047 - Panik
Seitenluke wurde geöffnet, eine Strickleiter pendelte herab.
Der Hubschrauber hing zwölf Meter über dem Schiffswrack, dessen Bug nun fast senkrecht nach oben zeigte. Der Copilot – Jefferson sah nur ein Gesicht mit Sturzhelm und Fliegerbrille – winkte dem Professor zu, rasch an Bord des Hubschraubers zu klettern. Jefferson gelang es beim dritten Versuch, die pendelnde Strickleiter zu packen. Er kletterte nach oben, was nicht leicht war, denn die Strickleiter drehte sich um die eigene Achse.
»Tangaroa«, hörte Jefferson undeutlich über den Lärm des Hubschraubers hinweg.
Der Professor meinte, das Ungeheuer tauchte wieder auf, und stieg wie ein Artist nach oben. Er gelangte in Rekordzeit in den Hubschrauber. Als er nach unten schaute, war von Tangaroa nichts mehr zu sehen. Der Copilot schlug Jefferson auf die Schulter, schloss die Luke und klopfte vorn an die Trennwand zum Cockpit.
Der Hubschrauber stieg steil in den Himmel. Jefferson, zerschunden und zerkratzt, war völlig erledigt und fertig. Das Grauen stand ihm noch ins Gesicht geschrieben; nachträglich kam der Schock. Noch einmal erlebte Jefferson im Geist die Schreckensszenen. Der Copilot steckte ihm eine Zigarette an, doch Jefferson begann unvermittelt so heftig zu zittern, dass sie ihm aus der Hand fiel und über den Boden rollte. Der Copilot bettete ihn auf die Sitzbank und schnallte ihn wie einen Verwundeten an.
»Sie sind gerettet. Ich hole Ihnen ein Beruhigungsmittel.«
Vierhundert Meter unter dem Hubschrauber versank das Wrack des Forschungsschiffes. Ein Sog entstand, dann quirlten einige Wrackteile aus der Tiefe. Minuten später wogte der Pazifik wieder wie immer. Am Horizont sank der rotglühende Sonnenball ins Meer. Es war, als hätte hier nie eine Katastrophe stattgefunden, als gäbe es kein Ungeheuer aus der Tiefsee.
Die beiden Hubschrauber gehörten zum Flugzeugträger John F. Kennedy. Jefferson wurde auf den Flugzeugträger gebracht, einen Giganten mit Kernenergieantrieb. Er machte eine Höchstgeschwindigkeit von sechsunddreißig Knoten und hatte eine Besatzung von viertausendsechshundert Mann. Hundertzehn Flugzeuge und dreißig Hubschrauber waren auf diesem schwimmenden Riesen stationiert. Jefferson musste sich an die Maße und Verhältnisse erst einmal gewöhnen. Commodore Dwight T. Forbes, ein großer schwarzhaariger Mann Mitte der Vierzig, dessen tiefen Gesichtsfalten man das Magenleiden ansah, begrüßte Jefferson persönlich.
Der Professor wurde zunächst aufs Krankenrevier gebracht. Seine größte Sorge war, dass der Flugzeugträger Tangaroa auch auf jeden Fall folgte und Teile der 7. US-Flotte zusammengezogen wurden, um das Monster zu vernichten. Erst als der Commodore ihm das übers Bordtelefon persönlich zusicherte, beruhigte er sich allmählich und fiel in einen tiefen Erschöpfungsschlaf.
Um neunzehn Uhr landete Vizeadmiral Terrell Parker auf dem Flugzeugträger. Er übernahm sofort das Oberkommando und forderte einen Teil der 7. US-Flotte an. Zwei schwere Schlachtschiffe, drei Schlachtkreuzer, ein Dutzend leichter Kreuzer, acht Torpedoboote und ebenso viele Zerstörer wurden beim Ostkarolinenbecken zusammengezogen. Vierzehn Geleitboote und drei U-Boote – ein kleines Unterseeboot mit 750 Tonnen, ein U-Kreuzer herkömmlichen Typs und das Atom-Unterseeboot Endeavor – vervollständigten das Aufgebot.
Mit dieser Flottille wollte Terrell Parker Tangaroa einkesseln und zur Strecke bringen. Er beorderte alle Schiffseinheiten in strategische Positionen, und als er sich morgens um drei Uhr im Lageraum vom Kartentisch erhob, war er siegesgewiss.
Der Vizeadmiral war für seine drastische Ausdrucksweise bekannt. Schließlich war er Seesoldat.
»Ich kille das Mistvieh oder ich will meine Sterne abgeben«, schwor er vor dem versammelten Offizierskorps. »Tangaroa hat nicht mehr Chancen als ein Furz gegen einen Tornado.«
Dann legte Terrell Parker sich schlafen. Als er morgens um neun Uhr schon wieder auf den Beinen war, konnte er Professor Jefferson begrüßen, den es nicht mehr im Krankenrevier gehalten hatte. Der Vizeadmiral und der Professor trafen sich in der Offiziersmesse. Sie frühstückten am gleichen Tisch.
»Sie sind also der Mann, der uns dieses Monster auf den Hals gehetzt hat«, sagte der Vizeadmiral launisch, den Mund noch halbvoll.
»Das Ungeheuer wäre auch ohne das Unternehmen Observator aus dem Ei geschlüpft. Haben Sie Tangaroa eigentlich schon offiziell den Krieg erklärt, wenn Sie mit einer ganzen
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