050 - Das Kind der Hexe
legte sich aufs Bett, legte die Hände wie schützend auf ihren Leib und schloss die Augen. Aber sie schlief nicht. Sie konzentrierte sich auf die Gedanken ihres Kindes … Diesmal jedoch gelang es ihr nicht, sie zu erreichen. Es gab zu viele störende Einflüsse. Das ganze Gebäude stand unter magischen Spannungen. Die Atmosphäre war vergiftet von der Ausstrahlung des Bösen.
Coco fühlte sich beobachtet.
Sie durfte sich nicht so sorglos geben, sonst würden die Dämonen Verdacht schöpfen. Olivaro war alles andere als ein Narr. Er würde in jedem Fall damit rechnen, dass Coco Schutzmaßnahmen ergriff. Und deshalb durfte sie ihn nicht enttäuschen. Coco erhob sich und öffnete ihre Reisetasche. Sie holte ein Kruzifix hervor und vertauschte es mit einem Landschaftsbild, das über ihrem Bett hing. Dann streifte sie ein silbernes Armband über ihr Handgelenk, das aus lauter kleinen Drudenfüßen bestand. Und sie hängte sich einen Rosenkranz um den Hals. Diese Reliquien hatten keine große Wirkung. Man konnte Dämonen mit ihnen nur kurze Zeit abwehren. Die Dämonen mussten sich nun sicherer als zuvor fühlen. Sie gingen davon aus, dass Coco zwar mit irgendeinem magischen Zauber rechnete, aber nicht wusste, dass die ganze Geburtsstation von Dämonensklaven besetzt war. Coco entkleidete sich vor dem Spiegel und betrachtete ihren vorgewölbten Leib. Sie konnte sich vorstellen, wie dieser Anblick die Dämonen zur Raserei brachte. Nachdem sie sich lange genug den unsichtbaren Blicken zur Schau gestellt hatte, schlüpfte sie in ihr Nachthemd, ließ die Rollläden vor den Fenstern herunter und legte sich ins Bett. Wieder stellte sie sich schlafend und versuchte, mit ihrem Kind in Gedankenkontakt zu treten. Aber so sehr sie sich auch anstrengte, sie konnte die Gedanken des Kindes nicht erfassen.
Es gab zu viele fremdartige Einflüsse. Es lag ein Knistern in der Luft, als käme es ständig zu elektrischen Entladungen. Ein Raunen und Wispern war zu hören, das immer stärker und eindringlicher wurde. Coco öffnete scheinbar ihren Geist für diese Einflüsse. Die Stimmen wurden immer deutlicher. Sie schienen aus den angrenzenden Zimmern durch die Wände zu dringen. Das Böse begann sich zu manifestieren …
»Schlafe tief, im Namen des Magus … Schlafe traumlos und fest, entspannt und mit offenem Geist. Magus ist bei dir …« Eine grazile Hand schwebte durch die Luft, mit Fingern wie Schlangen. Die Hand entzündete die schwarzen Kerzen, die an der Wand standen. In der Dunkelheit erglühten fanatische Augen. Angespannte Gesichter formten sich. »Der Rauch der schwarzen Kerzen hüllt sie ein …«
Die Gesichter, die mitten in der Luft zu schweben schienen, öffneten die Münder und stießen Klagelaute aus. Zungen schossen hervor, gierig gereckte Zungen, die gelblich belegt waren. Und die Schlangenfinger brachen eine schwarze Hostie aus Tierinnereien und Kräutern.
»Hier, nimm das Herz von Magus in dich auf …« Die Schlangenfinger legten die schwarze Hostie mit dem satanischen Symbol auf eine Zunge, die sofort in einem Mund verschwand. »Nimm auch du die Kraft unseres Magus in dich auf.«
Schmatzen. Keuchen. Die Gesichter tanzten in der Luft. Auf und ab. Hin und her. Auf und ab. »Hier wird das Kind geboren.«
Und der Chor wiederholte die Worte.
»Hier wird es sein. Das Kind. Wir setzen es ins Leben. Und wir nehmen es an uns. Das Kind.«
»Das Kind. Das Kind!«, echote der Chor.
»Es ist unser. Das Kind. Wir holen es und schenken es Magus. Das Kind. Das Kind. Wir nehmen es. Das Kind. Es ist unser.«
Unser, unser, unser! , hallte es schaurig nach.
»Es wird geboren. Unser Kind. Magus' Kind. So wird es geschehen. Hier wird es geboren. Für Magus geboren. Ein Geschenk für den Teufel. Geboren, um zu sterben. Das Kind …«
»Das Kind, das Kind. Das Kind! MAGUS' KIND!«
Coco wälzte sich unruhig im Bett. Sie konnte sich den Beschwörungen kaum mehr entziehen. Die schweißnassen Hände gegen ihren Leib gepresst, rollte sie sich zusammen, während die dämonische Beschwörung weiterging.
»Magus schenkt es dem Tod.« – »Es lebe der Tod!«
Cocos anfängliche Sicherheit schwand dahin. Angst bemächtigte sich ihrer. Und in den umliegenden Räumen brannten die schwarzen Kerzen. Sie brannten in die Höhe, und anstatt immer kleiner zu werden, wuchsen die schwarzen Kerzen, nahmen bizarre Formen an.
Früchte des Bösen.
Es wurde Nacht. Die Beschwörung ging weiter.
Einer der Kriminalbeamten hatte sich in den Keller
Weitere Kostenlose Bücher