Stimme. »Wirklich nicht übel. Ich bin ein bekannter Mann. Ich habe nur dann eine Chance, gewählt zu werden, wenn mei-: ne Weste weiß und rein bleibt. Ein Skandal — auch ein provozierter, der auf Lügen beruht — würde meine Aussichten entscheidend schmälern. Sie bilden sich ein, aus dieser Situation Nutzen ziehen zu können. Sie erpressen mich in der Hoffnung, ich würde aus Angst vor einem Skandal nachgeben. Aber Sie irren sich, Coburn. Erstens bin ich kein Mörder, zweitens habe ich nichts zu verschenken, und drittens lasse ich mich nicht erpressen.«
»Das war eine schöne Rede«,
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