05 - Spiel der Intrigen
»Erinnern Sie sich, als Joseph das Geld
genommen hat und alles auf ein Pferd gesetzt und alles verloren hat?«
»Joseph. Der Waschlappen!«
»Ich habe gedacht, er ist ein Freund
von Ihnen. Jedenfalls ist er ein Freund von mir, und ich mag es nicht, wenn Sie
ihn schlecht machen!«
»Er ist auch ein Freund von mir,
Lizzie, aber komm, du musst doch zugeben, dass er nicht besonders gescheit ist.
Die Stute wird gewinnen, weil ich es von Hampshires Kammerdiener weiß.«
»Wie viel setzen Sie darauf?«
»Fünf Shilling. Lach nicht. Das ist
alles, was ich habe.« »Sie würden mir das Geld nie geben«, sagte Lizzie. »Sie
würden mich auslachen.«
»Dann sagst du es ihnen eben nicht!
Stell dir ihre Gesichter vor, wenn du reinkommst und wirfst das Geld auf den
Tisch.«
Es war ein wunderbarer Traum, aber
Lizzie schüttelte den Kopf.
»Siehst du, Lizzie«, sagte Luke
ernst, »der Grund, warum ich dich frage, ist folgender. Du gefällst mir, ich
kann nichts dafür,
es ist nun einmal so. Dein Anteil an
dem Gewinn würde reichen, damit wir heiraten können und uns selbständig
machen. Wir könnten ein kleines Häuschen auf dem Land kaufen, ein bisschen
Grund und Boden, und du würdest im Haus und ich auf dem Feld arbeiten.«
Während er ihr zuredete, legte er
ihr wieder den Arm um die Taille. Lizzie schloss die Augen und lehnte sich an
ihn. Es war
genau der Traum, den sie von sich
und Joseph geträumt hatte. Aber Luke war nicht Joseph. Er war hochgewachsen und
stark und ungeheuer männlich. Sie sah ein hübsches kleines Häuschen, einen
Garten voller Blumen, und jetzt war es Luke, der die Dorfstraße entlang auf sie
zukam, und nicht Joseph.
»Ich könnte es nicht tun«, flüsterte
sie. »Es wäre Diebstahl.«
Luke legte die Hand unter ihr Kinn,
hob ihr Gesicht und küsste sie sanft auf den Mund. Ein leidenschaftlicher Kuss
hätte
Lizzie erschreckt, aber Lukes
sanfter Kuss war herzlich und beruhigend. Ein erster Lakai macht mir einen
Heiratsantrag, dachte Lizzie schwindlig.
Dann fiel ihr ein, dass Luke Alice
auch schon einmal den Hof gemacht hatte und wie ihr Luke einmal den Arm so
umgedreht hatte, dass sich ein Bluterguss bildete.
»Sie waren einmal hinter Alice her«,
sagte Lizzie und trat zurück.
»Alice ist nicht die Sorte Mädchen,
die man heiratet«, sagte Luke verächtlich. »Hör zu, ich will dir was von dem
Häuschen erzählen, in dem wir wohnen werden ...«
Er begann lange und ernsthaft zu
reden und unterbrach sich nur von Zeit zu Zeit, um Lizzie zu küssen und ihr
über das Haar zu streichen. Geblendet, geschmeichelt, glücklich, erfreut und zum
erstenmal in ihrem Leben von Eitelkeit gepackt, hörte ihm Lizzie zu, und je
mehr er sprach und je mehr er sie küsste und zärtlich streichelte, desto mehr
verhärtete Lizzie ihr Herz gegen ihre »Familie« — die anderen Diener. Sie
hatten sie auf einer feuchten Matratze auf dem Boden der Spülküche schlafen lassen,
und ihre Lage hatte sich erst gebessert, als sie krank geworden war und eine
der früheren Mieterinnen darauf bestanden hatte, dass sie eine saubere Liege
haben müsse. Als sie einmal beinahe alle für den Diebstahl eines Rehs ins
Gefängnis gekommen wären und sie die anderen dadurch gerettet hatte, dass sie
sich die Pulsadern aufschnitt, damit man glaubte, das Blut auf der Außentreppe
sei ihres und nicht das des gestohlenen Wilds, hatten sie überhaupt nichts
unternommen, um es ihr ein bisschen leichter zu machen. Sie waren zwar während
ihrer Genesung nett, aber danach hatten sie ihr, genau wie vorher, die
niedrigsten Arbeiten aufgebürdet.
Es wurde allmählich dunkel. Als sie
Rainbird »Lizzie! Lizzie!« rufen hörten, waren sie und Luke zu Verschwörern
geworden.
Mr. Percival Pardon war nach langer
Abwesenheit wieder einmal in London. Er war schlecht bei Kasse und konnte
nicht in großem Stil einladen, wie er es gerne getan hätte, aber er hatte seine
alten Freundinnen, Mrs. Plumtree und Mrs. Giles-Denton samt ihren Töchtern,
Bessie und Harriet, wenigstens zum Tee eingeladen. Er genoss den Klatsch in
vollen Zügen wie ein Verdurstender, der lange Zeit ohne Wasser war.
»Und so«, sagte Mrs. Giles-Denton,
nachdem sie sich des langen und breiten genüsslich über die neuesten Skandale
ausgelassen hatte, »waren wir ganz schön beschäftigt. Ach, aber ich habe ja
ganz vergessen, Ihnen zu erzählen, dass wir uns haben breitschlagen lassen,
die lieben Mädchen in dieses verfluchte Haus in der Clarges Street gehen zu
lassen.«
»Ach
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