0495 - Im Zuchthaus hört die Liebe auf
und nach Cape May fahren. Nächste Anweisung folgt.«
»Das betrifft Sandy und Lock!« rief ich aus. »Daher der eingezeichnete Kreis auf der Karte. Die Gangster handelten nach einem ausgeklügelten Zeitplan. Von dort aus starten sie um 15 Uhr 10 und wären etwa nach anderthalb Stunden in Wildwood.«
Auf der großen Wandkarte verfolgte ich mit dem Finger den Seeweg. »Hier soll Gracie abgesetzt werden, dann ginge es weiter nach Cape May; ungefähr um fünf Uhr nachmittags wären sie da.«
»Du vergißt eines«, sagte Phil, »Sandy ist entkommen. Durch ihn wird der Boß längst wissen, daß wir das Boot und das Funkgerät geschnappt haben. Es ist kaum anzunehmen, daß der Kopf des Ganzen uns bereitwillig seinen Schlachtplan durch den Äther funkt.«
»Es könnte eine Falle sein«, stimmte ich zu. »Aber genausogut kann Sandy auf dem Grund des Meeres schwimmen, und der Boß hält uns tatsächlich für seine Werkzeuge.«
»Hypothesen«, brummte Phil. »Läßt sich denn nicht feststellen, wo das zweite Funkgerät steht?«
»Nur während es sendet«, sagte Joe bedauernd und schob sich ein neues Stück Kaugummi zwischen die Zähne. »Probieren wir es noch einmal.«
Sooft wir auch die Ruftaste drückten, der zweite Sender blieb stumm. Die einzige Spur, die wir inzwischen hatten, war also Cape May. Klar, daß wir um fünf Uhr dort sein würden, mitsamt dem Funkgerät.
Doch wonach sollten wir suchen? Den Kutter bekamen wir kaum wieder flott, und sollte der Boß dort warten, mußte er mißtrauisch werden, wenn wir uns zwar über Funk meldeten, aber kein Kahn weit und breit zu sehen war.
»Lock könnte uns helfen«, sagte Phil und hatte den gleichen Gedanken wie ich. »Sagen wir ihm guten Morgen und veranstalten wir ein kleines Quiz mit ihm. Vielleicht weiß er alle Antworten.« Joe Beekman versprach uns, bis um drei Uhr eine komplette Peilanlage stehen zu haben, mit der wir den Sender feststellen konnten, falls er noch einmal antworten würde.
Wir fuhren zum Untersuchungsgefängnis und ließen uns eine Sprecherlaubnis für Lock Haven geben. Mit teilnahmslosem Gesicht wurde der Häftling in die Sprechzelle gebracht. Zwei Wachtmeister nahmen neben der Tür Aufstellung, während wir vergeblich versuchten, ihm auch nur ein einziges Wort zu entlocken, geschweige, die Antworten auf unsere Preisfragen.
Lock blieb stumm wie ein Fisch. Er sah uns kaum an, studierte angelegentlich das Deckenmuster und ließ alle Fragen wie Regentropfen abprallen. Achselzuckend gaben wir es nach wenigen Minuten auf.
»Er scheint sich sicher zu fühlen«, brummte Phil, während wir zum Direktor gingen. »Vielleicht hofft er auf Hilfe von Sandy oder seinem Chef.«
»Es könnte leicht das gleiche passieren, wie bei Gus Callicoon«, argwöhnte ich. »Wir werden Vorsichtsmaßnahmen ergreifen.«
Der Direktor war freundlich und optimistisch. Obwohl er innerlich überzeugt davon war, bei ihm könne niemals ein Mord in der Zelle passieren, versprach er uns trotzdem, niemanden zu Haven zu lassen. Er sollte bewacht werden wie der Goldschatz der Regierung in Fort Knox.
Als nächstes begab ich mich zur Wasserschutzpolizei, um festzustellen, wem der gestrandete Kutter gehörte. Phil war indessen zur City Police gefahren, um dort einige Informationen zu besorgen.
Es dauerte einige Zeit, bis ich den Beamten vom Archiv gefunden hatte,-der die Zulassungsbücher durchging. Schließlich stellten wir gemeinsam fest: Der Kahn war herrenlos! Der letzte Besitzer war vor drei Monaten gestorben, Erben hatten sich nicht gemeldet, und der Stadtverwaltung war der einsam ankernde Kahn bis jetzt nicht aufgefallen.
»Da muß einer eine verdammt gute Nase gehabt haben«, sagte der Beamte achselzuckend. »Auf jeden Fall wird der Kutter erst mal beschlagnahmt.«
Ich gab ihm den Tip, nach dem verschwundenen Betrag zu suchen und das Geld an das FBI New York zu schicken, wenn es gefunden werden sollte. Er versprach es, und ich ging.
Bis zum nächsten Treffpunkt der Gangster hatte ich noch ein paar Stunden Zeit und verfolgte daher eine spontane Idee, die mir gerade gekommen war.
***
Sandy Hook erwachte gähnend in dem billigen Hafenhotel, wo er sich als Sergeant Hawley von der US-Airforce eingemietet hatte. Er überlegte ein paar Minuten. Dann fiel ihm die fröhliche Zechnacht wieder ein. Er wendete den Köpf und blickte auf das leere Kopfkissen neben sich.
Plötzlich war er hellwach und sprang aus dem Bett. Mit einem Satz war er bei seiner Hose und fischte in den
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