0496 - Sein Hobby war die Mord-AG
durch Brooklyn. Es dämmerte schon. Die ersten Leuchtreklamen flammten auf. Es war genau die richtige Beleuchtung, um einem Wagen unbemerkt zu folgen. Gina Hopkins dachte wohl gar nicht an diese Möglichkeit. Sie wandte nicht ein einziges Mal den Kopf.
Das Taxi hielt in der Nähe des Cunningham Parks. Die junge Frau stieg aus und zahlte. Steve fuhr langsam an dem Taxi vorbei, stoppte, stieg aus und sah gerade noch, wie die junge Frau um eine Straßenecke bog. Steve folgte ihr mit erhöhtem Tempo, um sie nicht aus den Augen zu verlieren.
Gina Hopkins sah nicht aus wie eine trauernde Witwe. Sie trug ein schickgearbeitetes Kostüm und eine große Ledertasche. Die Pumps waren hochelegant. Das Ganze hatte sicherlich mehr als 300 Dollar gekostet.
In den Bewegungen der gutgewachsenen Frau lag eine roboterhafte Entschlossenheit. Sie blickte weder nach links noch nach rechts. Sie strebte rasch und unbeirrbar einem festen Ziel zu.
Die Straße war schmal und wirkte ziemlich heruntergekommen. Um die Jahrhundertwende mochten die mit Stuck überladenen Einfamilienhäuser einen guten Eindruck gemacht haben. Jetzt waren sie nur noch Karikaturen ihrer selbst. Sie boten im Durchschnitt drei bis vier Familien Platz.
Gina Hopkins stoppte vor dem Haus. Sie klapperte mit ihren hohen Absätzen die ausgetretene Steintreppe hinauf und verschwand im Dunkel des Hauseingangs.
Steve zögerte. Dann schaute er sich die Namen an den im Hausflur hängenden Briefkästen an. Einen davon kannte er. Vor seinem inneren Augen erschien ein bulliger Gorilla.
Der Träger des Namens wohnte im Erdgeschoß.
Er hieß Freddy Winston.
***
»Hallo, Gina!« sagte Freddy Winston verblüfft. Er blockierte mit seiner massigen Gestalt den Eingang. »Was verschafft mir die Ehre deines Besuchs?«
»Ich muß dich sprechen, Freddy!«
»Du hast Glück, ich bin gerade nach Hause gekommen«, sagte Winston. Er trat zur Seite. »Wirklich ein Jammer um Larry«, fuhr er fort und durchquerte die Diele, um die Wohnzimmertür zu öffnen. »Er war ein feiner Kerl.«
»Wer hat ihn getötet?« fragte Gina, als sie die Wohnzimmerschwelle überschritt.
Winston setzte sich an den Tisch. Vor ihm lag das junggesellenhaft provisorisch zubereitete Abendessen, das meiste davon auf dem Papier, in dem er es mitgebracht hatte. Winston nahm einen Schluck Bier aus der Flache.
»Wie du siehst, bin ich gerade beim Essen. Sehr formell geht es dabei nicht zu. Sonst würde ich dich fragen, ob du einen Happen mithaben möchtest.«
»Freddy, ich habe dich etwas gefragt!«
»Willst du dich nicht setzen?« Winston säbelte sich eine Scheibe Brot ab und begann, sie mit Butter zu bestreichen.
»Wer hat Larry ermordet?«
»Ermordet, wie sich das anhört!« meinte Freddy kopfschüttelnd. Er legte sich zwei dicke Scheiben Schinken aufs Brot und schüttete etwas Ketchup darüber. »Niemand hat ihn ermordet. Es war eine Panne, Gina, das darfst du mir glauben.«
»Wer hat es getan? Nun sag schon!« Winston lehnte sich zurück und kaute gründlich. Er ließ sich Zeit mit der Antwort. Zwischendurch nahm er wieder einen Schluck aus der Flasche. Gina wartete.
»Wer hat es getan, wer hat es getan!« sagte Winston schließlich ärgerlich. »Das spielt doch gar keine Rolle! In gewisser Hinsicht war es ein Unfall. Larry hat ihn selber verschuldet. Er wollte den Boß reinlegen.«
»Larry wäre so etwas nie eingefallen! Das weiß ich genau!«
»Hast du eine Ahnung, Gina, wozu er fähig war!« höhnte Winston.
»Ich kenne ihn besser als du! Wer war es? Wer hat ihn umgebracht?«
»Nun mach mal ’n Punkt!« begehrte Winston auf. »Ich möchte in Ruhe zu Abend essen! Selbst wenn ich wüßte, wem das Malheur passiert ist, würde ich keinen Namen nennen. Der Betreffende kann nichts dafür, daß die Geschichte so ausgegangen ist. Sei froh, daß der Alte dir eine Rente zahlen will! Wenn du anfangen solltest, herumzuschnüffeln und Stunk zu machen, kannst du sein Angebot ruhig vergessen!«
»Ich pfeife auf das Blutgeld«, sagte Gina Hopkins. »Du warst dabei, stimmt’s?«
Winston riß den Kopf herum. Seine Augen wurden schmal. »Wer hat dir das erzählt?«
»Ich kenne die Rolle, die du im Syndikat spielst. Zusammen mit Allan Hunter erledigst du die Dreckarbeiten. Ihr seid die Schläger vom Dienst!«
»Du bist gut orientiert!« höhnte Winston. »Dein Larry scheint viel gequatscht zu haben. Nun muß man ja beinahe zufrieden sein, daß er seine Klappe nicht mehr auf reißen kann. Warum kommst du übrigens
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