048 - Der rote Affe
Wunden waren mit Heilsalben eingeschmiert worden, sie hatten frische Wäsche bekommen, und die Hemden und Hosen paßten halbwegs. Carl hatte sich den halb verbrannten Bart abrasiert, und Jeff hatte ihm das Haar geschnitten.
Carol führte sie in den Wohnraum des Hauses. Er war rechteckig und ziemlich groß. Der Boden war mit Fellen bedeckt. Eine bequeme Sitzecke fiel Jeff besonders auf, da sie mit Ozelotfellen bespannt war. Sie setzten sich, und Carl fiel augenblicklich in tiefen Schlaf. Jeff fühlte sich ebenfalls müde, doch er wollte nicht einschlafen. Er spürte, daß mit Terry Tucker etwas nicht stimmte, und er wollte mehr herausbekommen.
Das Mädchen schlug vor, Carl in ein anderes Zimmer zu bringen. Jeff hob den Schlafenden auf und folgte Carol. Sie führte ihn in ein kleines Gästezimmer, in dem sich außer einem niederen Bett und einem Kasten nichts befand. Jeff legte Carl auf das Bett, und sie kehrten in das Wohnzimmer zurück.
„Wo steckt eigentlich Ihr Bruder, Carol?“ fragte Jeff.
„Wahrscheinlich in seinem Zimmer.“ „Es war ihm gar nicht recht, daß Sie uns ins Haus hereinbaten. “
„Nein, es paßte ihm nicht“, sagte Carol.
Jeff setzte sein strahlendstes Lächeln auf. Dabei fixierte er das Mädchen.
„Fühlen Sie sich nicht einsam hier, so ganz allein, fern der Zivilisation?“
„Eigentlich nicht“, sagte sie zögernd, und er merkte, daß es nicht stimmte.
„So ein hübsches Mädchen wie Sie“, sagte er. „Und Sie sind doch hier wie eine Gefangene, Sie können …“
„Sprechen wir über etwas anderes“, sagte sie abweisend. „Wollen Sie etwas trinken, Mr. Baker?“
„Jeff für meine Freunde“, sagte er, und sie warf ihm einen kurzen Blick zu. Sie ist nervös, dachte Jeff, verdammt nervös. „Ich hätte gern ein Bier, aber …“
„Das können Sie haben, Jeff“, sagte sie und öffnete den Kühlschrank, holte zwei Bierdosen heraus, nahm zwei Gläser und stellte sie auf den Tisch. Jeff riß die Verschlüsse auf und schenkte ein. Carol saß ihm gegenüber, sprungbereit auf der Couchkante, die Arme hatte sie über der Brust gekreuzt. Sie war ganz Abwehr. Jeff seufzte innerlich. Es würde einige Zeit dauern, bis es ihm gelang, sie aufzutauen. Sie wollte nicht über ihren Bruder sprechen. Sobald die Sprache auf ihn kam, war sie abweisend und zog sich wie eine Schnecke in ihr Haus zurück.
„Was haben Sie für einen Beruf, Jeff?“
„Ich bin Reporter.“ sagte er. „Carl ist Zoologe. Wir kamen hierher, da wir Gerüchte über diesen roten Riesenaffen gehört hatten.“
Wieder wartete er auf eine Reaktion, die aber diesmal ausblieb. So komme ich nicht weiter, sagte sich Jeff. Er drängte die vielen Fragen zurück, die ihm auf der Zunge lagen, lehnte sich bequem zurück, trank einen Schluck Bier, steckte sich eine Zigarette an und legte los. In seiner Laufbahn als Reporter hatte er die seltsamsten Erlebnisse gehabt, und er konnte stundenlang fesselnd erzählen.
Er wählte sich einige der heitersten Erlebnisse aus. Dabei achtete er auf jede Reaktion Carols. Nach einigen Minuten merkte er den ersten Erfolg. Sie saß nicht mehr so verkrampft da. Sie lehnte sich zurück und nahm die Hände von ihrem Busen. Je länger er erzählte, um so gelöster wurde sie. Sie beugte sich vor, hörte interessiert zu, lachte oft und taute richtig auf.
Nach einer Stunde streute er gelegentlich ein, wie hübsch sie sei, und er merkte, daß ihr seine offensichtliche Bewunderung gut tat. Ihre Wangen bekamen Farbe, und ihre Augen glänzten. Sein Gehirn arbeitete wie ein Computer. Jede ihrer Reaktionen wurde genau vermerkt, und automatisch paßte er sich an.
Jeff ließ sich Zeit. Er wußte, daß er sich jetzt ohne weiteres neben Carol hätte setzen können und daß sie sich gegen seine Küsse nicht gewehrt hätte. Doch er wollte damit warten.
Plötzlich öffnete Terry Tucker die Tür und sah herein. Er beachtete Jeff nicht, sondern wandte sich an Carol.
„Komm bitte zu mir“, sagte er und zog den Kopf zurück.
Sofort war ihre Gelöstheit verschwunden. Sie wirkte wieder unsicher und verkrampft. Sie stand auf und verließ das Zimmer.
Jeff drehte eine leere Bierdose zwischen seinen Fingern. Eines stand für ihn fest: Carol fühlte sich äußerst unwohl. Warum war sie zu ihrem Bruder gekommen, und weshalb kehrte sie nicht zurück? Warum blieb sie hier, wo es ihr offensichtlich nicht gefiel? Sie mußte etwas über den roten Affen wissen, das war klar. Hatte ihr Bruder etwas mit dem Affen zu
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