049 - Trommeln des Todes
Sylvia festzuhalten. Sie stürzte sich wie eine Wilde auf den Arzt. Dabei schrie sie: „Sie wagen das zu fragen? Wo Sie es doch sind, Sie, der Spion, der das Flugzeug daran hindert, zu landen? Mit Ihren kleinen, unsichtbaren Männchen. Sie haben die Radios kaputtgemacht. Und die Autos. Sie und Ihre beiden Komplizen Ridell und O’Wilm. Ich weiß, was ich sage, glaubt es mir!“
Wir mußten sie mit Gewalt von Higgins losreißen und brachten sie zum Lager. Noch von weitem konnte man sie brüllen hören.
Dieser schreckliche Zwischenfall verstärkte noch unser Entsetzen. Malcolm mochte reden, soviel er wollte, er konnte uns nicht mehr beruhigen.
Während der nächsten zwei Stunden versuchten wir, unsere Schilder noch sichtbarer zu platzieren. Alle fünf Minuten wollten Theo und Belfry die Autos in Gang bringen. Vergebens. Das Versorgungsflugzeug kam nicht wieder. Wegen Benzinmangels mußte es wohl zur Hauptstation zurückgekehrt sein.
Um vier Uhr nachmittags hatte noch niemand gegessen. Keiner wollte den Landeplatz verlassen. Denn es war sicher, daß andere Flugzeuge bis Tagesende kommen würden, um uns zu suchen.
Ich ging mit Lucy zum Lager zurück, um nach den Radios zu sehen. Es war eine kleine Ablenkung. Wir haben beide Angst.
Das verlassene Camp sah trostlos aus. Die felsigen Schluchten, die Höhlen, die tiefen Straßen von Baibeck beeindruckten uns noch mehr als sonst. Und in der drückenden Einsamkeit dieses unheilvollen Ortes klangen die Trommelwirbel aufreizend in unseren Ohren.
Wir beeilten uns, nach den Radios zu sehen. Nichts auf der Welt hätte uns zwingen können, in diese Höhlen hineinzugehen, deren dunkle Schlünde uns überall angähnten.
Als wir zu unseren Kameraden zurückkehrten, sagte Lucy: „Ich weiß, es ist absurd, aber ich muß immer daran denken, daß Sylvia recht haben könnte, wenn sie Higgins verdächtigt, mit diesen schrecklichen Ereignissen etwas zu tun zu haben. Natürlich glaube ich ihre Geschichte mit den unsichtbaren Männchen nicht. Aber Higgins benimmt sich doch irgendwie seltsam.“
„Ach, Lucy …“, sagte ich. Aber ich war mir selbst nicht klar über den Doktor. Er hatte etwas Eigenartiges und Beunruhigendes im Blick.
Unsere Freunde hatten gerade in den Autos etwas zu sich genommen. Essen war für sie eine kleine Ablenkung, obwohl niemand mit Appetit aß.
Ich fragte mich voller Schreck, ob es nicht auch zu diesem Phänomen gehörte, daß uns der Pilot nicht sah. Diese grauenhafte Überlegung behielt ich wohlweislich für mich.
Es war jetzt fünf Uhr. Um halb sechs sahen wir auf einmal zwei Flugzeuge in Richtung Norden fliegen, dann ein drittes in entgegengesetzter Richtung. Wir schöpften neue Hoffnung. Die Nachforschungen mußten wieder eingesetzt haben, was sich dann auch bestätigte.
Bald nahmen wir das Versorgungsflugzeug wahr, das die Suche mit vollem Tank wieder aufgenommen hatte.
Malcolm lächelte.
„Seht ihr, man hat uns nicht aufgegeben.“
Je größer die Hoffnung ist, um so grausamer ist die Enttäuschung, wenn das Erhoffte nicht eintritt.
Das Versorgungsflugzeug und die beiden Militärmaschinen kreuzten sich unmittelbar über unseren Köpfen und flogen in verschiedene Richtungen davon. Sie hatte uns nicht gesehen!
Innerhalb einer Stunde sahen wir fünfmal das eine oder andere Flugzeug aufkreuzen. Wir waren wie verrückt.
Wir trampelten mit den Füßen, wir schwenkten wild unsere weißen Tücher und schrieen aus Leibeskräften, als ob die Piloten uns hören könnten. Aber die Flugzeuge verschwanden, wie sie gekommen waren.
Es war klar: Irgend etwas mußte die Piloten daran gehindert haben, uns zu sehen.
Zum erstenmal schien jetzt auch Malcolm nahe daran, die Fassung zu verlieren.
Sylvia fuhr mit ihren wüsten Beschimpfungen fort, in die sich makaber das Geräusch der Todestrommeln mischte.
Bei Einbruch der Nacht kehrten wir in die Station zurück.
Malcolm hatte seine Kaltblütigkeit wiedergefunden.
„Diese Situation“, erklärte er, „kann möglicherweise ein paar Tage andauern. Wir haben deshalb Vorkehrungen zu treffen. Um den Lebensmittelvorrat brauchen wir uns vorerst keine Sorgen zu machen. Trotzdem müssen wir uns mit dem Essen einschränken. Wasser und Getränke werden ab sofort rigoros rationiert. Waschen ist jetzt Luxus.“
Vor vierundzwanzig Stunden noch waren wir in Hochstimmung und wollten unsere sensationellen Funde mit Sekt begießen. Im Lager herrscht völlige Dunkelheit. Selbst unsere kleinen Taschenlampen geben kein
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