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0478 - Der Friedhof der Lebenden

0478 - Der Friedhof der Lebenden

Titel: 0478 - Der Friedhof der Lebenden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Kurt Giesa
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fühlte sich so einsam und verlassen, wie noch nie zuvor in ihrem Leben.
    Ihr war es, als wäre ein Teil von ihr gestorben.
    ***
    Wendy Nichols starrte den Boden vor sich an. Da geschah doch etwas. In den ersten Augenblicken hatte sie es nicht wahrhaben wollen, aber jetzt mußte sie es akzeptieren.
    Die Gräber öffneten sich.
    Erdreich wurde hochgewölbt. Im ersten Moment sah es so aus, als würden Maulwürfe ihre Arbeit tun und das Erdreich aus ihren Gängen an die Oberfläche drücken. Aber Maulwürfe schoben keine menschlichen Hände aus Gräbern empor! Hände, deren Finger sich lebhaft bewegten! Hände, die keineswegs skelettiert oder angefault waren! Sicher, sie waren dünn; die gelblich-weiße Pergamenthaut spannte über den Knochen, aber es waren nicht die Hände von Toten, die seit langem in ihren Gräbern warteten.
    Arme erschienen, dann Köpfe.
    Unheimliche Gestalten arbeiteten sich aus dem Boden empor. Glühende Augen starrten Wendy Nichols an. Immer wieder versuchte sie sich loszureißen und dem Grauen zu entfliehen, aber es gelang ihr nicht. Die Fesseln saßen zu gut.
    Die Toten standen auf! Oder waren sie gar nicht tot? Wendy fühlte, daß sie im Begriff war, den Verstand zu verlieren. Wie konnten Tote aus den Gräbern steigen? Sie erinnerte sich daran, was man sich über den Voodoo-Kult erzählte. Kletterten da nicht auch die Untoten, die Zombies, aus ihren Gräbern? Hatte sie es hier mit einem Zombie-Friedhof zu tun?
    Im gleichen Maß, wie die Unheimlichen, die Zombies, sich aus dem Boden hervorarbeiteten, spürte Wendy, wie sie schwächer wurde. Sie kämpfte dagegen an, aber erfolglos. Die Zombies tappten auf sie zu, und sie verspürte eine panische Angst davor, daß diese wandelnden Leichen sie erreichen und berühren würden. Eine eigenartige Müdigkeit senkte sich über sie; sie hatte Schwierigkeiten, die Zombies zu sehen. Dunkle Schleier bildeten sich vor Wendys Augen.
    Sie wollte schreien, ihre Angst und ihrem Ekel damit Ausdruck verleihen, aber sie schaffte es nicht mehr. Sie hatte nicht mehr die Kraft dazu. Sie konnte nur noch denken. Lieber sterben, als von diesen Ungeheuern berührt werden.
    Und dann war sie tot.
    ***
    Sie tranken die Kraft und erhoben sich aus ihren Gräbern. Immer näher kamen sie dem Opfer, streckten ihre Hände danach aus. Es war ergiebig, es versuchte zu kämpfen und schenkte ihnen damit so viel Energie wie schon lange nicht mehr. Sie wurden stark dadurch.
    Als es nichts mehr zu holen gab, als das Opfer keine Energie mehr freigeben konnte, kehrten sie in die Tiefe zurück. Die Erde schloß sich über ihnen.
    Sie warteten darauf, daß man ihnen das nächste Opfer brachte, an dem sie sich laben konnten - oder darauf, daß man sie rief, damit der Große Plan erfüllt werden konnte.
    ***
    Später erschienen die Totenkopfmänner wieder. Sie hoben ein frisches Grab aus. Dann lösten sie den leblosen Körper der blonden Frau, die einmal Wendy Nichols gewesen war, vom Baum und legten sie in das Erdloch, um es über dem Leichnam wieder zuzuschaufeln. Sie glätteten das ungeweihte Grab und zogen sich dann zurück. Ihre Arbeit war getan.
    Sie waren wiederum gestärkt worden, und Wendy Nichols war jetzt eine von ihnen .
    Wenn das nächste Opfer gebracht wurde, würde auch die ehemalige Wendy von dessen Lebensenergie trinken.
    ***
    Nicole Duval, in einen flauschigen Bademantel gewickelt und das Haar noch feucht von der Dusche, stöberte ihren Gefährten im Fitneßkeller des tendyke’schen Bungalows auf, wo er schweißgebadet mit den Geräten hantierte und Kraft- und Ausdauertraining machte. »Hierher hast du dich also verkrochen«, stellte sie fest. »Schleichst dich einfach aus dem Zimmer, ohne mir einen Guten-Morgen-Kuß zu geben! Das muß nachgeholt werden,«
    Er löste sich von dem Gerät und schloß Nicole in die Arme. »He, warte«, rief er, als sie sich ihm nach dem Kuß mit einer schnellen Drehung wieder entwand. Er versuchte den Gürtel ihres Mantels zu erwischen, aber auch hier war sie schneller und lachte leise.
    »Selbst schuld, mein Lieber, wenn du mich einfach so im Bett liegen läßt.«
    »Ich dachte, du schliefest noch, und wollte dich nicht stören. Also habe ich die Gelegenheit genutzt und ein wenig trainiert. Aber wenn du schon hier bist, könnten wir gleich gemeinsam weitermachen. Ich glaube, wir haben beide unser Karate- und Tae-kwon-Do-Training in der letzten Zeit etwas vernachlässigt.«
    »Ich durchschaue dich«, lachte sie kopfschüttelnd. »Du willst doch

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