0479 - Eine Puppe aus Manhattan
Luckies schob er in die Anzugtasche zurück. Er traf keine Anstalten, die Zigarette anzuzünden. »Wer ist in Gefahr?« fragte er.
»Buck Rifford.«
»Was Sie nicht sagen!« höhnte er. Die Zigarette wippte beim Sprechen auf und nieder.
Ich hatte es satt, daß er sich vor mir als starker Mann aufzuspielen versuchte. Ich wußte, daß er ein Mörder war.
»Stehen Sie auf und kommen Sie mit!« herrschte ich ihn an.
Er hob verwundert die Augenbrauen. »Sind wir hier auf dem Kasernenhof?« fragte er.
»Ich weiß nicht, wie ich das hier bezeichnen soll«, sagte ich mit einer Kopfbewegung, die den Raum und die Anwesenden .einbezog. »Ich weiß nur, wo Sie schon sehr bald landen werden, Shaeffers. Dort wird sich Ihnen keine Gelegenheit bieten, mit den Beinen zu baumeln, Shaeffers. Man pflegt Sie nämlich auf diesem Sehr eigenwillig konstruierten Stuhl festzuschnallen!«
Ich erhielt einen Stoß von hinten. Ich wandte den Kopf und blickte dem gleichen Burschen in die Augen, der mich schon einmal angerempelt hatte.
Er grinste. »Einen flotten Zischer hat er draußen stehen«, informierte er die Anwesenden. »Knallrot und giftschnell. Sonst ist kein Bulle in der Nähe. Kein Patrolcar, nicht der kleinste Uniformknopf!« Er wandte sich mir zu. Sein Grinsen wurde breiter. »Wie kann man nur so unvorsichtig sein und ohne Begleitung in so ein Lokal kommen? Jeder Fremdenführer wird Ihnen sagen können, daß das hier eine explosive Gegend ist! Fremde Gesichter mag man hier nicht… und Bullenvisagen sind uns einfach zuwider!« Die letzten Worte knallte er mir wie einen Peitschenschlag ins Gesicht.
»Okay«, sagte ich ruhig. »Sie hatten Ihre große Szene. Ich wette, Ihre Billardkumpel sind tief beeindruckt. Würden Sie jetzt bitte verschwinden? Meiner Geduld sind sehr natürliche Grenzen gesetzt.«
Er nahm die Schulter zurück, so daß sich das karierte Hemd straff über der Brust spannte. Es war eine breite Brust. Der Bursche war groß und kräftig. Man sah es ihm an, daß er zu den Schlägertypen gehörte, denen es ein Vergnügen bereitet, mit Muskeln und Fäusten zu protzen. »Hauen Sie ab«, sagte er. »Hauen Sie ab, oder ich sorge dafür, daß Ihnen dieser Besuch leid tun wird!«
Ich blickte erst ihn und dann die anderen an. Die meisten standen noch immer völlig unbeweglich. Ihre Gesichter waren hart, düster und entschlossen. In ihren Augen sah ich das Funkeln der Spannung.
Nur Shaeffers wirkte blaß, fast unbeteiligt. Er baumelte noch immer mit den Beinen. Er blickte jetzt zu Boden. Offenbar war er bemüht, die Worte zu verdauen, die ich ihm zu schlucken gegeben hatte.
»Worauf warten Sie noch?« fragte der Bursche neben mir.
»Auf Pete Shaeffers«, informierte ich ihn freundlich.
Er trat vor mich hin. Er war fast so groß wie ich. Seine Schultern waren jedoch breiter. Er musterte mich prüfend. Es war fast so, als wäge er noch einmal seine Chancen ab. Das Ergebnis der Prüfung schien ihn zu beruhigen. »Ich zähle bis drei…« meinte er drohend.
Ich schob ihn zur Seite. Als ich ihn berührte, sauste seine Faust hoch. Ich nahm den Kopf rechtzeitig zur Seite. Er schickte sofort die Linke hinterher. Ich war genötigt, zu kontern. Ich tat es hart und scharf.
Er schüttelte verwundert den Kopf, als er gleich zwei Treffer hintereinander einstecken mußte. Einen Moment lang schien er zu schwanken. Fast sah es so aus, als bereue er seinen schneidigen Einsatz und wünsche, den Krach nicht begonnen zu haben, aber dann ließ er sich von seinem Zorn hinreißen, wohl auch von der Tatsache, daß die anderen die Szene beobachteten. Er legte richtig los.
Er war wirklich ein kräftiger Bursche, aber er hatte nicht die geringste Ahnung von der Boxtechnik. Wenn man ihm die Chance gab, einen Treffer zu landen, war er zweifelsohne gefährlich, aber wenn man ihn, leerlaufen ließ, wirkte er einfach komisch, unbeholfen und stümperhaft.
Er ruderte mit den Fäusten in der Luft herum und stolperte mehr als einmal über die eigenen Füße, weil er nicht das geringste von Beinarbeit und Gewichtsverteilung verstand.
Es gab keinen Grund, einen Mann seines Kalibers zu bemitleiden. Es wurde Zeit, daß er seine Lektion lernte. Ich servierte ihm einige linke und rechte Haken, saubere, schulmäßige Ware. Das Ganze war mir beinahe zuwider, denn er war einfach kein Gegner, trotz seiner Muskelpakete. Ich brauchte noch nicht mal eine halbe Minute, um ihn entscheidend zu treffen. Er fiel um und blieb liegen, bei vollem Bewußtsein zwar, aber
Weitere Kostenlose Bücher