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0478 - Der Friedhof der Lebenden

0478 - Der Friedhof der Lebenden

Titel: 0478 - Der Friedhof der Lebenden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Kurt Giesa
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daß sich jemand darin befand. Das Licht flammte auf, als sie die Tür aufschwingen ließ. Auf ihrem Bett hockte jemand, den sie zu allerletzt hier erwartet hätte.
    Julian Peters war zurückgekommen.
    Unter der Erde spürten sie, wie die Energie des Opfers sich verstärkte. Das Opfer versuchte zu entkommen, sein Kampfgeist war entfesselt. Das war gut. Der Helfer aus dem Menschenreich verstand es, das Opfer zum Einsatz seiner letzten Reserven anzustacheln. Schon jetzt nahmen sie jede Menge Energie auf, die der verzweifelten Hoffnung der Flüchtenden entsprang.
    Sie konnten zufrieden sein. Es bestand keine Gefahr, daß sich das Opfer jetzt schon zu sehr verausgabte. Was immer es auch an Energie jetzt von sich gab, sie fingen sie auf, und so schnell konnte das Opfer anschließend seinen Energiehaushalt gar nicht wieder reduzieren. Sie lechzten danach, es endlich selbst in ihre Hände zu bekommen.
    Denn sie wollten leben.
    ***
    Für zwei, drei hoffnungsvolle Sekunden glaubte Wendy Nichols, gerettet zu sein; da war ein Mann, der sie aufgefangen hatte und beruhigend auf sie einsprach. Dann aber sah sie den dunklen Stoff, in den er gekleidet war, dieses rauhe Leinen, und als sie den Kopf hob, starrte sie direkt auf einen sie spöttisch angrinsenden Totenschädel.
    »Ja«, wiederholte der Kuttenmann, aber jetzt klang seine Stimme nicht mehr beruhigend, sondern war voll höhnischen Triumphs. »Ja, jetzt ist es vorbei. Hast du wirklich angenommen, du könntest fliehen? Du hast unsere Möglichkeiten unterschätzt. Ah, das ist gut. Es ist genau das, was ich erwartet habe. Nun komm.«
    Sie versuchte sich loszureißen, schaffte es sogar. Aber sie war kaum ein paar Schritte weit getaumelt, als der Kuttenmann wieder direkt vor ihr war. Sie prallte gegen ihn. Diesmal packte er sie so, daß sie sich nicht losreißen konnte.
    »Es hat keinen Sinn, sich zu sträuben«, sagte er. Dennoch schlug und trat sie um sich. Plötzlich verschwamm ihre Umgebung wieder. Alles verwischte und veränderte sich, und anstelle des Ortes, an dem der Kuttenmann sie schließlich doch noch gestoppt hatte, befand sie sich plötzlich wieder unmittelbar vor dem knorrigen Baum mit dem Kreuz-Querbalken.
    Sie schrie auf.
    Zwei Totenkopfmänner traten rechts und links neben sie, schleuderten sie förmlich gegen den Baum und rissen ihre Arme hoch. Zwei andere schlangen die vorbereiteten Stricke um ihre Handgelenke und zogen sie fest. Wendy versuchte sich zu befreien, aber es gelang ihr nicht mehr. Die Fesseln saßen zu gut.
    »Was soll das?« keuchte sie verzweifelt. »Sagt es mir doch endlich! Was habt ihr mit mir vor? Und warum mit mir? Warum?«
    Sie erhielt keine Antwort.
    Die Totenkopfmänner entfernten sich schweigend.
    Der Kuttenträger blieb noch eine Weile, reagierte aber auch nicht auf Wendys Fragen und ihr Flehen, sie doch freizugeben. Nach einer Weile zog auch er sich zurück.
    Wendy Nichols blieb allein mit ihrer Angst.
    ***
    Angelique Cascal atmete tief durch. »Es ist faszinierend«, sagte sie. »Mit dir hätte ich eigentlich am allerwenigsten gerechnet.«
    Julian Peters erhob sich. »Ich habe dir doch gesagt, daß ich zurückkomme, sobald meine Aufgabe erfüllt ist. Und hier bin ich wieder.«
    »Und nun glaubst du, daß meine Tür dir nach wie vor offen steht«, sagte Angelique. »Wenn du dich da nur nicht irrst. Ich denke, wir haben uns zu Genüge darüber unterhalten - das heißt, ich habe geredet und du deine Ohren auf Durchzug geschaltet. Du liebst nicht mich, sondern nur dich, bloß habe ich kein Interesse daran, nur jederzeit für dich verfügbar zu sein. Ich bin nicht die stille Dulderin, die springt, wenn der Pascha in die Hände klatscht.«
    »Ich glaube, daß du das immer noch nicht richtig siehst«, erwiderte Julian. »Ich mußte gehen und meiner Berufung folgen. Ohne mich wäre es zu einer Katastrophe gekommen, die vielleicht das ganze Universum verändert hätte.«
    »Oh, wie bescheiden«, spottete Angelique. »Nur das ganze Universum. Mehr nicht?«
    Sie starrte ihn lauernd an, wartete auf eine Explosion. Sie sah, daß sie ihn getroffen hatte. Aber er reagierte nicht so, wie sie es erwartete. Er lächelte.
    »Natürlich kannst du das nicht nachvollziehen, wie ich es dir sage, denn du warst nicht dabei. Aber ich bin wieder hier, und fortan kann alles zwischen uns anders werden.«
    »Das sagt sich leicht.«
    »Gib uns eine Chance, Angelique«, bat er.
    Sie zuckte mit den Schultern und wandte sich ab. »Kann ich dir etwas anbieten?« fragte

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