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0478 - Wir jagten Mr. Unbekannt

0478 - Wir jagten Mr. Unbekannt

Titel: 0478 - Wir jagten Mr. Unbekannt Kostenlos Bücher Online Lesen
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vielleicht? Ich bin dafür, wir machen den Bullen fertig. Es ist die sicherste Methode.«
    »Die sicherste Methode, um auf dem Stuhl zu landen«, sagte die weibliche Stimme. Ich pflichtete ihr im Geiste bei. Doch leider fragte mich niemand nach meiner Meinung.
    Plötzlich wurde die Tür aufgerissen, und Toole kam ins Zimmer mit mißmutigem, bleichem Gesicht. Er richtete seinen Revolver auf mich und sagte kurz und barsch zu Fisher: »Geh ’raus, der Boß will dich sprechen!«
    Toole trat neben die Tür, während er mich weiter mit dem Revolver bedrohte. Er zog dünne Lederriemen aus der Tasche, lauschte ins Nebenzimmer, und als er nichts hörte, kam er auf mich zu.
    »Sie wollen nicht, daß ich dich fertigmache«, zischte er. »Aber ich mache dich fertig. Ich kann es nämlich nicht leiden, wenn ein Bulle mein Gesicht sieht, verstehst du! Und du hast es schon viel zu lange gesehen!«
    Er riß mir die Arme auf den Rücken und schnürte sie mit den Lederriemen zusammen.
    Ich bewegte mich nicht, denn darauf wartete er nur. Toole zitterte vor Wut.
    Er verschnürte mich so fest, als ob er mich nach Übersee schicken wollte. Die Riemen schnitten tief ins Fleisch.
    »Na, wie gefällt dir das?« höhnte er. Aber er hatte sein Werk noch nicht vollendet. Als er sein schmutziges Taschentuch hervorholte, wußte ich, daß ich noch einen Knebel bekommen sollte.
    Ich schluckte, holte noch einmal tief Luft und biß mit den Zähnen auf das Taschentuch, weit vorn, um den Dreck nicht auf die Zunge zu bekommen.
    Das Mädchen kam herein, als Toole mir den Knebel in den Mund steckte. Sie sah aus wie die Titelbildschönheit einer Illustrierten. Sie hatte ein weißes Gesicht und flammend rotes Haar, eine schlanke Figur und anmutige Bewegungen. Sie war schön und anscheinend sehr gefährlich.
    »Na, Toole«, lachte sie. »Du kommst dir wohl sehr tapfer vor?«
    Er starrte sie böse an. Sie beachtete ihn gar nicht, sondern ging um mich herum und blinzelte dabei. »Nicht schön, wenn man wie ein Rollschinken verschnürt ist«, sagte sie und zupfte dabei an meinen Haaren. »Was wolltest du denn bei uns, Kleiner?« Und dann, so als ob sie erst jetzt sah, daß ich geknebelt war, fuhr sie fort: »Schade, du kannst ja nicht reden. Aber nicken kannst du, nicht wahr?« Während sie noch sprach, stieß sie ihre Faust in mein Genick, bis mein Kinn das Brustbein berührte.
    »Gib’s ihm, gib’s ihm ordentlich«, hetzte Toole und tanzte wie ein Pfau vor ihr her.
    »Aufhören!« klang eine scharfe Stimme von der Tür her.
    Die beiden erstarrten mitten in der Bewegung.
    Ich drehte den Kopf herum, so weit ich konnte, und erblickte einen hochgewachsenen Mann in Hut und Mantel. In seiner Linken blitzte eine Pistole.
    Dann kam sein Gesicht in den Lichtschein, der durchs Fenster fiel. In meinem Kopf wirbelte alles durcheinander. Denn dieses Gesicht kannte ich!
    Vor noch nicht einmal vierundzwanzig Stunden hatte ich es gesehen.
    Brighton atmete kurz und hastig. »Meine Unterschrift«, murmelte er vor sich hin. »Wie kommt meine Unterschrift auf den Schuldschein?«
    Es war ein Rätsel für ihn.
    Und das hatte er auch dem Lieutenant bei der Vernehmung gesagt.
    Aber Biggins hatte nicht zu erkennen gegeben, was er von Brightons Antwort hielt. Schließlich ließ er Brighton laufen.
    Diese letzte Szene lag kaum fünf Minuten zurück, und Brighton konnte sich noch immer nicht beruhigen. Langsam, wie ein schwerkranker Mann, ging er den Waldweg zu den Boland-Werken zurück. Er war so tief in seine Gedanken versunken, daß er das Auto erst bemerkte, als es neben ihm hielt.
    »Steig ein, Sam«, sagte eine ihm bekannte Stimme. »Ich habe mit dir zu reden.«
    »Du mußt wahnsinnig sein, Peter«, stieß Brighton erschrocken hervor. »Wenn man uns zusammen sieht, dann…«
    »Steig ein«, wiederholte der Mann am Steuer. »In der vergangenen Nacht ist so viel passiert, daß mir schon alles gleich ist.«
    Brighton setzte sich neben ihn.
    Der Mann am Steuer kannte sich in der Gegend gut aus. Sicher und schnell lenkte er den schweren Packard über die schmalen Waldwege, wobei er es ängstlich vermied, nahe an die Landstraße heranzukommen.
    Er war drei oder vier Jahre jünger als Brighton, aber mindestens ebenso groß, nur dunkelhaarig und von schmalerem Körperbau. Mund, Augen ünd Nase der beiden Männer zeigten eine auffallende Ähnlichkeit.
    »Weißt du, wo ich gerade herkomme?« fragte Brighton nach einer kurzen Pause.
    Der andere nickte. Er wirkte nervös und ungeduldig.

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