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0484 - Ich stellte dem Tod ein Bein

0484 - Ich stellte dem Tod ein Bein

Titel: 0484 - Ich stellte dem Tod ein Bein Kostenlos Bücher Online Lesen
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Außerdem hat sie das jede Nacht so gemacht. Sie brachte das Geld jeweils am nächsten Vormittag zu ihrer Bank. Gestern erzählte sie mir, daß sie schon 17 000 Dollar gespart hätte. Aber sie wollte auf 50 000 kommen. Sie scheint sehr verliebt gewesen zu sein.«
    »Woraus schließen Sie das?«
    »Sie deutete an, daß sie die 50 000 Dollar brauchte, damit sich ein junger Mann in drei Jahren die modernste Arztpraxis einrichten könnte, die es in ganz New York gibt. Wenn ein Mädchen so viel für einen Mann tut, muß sie ihn wohl sehr lieben, nicht wahr?«
    »Das ist anzunehmen. Kennen Sie den Namen des jungen Mannes?«
    »Nein. Es war das erste Mal, daß Fay überhaupt davon sprach. Aber Sie reden die ganze Zeit fast nur von Fay. Was hat Fay damit zu tun?«
    Ich überlegte. Es war inzwischen bereits später Nachmittag geworden, und wahrscheinlich brachten die ersten Abendblätter schon die Geschichte. Es hatte also keinen Sinn mehr, Fays Tod länger zu verheimlichen.
    »Fay Lorra ist tot, Herning«, sagte ich. Der alte Mann sah mich ein paar Sekunden stumm an. Dann tappte er seltsam unbeholfen rückwärts, ließ sich in den nächsten Sessel sinken und atmete mühsam. Auf einmal sah er so alt aus, wie er wirklich war.
    »Oh, nein«, kam es leise von seinen Lippen. »Doch nicht Fay!«
    Ich ließ ihm eine Weile Zeit, bevor ich hinzufügte: »Sie wurde ermordet, Herning. Ihre Handtasche lag geöffnet neben ihr. Das Geld, von dem Sie sprachen, fehlt. Es spricht also alles für einen Raubmord.«
    Tränen traten in die Augen des alten Mannes.
    »Wie kann man nur so etwas tun?« fragte er erschüttert. »Sehen Sie, ich hätte mein ganzes Geld dafür hergegeben. Ein Mädchen wie Fay… Ich begreife das nicht…«
    »Wer begreift schon eine solche Tat? Helfen Sie uns, den Mörder zu finden, Mr. Herning«, bat ich. »Es ist ein Mann, der bereits fünfmal gemordet hat. Jedesmal war es ein Raubmord. Jedesmal schien er gewußt zu haben, daß sein Opfer einen nennenswerten Betrag bei sich hatte. Es hat schon Raubmörder gegeben, die für zehn Dollar töteten. Unser Mann tut das nicht. Er weiß offenbar jedesmal genau, daß es sich für ihn lohnen wird. Woher kann er es wissen? Wer, Mr. Herning, konnte wissen, daß Fay Lorra gut verdiente, daß sie jede Nacht mit ein paar hundert Dollar baren Geldes nach Hause ging? Das ist die Frage. Bitte, denken Sie darüber nach! Stellen Sie uns eine Liste zusammen von allen Leuten, die es gewußt haben können. Nehmen Sie sich Zeit dafür, aber versuchen Sie, niemand zu vergessen. Lassen Sie vor allem keinen Namen nur aus dem Grunde aus, weil Sie dem Betreffenden eine solche Tat niemals Zutrauen würden! Es gibt nur ganz selten einen Mörder, dem man wirklich einen Mord Zutrauen würde. Verstehen Sie, was ich meine?«
    Otto Herning nickte. Er gab mir zum Abschied die Hand.
    »Ich werde es machen«, versprach er. »Ich werde die Liste aufstellen. Verlassen Sie sich darauf, Mr. Cotton. Wer auch immer Fay umgebracht haben mag, er soll seiner gerechten Strafe nicht entgehen.«
    »Ich danke Ihnen, Mr. Herning. Schicken Sie die Liste an die Mordabteilung Manhattan Süd, City Police, zu Händen von Lieutenant Stone.«
    Ich ging und ließ den noch immer fassungslosen alten Mann allein in seiner Wohnung zurück, bei seinen stummen Fischen und seinen Pokalen.
    ***
    Wir saßen in Stones Büro und tranken heißen Kaffee aus Pappbechern, die man kaum anfassen konnte. Die üblichen Routinearbeiten waren getan. Der Inhalt von Fays Handtasche war auf Fingerspuren hin überprüft worden. Es schien, als hätte innerhalb eines Jahres niemand außer Fay selbst ihr Eigentum berührt, denn es gab nicht eine einzige Fingerspur, die nicht von Fay selbst gestammt hätte.
    Tibby, der quecksilbrige Sergeant, hatte die Wohnung des Mädchens durchsucht und zunächst einmal jedes Stück Papier beschlagnahmt, das sich darin befunden hatte. Nun wurden alle ihre Briefe und sonstigen Papiere genau studiert. Vielleicht ließ sich in ihnen ein Hinweis auf einen potentiellen Täter finden.
    »Übrigens muß sich der Portier vom Woodward Hotel geirrt haben«, sagte Tibby. »Ich habe seine Angaben an Ort und Stelle geprüft. Der Mann ist nicht mehr der Jüngste. Als der Schuß fiel, hockte er in seiner Loge, hatte die Schuhe ausgezogen und die Beine auf den Tisch gelegt, um ein Nickerchen zu machen. Die letzten Hotelgäste waren um halb vier nach Hause gekommen, und er brauchte folglich kaum mit einer Störung zu rechnen. Der Schuß

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