048 - Die Bande des Schreckens
Nummer sieben Feuer anmachen lassen. Es ist Monkfords Zimmer - das macht Sie doch nicht etwa nervös?«
»Warum gerade dort?« fragte Long.
Der Hotelier zuckte die Achseln.
»Ich denke, daß Sie nicht morgens um fünf hierherkommen, um sich ein Zimmer für nächstes Jahr zu bestellen. Ich bin im Gegenteil auf eine ziemlich unangenehme Unterhaltung gefaßt. Nun - und irgendwo muß sie ja stattfinden, warum also nicht gleich in dem Salonzimmer, mit dem Sie bereits bestens vertraut sind. Wachtmeister Rouch hat ja sogar hinter die Wände geschaut!«
Der Lift war nicht in Betrieb. Sie stiegen in den zweiten Stock hinauf. Cravel trat vor dem bewußten Apartment zur Seite, um den beiden Detektiven den Vortritt zu lassen.
Ein Holzfeuer brannte im Kamin. Long legte seinen Überzieher ab. Er sah Rouch nachdenklich an.
»Ich glaube, es wäre besser, wenn Sie unten blieben, Wachtmeister.«
Der gehorsame Rouch verließ das Zimmer.
»Ich habe jetzt nach der Saison nur wenig Personal hier«, entschuldigte sich Cravel, »wenn Sie jedoch etwas wünschen, werde ich mich freuen, es Ihnen zu besorgen.« »Nun, Cravel, ich bin nicht gekommen, um mich bewirten zu lassen, ich möchte einige Aufklärungen von Ihnen haben. Wo ist Miss Sanders?«
Cravel lächelte.
»Warum bilden Sie sich ein, daß ich es weiß? Eine ganze Woche bin ich nicht von Heartsease weggekommen. Ich erfuhr lediglich von Miss Revelstoke, daß Nora Sanders von einem Unbekannten entführt und vom König der Detektive, dem Wetter Long, heldenmütig gerettet worden sei.«
»Sie ist gestern aus einer Privatklinik entführt worden. Ihr Freund, der Professor, ist verantwortlich...«
»Mein Freund, der Professor? Wer ist das - ›mein Freund, der Professor‹?«
»Ich will mich nicht mit Ihnen streiten. Ich werde Nora Sanders finden, und Sie werden mir sagen, wo sie ist!« Sie standen sich gegenüber. Longs Augen funkelten so, wie Cravel es schon einmal erlebt hatte.
»Vielleicht sind Sie etwas aufgeregt, Mr. Long. Und solange Sie sich nicht beruhigt haben, ist es zwecklos, mit Ihnen zu sprechen, vor allem, weil die einzige Aufklärung, die ich Ihnen geben kann, Sie vermutlich noch mehr aufregen würde.«
»So? Inwiefern?«
Cravel ging zum Kamin, stellte sich mit dem Rücken zum Feuer und kreuzte die Arme.
»Es hat sich etwas sehr Unglückseliges zugetragen«, sagte er langsam. »Ich muß Ihnen eingestehen, daß ich etwas, wenn auch nur sehr wenig, über die Sache weiß. Miss Sanders ist sozusagen eine Freundin von mir, vielleicht haben Sie das nicht gewußt, aber ich erhielt eine Anzahl Briefe von ihr - sie hat mich mit ihrem Vertrauen beehrt. Es scheint, daß sie sich durch die Aufmerksamkeiten, die Sie ihr entgegengebracht haben, sehr belästigt fühlte.«
Der Wetter schwieg. Der Mann sprach, um Zeit zu gewinnen. Also verfolgte er einen bestimmten Zweck.
»Es ist selbstverständlich, daß Sie nicht annehmen, Ihre Aufmerksamkeiten könnten irgendeine Frau belästigen. Das steht mit der männlichen Eitelkeit in Einklang.« »Ihre Theorien erinnern mich an diejenigen Clay Sheltons«, bemerkte Long. »Er hat unter dem Pseudonym ›George Bates‹ ein Buch geschrieben - ich entdeckte es auf seinem Bücherregal -, das ähnliche philosophische Allgemeinplätze enthält.« Für einen Augenblick überzog Röte Cravels Gesicht. »Mich geht die Philosophie Clay Sheltons, wer er auch sein mag, nichts an. Ich sprach nur die Meinung aus, daß Sie verständlicherweise nicht zugeben würden, Ihre Aufmerksamkeiten könnten jemandem unerwünscht sein. Miss Sanders wollte Ihre Gefühle nicht verletzen. Ihre Bemühungen wurden jedoch so aufdringlich, daß sie einen meiner Freunde bat, sie aus der unliebsamen Überwachung zu erretten. Ich kenne die genauen Einzelheiten nicht, aber soviel ich weiß, ist es meinem Freund gestern abend gelungen, sie zu befreien. Unglücklicherweise...« Er wartete, Long beobachtend. »Unglücklicherweise war das Erlebnis vor einigen Tagen so verhängnisvoll für Nora, daß sie auf dem Weg nach Heartsease... «
»Ist sie hier?« unterbrach der Wetter hastig. Mr. Cravel nickte ernst.
»Auf dem Weg nach Heartsease brach sie zusammen, und trotz aller Hilfe, die ihr der Arzt aus der Stadt leistete, starb sie.«
»Tot?« Longs Augen schlössen sich halb. »Sie sind ein Lügner, Cravel! Sie versuchen, mich zu erfegen. Nehmen Sie sich in acht! Wenn sie tot ist...« Der Revolver in seiner Hand zitterte nicht im geringsten. »Wenn sie tot ist, sind Sie
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