0496 - Sein Hobby war die Mord-AG
einwandfrei geklappt hätte, wollte Minetti ganz groß ins Geschäft einsteigen. Er hatte geplant…«
Plötzlich ging das Licht aus. Fuller verstummte.
Ich wußte, was geschehen war. Minetti hatte einen letzten Versuch unternommen, der Situation eine dramatische Wendung zu geben. Er war in den Keller gegangen und hatte die Hauptsicherung herausgeschraubt.
Ich spürte förmlich das Knistern der Spannung, die sich sofort ausbreitete. Fuller war ein Mann, der alles zu gewinnen und nichts zu verlieren hatte. Es war klar, daß er seine letzte Chance nutzen würde.
»Rühren Sie sich ja nicht vom Fleck!« warnte ich ihn.
Ich hörte ein leises, kaum wahrnehmbares Geräusch. Er antwortete nicht, um seinen Standort nicht preiszugeben. Um ihm den Fluchtweg abzuschneiden, huschte ich zur Tür. Dabei prallte ich mit ihm zusammen. Er ließ einen wilden Schwinger los und traf mich ziemlich hart am Kinn. Im nächsten Moment hatte er meine rechte Hand erwischt. Er versuchte, mir den Revolver zu entwinden.
Mit einem Judogriff wehrte ich ihn ab. Er wich zurück. Ich hörte ihn schwer atmend durch das Zimmer tappen. Ein Stuhl fiel um. Fuller fluchte. Dann hörte ich das Klirren von Glas. Es war klar, daß sich Fuller am Barschrank zu schaffen machte. Vermutlich angelte er sich eine Flasche aus dem Fach, um eine wirkungsvolle Waffe in der Hand zu haben.
Meine Augen gewöhnten sich rasch an das Dunkel. Durch die Fenstervorhänge sickerte das diffuse Licht einiger naher Neonbeleuchtungen. Meine Blicke vermochten die dunklen Ecken und Winkel des Zimmers nicht zu durchdringen. Aber ich sah Fuller.
Er beging den Fehler, nicht an die hinter ihm liegenden Fenster zu denken. Vor den beiden großen Rechtecken zeichneten sich die Konturen seines Körpers deutlich ab. Er hielt eine Flasche in der erhobenen Hand.
Ich hechtete auf ihn zu und setzte ihm die Faust auf den Solarplexus. Die Flasche krachte auf meine Schulter, aber in dem Schlag war keine rechte Kraft. Fuller stürzte zu Boden. Ich nahm das Feuerzeug aus dem Anzug und ließ die kleine Flamme aufleuchten. Auf dem Klubtisch stand ein Kerzenleuchter. Ich brannte die Kerze an.
Im Haus wurden Stimmen laut. Ich rückte den Leuchter an den Tischrand und behielt Fuller scharf im Auge.
Ich setzte mich und wartete.
Fuller blieb auf dem Boden liegen. Er hatte beide Hände in die Magengrube gepreßt und stöhnte leise. Das wichtigste Mitglied der Mord-AG war bereits erledigt, kaum daß sie ihre todbringende Tätigkeit aufgenommen hatten. Der Kopf der Verbrecherfirma aber war noch frei.
Fuller hatte das Ende seines Lebensweges fast schon erreicht. Auf ihn wartete Lebenslänglich, das war schlimmer als der Tod. Wer oder was hatte ihn auf diese abschüssige Bahn gestoßen? Was hatte ihn bewogen, sich ohne Gewissensbisse über Recht und Gesetz hinwegzusetzen? Was bewegte einen Mann seines Kalibers, wenn er menschliches Leben antastete oder sogar vernichtete? Wenn er einer geheimen Mord-AG beitrat?
Ähnliche Gedanken galten Lester Minetti. Er hatte das Geschäft mit den Morden gleichsam als Hobby angesehen. Ein Übermaß an Geldgier, Eifersucht, Triebhaftigkeit und Ehrgeiz waren die Erklärungen für seine Verbrechen. Vermutlich war er ein gemeingefährlicher Psychopath.
Wie oft hatte ich mir diese Fragen in ähnlichen Situationen gestellt. Wann würden die Menschen lernen, daß Gesetze nicht etwa nur leere Phrasen enthalten und daß man sie nicht ungestraft verletzen darf?
Das Licht ging wieder an.
Der Hausmeister hatte anscheinend prompt reagiert.
»Warum sehen Sie mich so an?« fragte Fuller matt. »Es war meine letzte Chance!«
»Sie hatten tausend andere«, sagte ich. »Gute Chancen. Ehrliche Chancen. Warum haben Sie sie nicht genutzt?«
»Ich hatte nie eine gute Chance!« behauptete er. »Ich bin vom Leben immer nur herumgeschubst worden. Das macht einen hart. Schließlich lernte ich, mir vom Leben zu nehmen, was ich brauchte.«
»Es ist leicht, die Schuld auf die anderen oder auf die Umgebung zu schieben«, sagte ich. »Aber es ist falsch. Es stimmt zwar, daß wir alle mit sehr unterschiedlichen Startbedingungen auf das Leben losgelassen werden. Doch es liegt an jedem einzelnen, wie er sein Rennen gestaltet. Es ist eine sehr lange Distanz. Auf einer solchen Strecke ist alles drin. Da zählt weder ein großer Vorsprung noch die bessere oder schlechtere Ausrüstung. Man kann praktisch alles wettmachen. Man darf nur nicht immer bloß mit faulen Tricks arbeiten. Vor allem muß
Weitere Kostenlose Bücher