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048 - Der rote Affe

048 - Der rote Affe

Titel: 048 - Der rote Affe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James R. Burcette
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hier auf. Was er hier tut, bekam ich noch nicht heraus. Carol sagte, daß er einige Studienfächer in den USA belegt hatte. Und in dieser Gegend tauchte der rote Affe auf. Ich glaube nicht daran, daß Tucker nichts von dem roten Affen weiß. Und seine Schwester ist unglücklich. Sie will fort, doch sie hat nicht den Mut dazu.“
    „Sie glauben also, daß Tucker etwas mit dem roten Affen zu tun hat?“
    „Das sagte ich nicht“, stellte Jeff fest. „Aber er muß etwas von ihm wissen. Was es ist, kann ich mir nicht denken, er …“
    Carol kam ins Zimmer und setzte sich.
    „Ich muß mich für das Verhalten meines Bruders entschuldigen“, sagte sie tonlos. „Verzeihen Sie.“
    „Er ist ein rechter Sonderling“, sagte Carl.
    „Nein, das ist er nicht“, sagte Carol bestimmt. „Er ist ein …“ Sie biß sich auf die Lippe.
    „Was ist er?“
    „Er mag keine fremden Menschen“, sagte Carol lahm.
     

     
    Jeff war froh, als sie das Abendessen hinter sich gebracht hatten. Das Essen war gut gewesen, doch die Stimmung frostig. Carol beantwortete alle an sie gestellten Fragen ausweichend.
    Sie übersiedelten später in das Wohnzimmer, doch die Stimmung besserte sich nicht. Carols Bruder ließ sich nicht mehr blicken.
    „Ich fühle mich noch immer müde“, sagte Carl und stand auf. „Ich gehe schlafen. Gute Nacht.“
    „Gute Nacht“, sagte Carol gleichgültig. „Gehen Sie auch schlafen, Jeff?“
    Der Reporter schüttelte den Kopf. Seine Augen waren klein, und er sehnte sich nach Schlaf, doch er wollte es nochmals mit Carol versuchen. Vielleicht taute sie doch auf, wenn er mit ihr allein war.
    Carol hatte eine Flasche Four Roses auf den Tisch gestellt, und eine Schale mit Eiswasser. Es war angenehm kühl im Zimmer. Die Klimaanlage lief auf vollen Touren.
    „Wollen Sie Musik hören, Jeff?“ fragte Carol schließlich, um das peinliche Schweigen zu überbrücken.
    „Gern“, sagte er.
    „Was wollen Sie hören?“ fragte Carol.
    „Mein Musikgeschmack ist nicht sehr ausgeprägt“, sagte Jeff grinsend. „Irgendwelche Schlager.“
    Das Mädchen nickte und öffnete einen Schrank, holte einen Kassettenrecorder hervor und steckte eine Kassette hinein. Die Stimme Jose Felicianos klang aus dem Lautsprecher. Carol blieb einige Sekunden lang vor dem Recorder stehen, und ihr Gesicht entspannte sich.
    „Ich höre ihn gern“, sagte sie und setzte sich. Sie hörten einige Zeit schweigend zu.
    Jeff hing seinen Gedanken nach, schreckte aber hoch, als Carol sagte: „Ich sah ihn einmal in Chicago.“
    Es dauerte einige Sekunden, bis Jeff begriff, wovon sie sprach. Sie redete über Feliciano.
    „Es war vor einem halben Jahr“, sagte sie und lehnte sich zurück. Die Augen hatte sie halb geschlossen, und ihre Hände bewegten sich unruhig. „Es war ein scheußlicher Wintertag. Es schneite, und der Michigansee war kaum zu sehen. Ich hatte einen Platz in der zwölften Reihe. Das Konzert war ausverkauft. Mehr als dreitausend Menschen füllten die Halle.“
    Sie beugte sich vor und griff nach ihrem Glas. Langsam trank sie es leer, und Jeff schenkte ihr nach.
    „Und dann tauchte er auf“, sagte sie leise. „Ein kleiner Mann, viel kleiner als ich. Ein häßlicher Mann. Er wurde auf die Bühne geführt. Er trug eine dunkle Brille. Er ist blind. Seine Bewegungen waren seltsam ungelenk. Er setzte sich auf eine Art Barhocker, der Schlagzeuger reichte ihm seine Gitarre, und er setzte sich zurecht. Dann fing er zu spielen an, und ich schloß die Augen, und plötzlich war ich allein im Saal. Nur er und ich, und er spielte für mich, für mich ganz allein. Der Klang der Gitarre und seiner Stimme, das war nur für mich da. Seine Stimme war eine zärtliche Hand, die meinen Körper koste, sich in meine Brust drängte und meine Seele zum Schwingen brachte.“
    Ihre Augen schimmerten feucht, als sie Jeff ansah.
    „Und immer wenn ich ihn jetzt höre, dann denke ich daran, wie er damals auf der Bühne saß, ein blinder Mann, der nie in seinem Leben gesehen hatte und nie sehen würde. Ein Mann, der Millionen verdient, der aber nicht weiß, wie schön es ist, eine Wiese zu sehen, die mit Tau bedeckt ist. Lachen Sie mich nicht aus, Jeff, ich bin eine Romantikerin.“
    „Ihre Augen müssen bei Kerzenlicht noch schöner aussehen“, sagte er und griff nach ihren Händen, die sich wie kleine zitternde Vögel in seine Fäuste drängten, als würden sie Schutz suchen.
    „Im Schrank in der ersten Lade ist eine Kerze“, sagte sie fast

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