048 - Die Bande des Schreckens
Übertragung auf Nora Sanders sichergestellt, also erreichbar gemacht, und jetzt suchten sie nach Mitteln und Wegen, um es selbst in die Hände zu bekommen. Nora sollte ein Mitglied der Bande heiraten, und zwar unter Umständen, die ihr keine Möglichkeit gaben, Klage einzureichen. Ihn, Long, hofften sie vor eine vollendete Tatsache zu stellen, und sollte er dann noch versuchen, das Mädchen bloßzustellen, konnte es nur nachteilige Folgen für ihn haben. Egham hatte er bereits passiert und fuhr den steilen Hügel hinunter, Ascot zu. Neben ihm döste Wachtmeister Rouch. Plötzlich sah er am Straßenrand eine Frau, die ihm Zeichen gab, anzuhalten. Er bremste, kam auf der nassen Straße etwas ins Gleiten, brachte den Wagen jedoch wenige Yards vor der Frau zum Stehen. Im Scheinwerferlicht erkannte er Alice Cravel. Ein kleines Auto, das im Graben lag, erklärte ihre Anwesenheit auf offener Landstraße.
»Ich dachte, daß Sie es wären!« empfing sie ihn atemlos. »Wohin fahren Sie?«
»Nach Heartsease, um Ihren Bruder aufzusuchen.«
»Um Himmels willen, tun Sie das nicht!« Sie schüttelte verzweifelt den Kopf. »Ich bitte Sie, Mr. Long! Ich wollte vor Ihnen dort sein, aber ich fuhr zu schnell und kam auf dem steilen Stück ins Schleudern. Sie werden nicht hinfahren -versprechen Sie es mir!«
Sie machte einen mitleiderregenden Eindruck. Es war kaum ein trockener Faden an ihr, denn inzwischen hatte es stark geregnet.
»Was befürchten Sie? Was kann er tun? Sie wissen, daß man Nora gestern abend entführt hat?«
»Ich wußte es - und habe Sie gewarnt! Aber machen Sie es nicht noch schlimmer! Es ist Ihr Tod, wenn Sie nach Heartsease fahren. Ich hätte mir nie träumen lassen, daß ich versuchen würde, Ihr Leben zu retten, aber ich tue es!«
»Wohin hat man sie gebracht?«
»Ich weiß es nicht - wirklich, ich weiß es nicht. Und wenn ich es wüßte, würde ich es Ihnen nicht sagen. Aber ich habe keine Ahnung.«
Er schaute auf den umgestürzten Wagen, dann auf Miss Cravel.
»Steigen Sie ein! Wir nehmen Sie gleich mit.«
»Nehmen Sie mich bis nach Sunningdale mit. Dort kann ich einen Wagen mieten.«
»Kommen Sie nicht mit nach Heartsease?«
»Nein.«
Rouch setzte sich hinten in den Wagen, und sie nahm seinen Platz ein. Long sah, wie sie vor Kälte zitterte. Er langte nach einer Decke und breitete sie ihr auf den Knien aus. »Wissen Sie, daß mein Vater auch verschwunden ist?«
»Ihr Vater? Oh, Sir Godley Long? Wo kann er sein?« erkundigte sie sich ohne sonderliches Interesse. Offensichtlich brachte sie das Verschwinden von Sir Godley nicht mit der Bande des Schreckens in Zusammenhang.
In Sunningdale hielt er auf ihr Ersuchen den Wagen vor einer Garage, die noch geschlossen war, an. »Sie werden hier kaum ein Fahrzeug bekommen.«
»Ich - doch«, sagte sie bestimmt. »Ein Mann hat immer Nachtdienst.«
»Wohin fahren Sie?«
»Zurück nach London. Ich habe mein Bestes getan - alles, was ich tun konnte!« Sie hielt ihm die Hand hin. »Leben Sie wohl, Mr. Long! Ich sollte Ihnen nicht wünschen, heil aus dieser Sache herauszukommen, aber... « Sie wandte sich ab.
31
Rouch kroch wieder auf den Vordersitz, und nach knapp zehn Minuten Fahrt erreichten sie das Parktor von Heartsease. Als sie die gekrümmte Einfahrtsstraße hinanfuhren, bedrückte den Wetter eine Ahnung bevorstehender Gefahr. Mr. Cravel erwartete sie vor dem Portal. Trotz der frühen Morgenstunde war er sorgfältig gekleidet und rasiert.
»Haben Sie vielleicht meine Schwester gesehen, Mr. Long?« fragte er.
»Nein«, antwortete der Wetter, worauf Cravel lachte.
»Sie rief mich vor fünf Minuten von Sunningdale aus an und sagte mir, daß Sie sie bis zur Garage gebracht hätten.«
»In diesem Fall«, meinte Long kühl, »muß ich sie wohl gesehen haben.«
In der Halle stand auf einem Tablett ein Kännchen mit dampfendem Kaffee.
»Ich dachte, Sie würden nach dieser kalten Fahrt ein Täßchen zu schätzen wissen. Ich kann Ihnen versichern, daß weder Gift noch ein Betäubungsmittel darin ist. Aber -«, fuhr Cravel fort, als er sah, wie der Inspektor zögerte, »vielleicht wollen Sie es zuerst an Mr. Rouch ausprobieren?«
Der Kaffee war Long sehr willkommen, und er trank behaglich die ganze Tasse aus.
»Ich freue mich, daß Sie Wachtmeister Rouch mitgebracht haben«, sagte Cravel.
»Warum?«
»Wenn man so schrecklichen Verdächtigungen ausgesetzt ist, hat man gern einen Zeugen zugegen, selbst wenn es einer von der Gegenpartei ist. Ich habe in
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