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0491 - Die Wolfshexe

0491 - Die Wolfshexe

Titel: 0491 - Die Wolfshexe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Kurt Giesa
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Zumindest das geschah hier nicht.
    Die Stelle, an der Yvette Manderon getötet worden war, konnten sie nun in dieser Nacht nicht mehr besichtigen; Cinan war nicht hier und von den anderen war niemand bereit, noch einmal den Ort zu verlassen. Notgedrungen mußte Zamorra bis zum nächsten Tag warten. Dann wollte er auch ein Gespräch mit den ermittelnden Polizeibeamten führen.
    ***
    Man hatte Lenard Cinan doch nicht vergönnt, auf Kosten seiner Krankenversicherung eine Nacht stationär im Hospital von Brest zu verbringen, weil seine Verletzungen durchaus ambulant ausheilen konnten. Die Bißwunden waren genäht, und man legte ihm nahe, er möge sich in zwei Tagen wieder zur Kontrolle vorstellig machen - es sei denn, sein Zustand verschlechtere sich mit Überschallgeschwindigkeit. Dann sei er auch früher wohlgelitten, möge aber ansonsten nicht wesentlich wichtigere Arbeit des Klinikpersonals blockieren. Das hielt er trotz oder gerade wegen seines materialistischen Denkens selbst für einen durchaus vernünftigen Gedanken.
    Also ließ er sich per Taxi heimwärts befördern, entlohnte den Fahrer und betrat sein kleines Haus. Alles war verdunkelt; seine Frau schlief vermutlich schon, wie es häufig der Fall war. Sie wußte ja, daß er manchmal erst sehr spät heimkam, und wartete ab einer bestimmten Uhrzeit nicht mehr auf ihn.
    Er knipste das Wohnzimmerlicht an.
    »Wiedersehen macht Freude«, sagte der unheimliche Besucher.
    Cinan erstarrte. »Wie kommen Sie hier herein?« entfuhr es ihm.
    Der unheimliche Besucher erhob sich aus dem Sessel, in dem er auf Cinan gewartet hatte, und jetzt sah Cinan seinen Schatten. Es war der Schatten eines Wolfes!
    »Es wäre unsinnig, das einem Toten zu erzählen«, sagte der Mörder ruhig.
    ***
    Yann-Daq Plouder fand nur wenig Schlaf. Jedesmal, wenn er einnickte, war da wieder dieser unheimliche, bedrohliche Alptraum, der ihn als Wolf im menschenmordenden Rudel laufen ließ. Auch diesmal stand er zwischendurch auf und sah nach dem Mond, und in der Ferne hörte er das Heulen der Wölfe. Sie riefen nach ihm, die grauen Gesellen. Im Halbschlaf wankte er zurück in sein Bett und wußte kaum noch Wirklichkeit von Alptraum zu unterscheiden. Einmal glaubte er auch die Stimme eines Menschen zu hören, die seinen Namen rief, aber er konnte nicht sagen, ob es die Stimme eines Mannes oder einer Frau war, und er dachte an Mireille Larchant. Seine Traumbilder gerieten in Unordnung; er sah Mireille als zähnefletschenden Wolf und dann wieder als hilfloses Opfer. Und hinter ihr stand ein hochgewachsener Mann im grauen Mantel, der sich auf einen langen Hirtenstab stützte. Tief und schwarz lagen seine Augen in den Höhlen. Das Rudel sammelte sich um ihn, und einer der Wölfe zeigte ihm die blutige Schnauze.
    Für eine Weile sah der schmale, große Mann ihn nachdenklich an, dann wandte er sich ab. Der Wolf gab ein enttäuschtes Winseln von sich. »Nein, meneur des loups«, stöhnte Plouder im Schlaf. »Geh nicht, ohne mir gesagt zu haben, was du mir sagen willst!« Doch der Mann mit dem Hirtenstab machte eine rasche, herrische Handbewegung, und das Winseln des Wolfes verstummte wieder.
    Der meneur des loups machte einige Schritte und verschwand in einem grauen Nebel. Das Wolfsrudel entfernte und zerstreute sich, wie es das immer tat, wenn eine Nacht vorüber war.
    Irgendwann in den Morgenstunden erwachte Yann-Daq Plouder, war müde und zerschlagen, und ahnte nicht, was geschehen war.
    ***
    Zamorra erwachte; er spürte Druck auf seiner Brust. Die Decke fehlte; statt dessen lag Nicole schräg über ihn gekuschelt. Zamorra lächelte; ganz sanft strich er mit den Fingerkuppen vom Nacken über ihre nackte Haut den Rücken abwärts. Sie gab wohlige Laute von sich und bewegte sich ein wenig, bis seine Finger tief genug vorgedrungen waren. »Nicht schon wieder, du Wüstling«, murmelte sie im Halbschlaf und rollte sich träge zur Seite. Zamorras Finger fanden jetzt auf ihrem Bauch ein neues Betätigungsfeld.
    »Nun laß das doch, Monsieur glouton«, protestierte sie wenig glaubhaft. »Ich bin noch immer fix und fertig, und du müßtest es auch sein.« Sie öffnete die Augen einen schmalen Spalt und sah »Herrn Nimmersatt« ebenso vorwurfs- wie erwartungsvoll an.
    Er erinnerte sich. Trotz der vorangegangen Nacht im Château Montagne hatten sie noch eine Menge nachzuholen gehabt. Durch die Spalten der Klappläden vor dem Fenster drang Tageslicht, und jetzt erkannte Zamorra auch, daß nicht Nicoles Gewicht ihn

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