05 - Der Kardinal im Kreml
so gut bezahlt. Ich -»
Die Unterhaltung wurde kurz unterbrochen. Das U-Boot setzte mit
knisterndem Rumpf auf dem Grund auf und bekam leichte Schlagseite.
Mancuso warf einen Blick auf den Kaffee in seiner Tasse und schätzte sie
auf sechs bis sieben Grad. Im Gesicht des U-Fahrers war keine Reaktion
zu erkennen, obwohl er ein solches Manöver noch nie durchgeführt
hatte, jedenfalls nicht mit dem für derartige Eskapaden nicht ausgelegten
Dallas.
Die US Navy verfügte über U-Boote, die eigens für solche Missionen gebaut waren. Insider erkannten sie an bestimmten Fittings am Rumpf.
«Wie lange das wohl dauern wird?» fragte Mancuso mit einem Blick zur Decke.
«Mag sein, daß sich überhaupt nichts tut», meinte Clark. «Praktisch die Hälfte dieser Operationen wird wieder abgeblasen. Einmal mußte ich sogar... warten Sie, zwölf Tage lang herumsitzen. Kam mir wie eine Ewigkeit vor. Und dann war alles umsonst.»
«Dürfen Sie sagen, wie oft Sie das schon gemacht haben?» fragte Ramius.
«Leider nicht, Sir.» Clark schüttelte den Kopf.
«Als Junge war ich hier oft angeln», sagte Ramius versonnen. «Wir ahnten nicht, daß ihr Amerikaner hier ebenfalls fischt.»
«Verrückte Welt», stimmte Clark zu. «Gibt's hier was zu fangen?»
«Im Sommer Mengen. Der alte Sascha nahm mich auf seinem Boot mit hinaus. Von ihm lernte ich das Seemannshandwerk.»
«Wie sieht es mit Patrouillen aus?» fragte Mancuso und kam wieder zur Sache.
«Es wird eine niedrige Bereitschaftsstufe herrschen. Da Sie Diplomaten in Moskau haben, ist die Kriegsgefahr gering. Überwasserschiffe, die hier patrouillieren, sind meist vom KGB und haben die Aufgabe, die Küste vor Schmugglern und Spionen zu schützen. Wie Sie.» Ramius wies auf Clark. «Gegen U-Boote nützen sie nicht viel, doch auf diesem Gebiet wurde etwas unternommen, als ich das Land verließ. Bei der Nordflotte und, wie ich höre, auch bei der Ostseeflotte hielt man mehr U-JagdÜbungen ab. Hier aber lassen sich U-Boote nur schwer orten. Süßwasser aus den Flüssen und das Eis an der Oberfläche führen zu ungünstigen Sonarbedingungen.»
Das hört man gern, dachte Mancuso. Auf seinem Boot herrschte ein erhöhter Bereitschaftsgrad. Alle Sonargeräte waren voll bemannt. Er konnte Dallas binnen zwei Minuten in Bewegung setzen, und das sollte gut reichen.
Gerasimow saß allein in seinem Arbeitszimmer und brütete. Daß er über seinen Untergang nachdachte, sah man ihm erstaunlicherweise nicht an.
Der Vorsitzende des Staatssicherheitskomitees schätzte seine Lage so gründlich und leidenschaftslos ein wie jedes andere Problem, das ihm im Dienste unterkam. Roter Oktober. Damit hatte alles seinen Anfang genommen. Er hatte den Zwischenfall mit dem strategischen U-Boot zu seinem Vorteil genutzt, Admiral Gorschkow erst beeinflußt und sich dann seiner entledigt; er hatte mit seiner Hilfe auch die Position seines Dritten Direktorats gestärkt.
Das Militär hatte begonnen, eigene Sicherheitsmaßnahmen zu ergreifen - aber Gerasimow hatte das Politbüro anhand von Meldungen des Agenten Cassius überzeugt, daß nur das KGB die Loyalität und Sicherheit der sowjetischen Streitkräfte sichern konnte. Damit hatte er sich viele Feinde gemacht. Er hatte auch, wieder über Agent Cassius, die Versenkung von Roter Oktober gemeldet. Von Cassius war der Bericht von einem Strafverfahren gegen Ryan gekommen, und...
Und ich bin in die Falle getappt!
Wie sollte er das dem Politbüro erklären? Einer seiner besten Agenten war umgedreht worden - aber wann ? Diese Frage würde man ihm stellen, eine Antwort wußte er nicht; das würde alle Meldungen von Cassius suspekt machen.
Er hatte fälschlich gemeldet, die Besatzung von Roter Oktober sei nicht übergelaufen, und war auf den Irrtum nicht aufmerksam geworden. Die Amerikaner hatten ohne Wissen des KGB einen Geheimdienstcoup gelandet. Daß auch GRU nichts ahnte, war nur ein schwacher Trost.
Außerdem hatte er eine grundlegende Änderung der amerikanischen Verhandlungsposition gemeldet. Auch das war eine Ente gewesen.
Gerasimow fragte sich, ob er alle drei Enthüllungen gleichzeitig überstehen konnte.
Wohl kaum.
Früher wäre ihm der Tod sicher gewesen, und das hätte ihm die Entscheidung erleichtert. Niemand, der bei Sinnen ist, wählt freiwillig den Tod, und Gerasimow wurde von eiskalter Vernunft motiviert. Nun aber drohte ihm nicht die Hinrichtung, sondern die Abschiebung auf einen unbedeutenden Verwaltungsposten. Mehr als Zugang zu ordentlichen
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