0479 - Die Nacht der bösen Angela
hoch. Im Licht meiner Lampe sah ich seine Bewegungen scharf konturiert.
Er drehte sich auch herum - ob er benommen war, konnte ich nicht erkennen -, dann erschien eine Hand und griff zu.
Gleichzeitig stieß der Abbé seinen rechten Arm vor.
Ich war ebenfalls da und erkannte beide.
Bloch und der Vampir sahen aus, als wollten sie sich auf eine besonders herzliche Art und Weise begrüßen, denn sie hielten sich gegenseitig umklammert.
Nur war diese Begrüßung für einen der beiden tödlich, denn Bloch hatte genau gezielt. Der Silberpflock befand sich mit seiner Spitze dort, wo der Vampir ein nicht mehr schlagendes Herz besitzt.
Ich leuchtete in sein Gesicht. Es war schrecklich verzerrt, als er langsam nach hinten kippte und sich der Pflock aus dem Körper wieder löste. Der Templer behielt seine Waffe in der Hand. Vor unseren Augen drehte sich der Blutsauger dem Boden entgegen. Auch der Abbé taumelte auf die Wand zu, die Nachwirkungen des Treffers waren nicht einfach zu verdauen.
»Geht es?« fragte ich.
Abbé Bloch bewies sogar Humor. »Gestern ging's noch«, erklärte er keuchend und nahm seine Maske ab. »Die hat einiges abgehalten. Wäre sie nicht gewesen, dann…« Er verstummte und preßte beide Hände vor die Stirnwunde, die er trotz allem erhalten hatte.
Ich sah mir den Vampir an. Es mußte der Vater des jungen Soldaten sein, die Ähnlichkeit jedenfalls war unverkennbar. Das Gesicht war nicht mehr verzerrt, es zeigte jetzt einen friedlichen Ausdruck.
Ich spürte den Schauer, der meinen Rücken hinablief. Zwei Mitglieder der Familie waren zu Vampiren geworden, es fehlten nur noch die Mutter und natürlich die böse Angela. Sie war die treibende Kraft, sie hatte das Böse in die kleine Welt dieses idyllischen Ortes gebracht.
Ich durchsuchte den Keller und leuchtete dabei jeden Winkel aus. Verdächtiges war nicht mehr zu finden. Kein Vampir hielt sich verborgen. Die zweite Tür am Ende der außen vorbeiführenden Treppe war verschlossen.
»Laß uns weitersuchen, Abbé. Irgendwo müssen sie einfach stecken, verdammt.«
Abbé Bloch trat auf mich zu. Er mußte noch mit der Balance kämpfen, der Treffer hatte ihn trotz Maske härter erwischt, als er mir gegenüber zugeben wollte.
Er nickte. »Geht in Ordnung.«
»Und was fehlt noch?« Ich überlegte einen Moment und dachte an den Dachboden. In der kleinen Kammer oben hatte ich die Luke gesehen und die daran befestigte Leiter. »Es gibt noch eine Möglichkeit. Dieses Haus hat so etwas wie einen Spitzboden. Meines Erachtens wird er gerade so groß sein, daß sich dort ein Mensch verbergen kann. Vielleicht sollten wir da noch einmal nachsehen.«
Auch der Templer hatte nachgedacht. »Ich kann mir gut vorstellen, daß Angela das Haus hier verlassen hat. Möglicherweise wollte sie nur einen Stützpunkt, ansonsten aber freie Bahn haben.«
»Und wo?«
»Im Ort?«
»Nein, ich denke eher an die Quelle und diesen Wasserfall. Sie ist aus dem Sumpf gekommen, wir haben einen Horror-Reiter gesehen, und ich glaube jetzt auch, daß sich hinter dem Wasserfall der Eingang zu einer anderen Dimension befindet. Meines Erachtens muß es dort ein Tor geben.«
»Kann sein.«
Wir verließen den Raum und leuchteten noch einmal durch den Flur. Mich interessierte die nebenan liegende Tür. Zwar war sie verschlossen, dennoch konnte sich hinter ihr jemand aufhalten.
Da hörten wir das Wimmern.
Zuerst dachten wir an ein Tier, weil es ein so klagender Laut war. Ich wollte aber auf Nummer Sicher gehen und hämmerte mit der Faust gegen das Holz.
Das Wimmern verstummte.
Der Abbé blickte mich an. »John, dahinter muß jemand hocken. Vielleicht Madame Cingar.« Er hatte die Vermutung kaum ausgesprochen, als er bereits den Namen rief.
Die Antwort erhielten wir schnell. »Wer sind Sie?« Am Zittern der Stimme hörten wir heraus, unter welch einem immensen Druck die Person stand.
»Sie haben nichts zu befürchten«, sagte der Abbé. »Schließen Sie die Tür auf.«
»Nein! Nein! Sie sind fremd. Ich habe Ihre Stimmen noch nie gehört. Ihr wartet nur auf mich, ihr verdammten Blutsauger. Ich bleibe hier, und wenn ich hier vermodern muß.«
Bloch hob die Schultern. »Was machen wir? Willst du das Schloß aufbrechen?«
»Zur Not ja.«
Wir beide versuchten es noch einmal mit Worten. Es gelang uns tatsächlich, Madame Cingar von unseren ehrlichen Absichten zu überzeugen und auch nur, als wir den Text eines bekannten Gebets gesprochen hatten, denn Vampire würden sich vor diesen
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