0478 - Wir jagten Mr. Unbekannt
chinesischen Freunde und ging mit ihm.
Das Büro lag gleich nebenan.
»Hallo!« sagte ich, als ich den Hörer ans Ohr preßte.
Zuerst blieb alles still. Dann kam eine Männerstimme, etwas verzerrt und von weit her:
»Mr. Cotton?«
»Ja, am Apparat.«
»Ich habe eine interessante Information für Sie. Wie ich hörte, suchen Sie einen Mann namens Frighton. Ich kann Ihnen sagen, wo Sie ihn finden.«
»Wer sind Sie?« fragte ich völlig überflüssigerweise, denn wer so mit mir sprach, nannte nicht seinen Namen. Und wenn, dann bestimmt einen falschen.
Der Anrufer ging über meine Frage hinweg.
»Kennen Sie das Rasthaus am Great Neck?«
»Ich habe davon gehört.«
»Es ist jetzt 22 Uhr, Mr. Cotton. Um Mitternacht wird sich Frighton dort mit einem Mann treffen, den Sie sich ebenfalls genauer ansehen sollten. Es lohnt sich! Er ist bestimmt, der Interessantere von beiden. So long, Mr. Cotton! Ich freue mich, daß ich Ihnen einen Gefallen tun konnte. Vielleicht vergessen Sie es nicht!«
»Hallo!« sagte ich noch einmal. Aber der Teilnehmer hatte bereits eingehängt.
***
»Kennst du das Lokal?« fragte ich Phil, als wir mit vollen Scheinwerfern über den Highway schnurrten. Die Tachonadel zitterte um die 80.
»Es ist eine finstere Bude, Jerry. Der Wirt heißt Tim Kregster und ist ein ehemaliger Schmuggler. Er hat sein Geld in die Kneipe gesteckt als in der Prohibitionszeit die Rasthausmasche günstig wurde.«
»Also schon ein älterer Mann?«
»Über sechzig. Er verdient jetzt soviel Geld, wie er nie für möglich gehalten hätte.«
Tim Kregster! Ich hatte den Namen schon in irgendeinem Zusammenhang gehört. Aber ich kam nicht dazu, weiter darüber nachzudenken. Wir waren am Ziel.
Das Rasthaus lag etwas abseits von der Straße an einem kleinen Buchenwald. Man konnte es von beiden Seiten über eine bogenförmige Auffahrt erreichen.
Wir hatten noch ein ziemliches Tempo drauf, als wir auf den großen, aus massivem Kunststeinen errichteten Bau Zufuhren.
Ich mußte plötzlich scharf bremsen. Der Wagen brach etwas nach links aus, und wir wurden nach vorn gedrückt, ehe er ruckartig zum Stehen kam. Gerade noch rechtzeitig! Sonst wären wir in ein Knäuel von Menschen hineingefahren, das plötzlich vor uns auftauchte.
Im Licht der Scheinwerfer traten ihre Gesichter scharf hervor. Weiße, erschrockene Gesichter, unverhohlen neugierig.
Das war mein erster Eindruck. Erst als ich ausstieg, sah ich, daß dieser Menschenauflauf einen Kern hatte. Ich versuchte über die Köpfe hinwegzublicken, konnte aber nichts erkennen.
Phil sprang auf der anderen Seite aus dem Wagen und schaffte sich mit den Ellbogen rücksichtslos Platz.
Auf dem weißen Kies der Auffahrt, das Gesicht nach unten, lang ein Mann. Dicht oberhalb des Kragens war ein Loch in seinem Hals.
Ich kniete nieder, um ihm ins Gesicht zu sehen. Aber jemand riß mich zurück.
»Weg da, Mann! Nichts darf angerührt werden, bis die Polizei eintrifft!«
Damit sagte er mir nichts Neues. Aber wenn ich nicht auffallen wollte, und diese Absicht hatte ich nicht, mußte ich zurücktreten.
Phil trat an mich heran und flüsterte: »Kennst du ihn?«
Ich zuckte die Schultern. »Mal sehen.«
»Glaubst du, es hängt mit dem Anruf zusammen?«
»Möglich, sogar wahrscheinlich. Geh ’rüber ins Haus und hör dich um. Vielleicht findest du einen Hinweis. Versuch vor allem herauszubringen, wer in der letzten Stunde angekonimen ist.« Ich mischte mich unter die Zuschauer. »Weiß eigentlich jemand, wer der Mann ist?«
»Nein, keine Ahnung.«
»Er ist so um 21 Uhr gekommen. Saß die ganze Zeit allein am Tisch und hat mit niemandem gesprochen. Nur einmal ging er ’raus.«
»Wann war das?« fragte ich den Mann, der sich so gut erinnern konnte.
Er wandte mir sein Gesicht zu. »Kennen Sie ihn?«
»Möglich! Ich konnte ihn noch nicht genau ansehen. Aber vielleicht wissen Sie trotzdem, wann er das Lokal verließ?«
»So gegen 22 Uhr. Als er zurückkam, trank er ziemlich schnell zwei Kognaks hintereinander, zahlte und ging hinüber in den Speisesaal.«
Ich wollte den aufmerksamen Beobachter noch etwas fragen, aber da kam die Highway-Patrol mit Rotlicht und Sirene angebraust. Dahinter fuhr eine schwarze neutrale Limousine. Das mußten die Kollegen vom Morddezernat Queens sein.
»Bitte zurücktreten! Alles zurücktreten!«
Nur zögernd kamen die Leute den Befehlen der Polizisten nach. Ich blieb stehen.
»Das gilt auch für Sie!« schnauzte mich der Patrolman an, »Oder
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