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05 - Spiel der Intrigen

05 - Spiel der Intrigen

Titel: 05 - Spiel der Intrigen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Chesney
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weißem
Musselin mit hohem Rüschenkragen und drei üppigen Spitzenvolants am Saum. Die
Ärmel waren lang und eng und liefen am Handgelenk spitz zu. Sie frisierte ihr
Haar ä la Angélique und fand dann, dass sie der Mittelscheitel zu streng
machte. Sie hatte Naturlocken, aber sie erhitzte die Brennschere und versuchte,
ihr Haar noch lockiger zu machen. Die Locken fielen ihr über die Augen und den
Rücken hinunter, ließen sich jedoch nicht zu einer modischen Frisur drehen.
Die Arme schmerzten ihr schon von der Anstrengung, ihre Haare zu bändigen.
    Von der Straße drangen Stimmen
herauf, und sie trat ans Fenster, um hinunterzuschauen.
    Lizzie, das Küchenmädchen, stand auf
einen Besen gestützt da und unterhielt sich mit einem hochgewachsenen Lakaien.
Emily erkannte in ihm den Lakaien von nebenan.
    Er sah sehr gut aus, und Lizzie sah
jung, hübsch und sorglos aus.
    Emilys Herz machte ein paar harte
Schläge. Was wäre, wenn sie in ihrer Stellung als Dienstmagd geblieben wäre?
Vielleicht würde sie jetzt auch so da stehen und die schmeichelhaften
Komplimente eines Lakaien entgegennehmen. In diesem Moment beneidete Emily
Lizzie von ganzem Herzen.
    Als ob sie ihren Blick spüren würde,
schaute Lizzie hinauf, sagte etwas zu Luke, der lächelte und wegging, und
begann dann den Gehsteig vor dem Haus zu kehren.
    Es muss wundervoll sein, dachte
Lizzie, eine Lady wie Miss Emily zu sein — und sie ist eine Lady, ich gebe
nichts auf Mr. Rainbirds Worte —, so dass sich ein schöner Mann in einen verlieben
und einen heiraten kann, einfach nur so.
    Lizzie hatte endlich versprochen,
mit Luke spazierenzugehen. Sie mochte Luke nicht, aber sein Interesse tat ihr
gut. Zu oft hatte Joseph die arme Lizzie von oben herab behandelt, weil sie nur
ein Küchenmädchen war. Es war wunderbar, Joseph beweisen zu können, dass sie
sogar auf einen ersten Lakaien anziehend wirkte, der doch in der Rangordnung
der Diener um einiges über einem gemieteten gewöhnlichen Lakaien, wie Joseph
einer war, stand. Die Diener hatten an diesem Morgen beim Frühstück wieder über
ihr Gasthaus gesprochen, und wieder einmal hatte Lizzie den Eindruck, dass man
von ihr nur erwartete, dass sie weiterhin in der Küche arbeitete. Aber man
schien auch zu erwarten, obwohl es nicht direkt ausgesprochen wurde, dass sie
dann Joseph heiratete. Noch vor ganz kurzer Zeit hätte diese Vorstellung Lizzie
in den siebten Himmel versetzt. Aber Luke hatte ihr den Kopf verdreht, und
jetzt hatte sie das Gefühl, dass sie einen besseren Mann als Joseph verdiente.
Der Traum von Joseph, der am Abend vom Feld nach Hause kam, war ungeheuer dumm
gewesen. Joseph würde niemals etwas machen, was seine weißen Hände beschmutzen
könnte. Er trug sogar Handschuhe, wenn er das Silber putzte, und am Abend saß er oft da und polierte und manikürte seine
Nägel mit der gleichen Hingabe, mit der sich der Küchenkater das Fell leckte.
    Lizzies
Gedanken wandten sich wieder Luke zu. Er sah wirklich sehr gut aus, und er
sagte ihr immer, dass sie hübsch sei. Dass Luke sich in der Vergangenheit schon öfter als niederträchtig
erwiesen hatte, daran dachte Lizzie nicht mehr. Sie war bestimmt das einzige
Küchenmädchen in ganz London, für das sich ein erster Lakai ernsthaft
interessierte. Gewöhnlich ließen sich erste Lakaien nicht so weit herab.
    Luke hatte
gesagt, sie solle Rainbird um die Erlaubnis bitten, heute abend mit ihm eine
Stunde lang spazierenzugehen. Lizzie wußte, dass der Butler Luke nicht mochte,
aber sie wußte auch, dass er es ihr erlauben würde, und sei es nur, um Joseph
zu ärgern.
    Derselbe
Ehrgeiz, der Emily antrieb, befeuerte auch Lizzie. Sie kehrte den Gehsteig mit
einem letzten energischen Besenstrich und bekam dann einen Hustenanfall. Der
Straßenkehrer hatte ein Häufchen Staub liegenlassen, und es wirbelte jetzt auf
und bedeckte ihr Kleid mit feiner weißer Asche und beschmutzte ihre Schuhe.
    Lizzie seufzte und ging nach unten,
um sich zu säubern.
    »Du hast wohl ein Gespenst gesehen?«
spottete Joseph. »Du bist ja ganz weiß.«
    Lizzie preßte die Lippen aufeinander
und warf ihm einen ärgerlichen Blick zu, bevor sie sich an die Wasserpumpe
begab. »Es ist Freitag«, rief ihr Joseph nach.
    An Freitagen
wurde in die Londoner Häuser kein Wasser gepumpt. Lizzie schlug die Tür zur
Spülküche zu und zog ihr schmutziges Kleid aus. Sie wollte einen der
Wassereimer benutzen, die am Tag vorher zum Geschirrspülen vollgepumpt worden
waren.
    Sie hörte, wie
sich auf der

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