050 - Monsterburg Höllenstein
andere, die als Touristen durch die
Gegend fahren, wissen nichts von uns.«
»Das ist aber schlecht.
Warum wird dies alles so vernachlässigt?«
»Ihr Onkel wollte
Einsparungen. Ich sollte, nach seinem Tod, das Anwesen in erster Linie
verwalten wie einen Privatbesitz. Um das vorhandene Barvermögen nicht allzu
sehr zu strapazieren. Der künftige neue Besitzer sollte dann entscheiden, wie
das Geld eingesetzt werden sollte.«
»Und Sie haben alle
Anweisungen Mister Paines eingehalten?«
»Ja, strikt. Mister
Paines Worte waren stets ein ungeschriebenes Gesetz auf dieser Burg. Dies war
seine Heimat, sein Land gewissermaßen… hier herrschte er wie ein König. Aus
einer Ruine hat er wieder ein lebendiges Anwesen geschaffen. Fünfundzwanzig
Jahre seines Lebens hat er ununterbrochen für den Wiederaufbau eingesetzt. Es
gibt nur noch wenige Räume, die er nicht renoviert hat und einen Turm, der neu
ausgemauert werden muß. Dieser Turm befindet sich übrigens genau in diesem
Abschnitt der Burg. Ihn fertig zu stellen, war William Joe Paine nicht mehr
vergönnt… Aber wie gesagt: über alle diese Dinge können wir uns heute
noch in Ruhe unterhalten…« Er lächelte sie freundlich an. »Machen Sie sich ein
wenig frisch… und haben Sie vor allem keine Angst mehr. Ich gehe inzwischen und
bereite Ihnen ein Frühstück. Tee? Kaffee? Was ist Ihnen lieber?«
»Kaffee, bitte…«
»Erschrecken Sie nicht,
wenn ich die Tür wieder verschließe.«
»Warum tun Sie das,
Demare?«
»Zu Ihrer eigenen
Sicherheit. Noch ist nicht ganz geklärt, warum Sie so reagierten. Niemand hier
möchte, daß Sie sich verletzen, wenn Sie wieder einen solchen Anfall bekommen.«
»Ich bekomme keine
Anfälle, Demare.«
»Ich bin gleich wieder
zurück.« Er ging zur Tür. Jessica erhob sich schnell. »Eine Frage noch,
Demare.«
»Ja?«
»Ist außer mir noch
jemand hier angekommen?«
»Wir beherbergen zur
Zeit drei weitere Gäste im Hotel, Miß Paine.«
»Das meinte ich nicht.
Ich denke an die andere Erbin. Ist sie schon in Erscheinung getreten? Eine
gewisse Ellen Maroth?«
»Nein, Miß Paine. Sie
waren zuerst hier, und ich habe von Ihrer Anwesenheit Kenntnis genommen. Sie
erhalten noch heute Schlüsselgewalt über die Burg. Ich werde Ihnen nachher
alles zeigen.«
Das hörte sich alles
sehr gut an, und ihre ehemaligen Sorgen schmolzen dahin wie der letzte Schnee
unter den ersten Strahlen der wärmenden Frühlingssonne. Demare ging und zog die
Tür hinter sich ins Schloß. Jessica Paine kleidete sich rasch aus und stellte
sich unter die Dusche. Das eiskalte Wasser tat ihr gut. Sie beeilte sich mit
ihrer Toilette, legte dezent ein leichtes Make-up auf, kämmte sich und blickte
trotz der nächtlichen und unmittelbar hinter ihr liegenden Ereignisse vergnügt
in den Spiegel. Vielleicht war gestern doch wirklich alles zuviel gewesen für
sie. Sie ging hinaus in den Raum. Demare war mit dem Kaffee noch nicht wieder
zurück. Sie warf einen Blick auf die Tür. Jessicas Augen verengten sich. Sie
sah, daß die Tür nicht ins Schloß geklappt war. Einen winzigen Spalt stand sie
offen. Walter Demare hatte vergessen, entgegen seiner Ankündigung, die Tür zu
verschließen! Jessica Paine zögerte keine Sekunde. Sie huschte hinaus in den
schummrigen Korridor, der breit und lang vor ihr lag.
●
Larry Brent und Morna
Ulbrandson beendeten um sieben Uhr ihr Frühstück und fuhren wie verabredet zum
Polizeirevier, um mit den Gesprächspartnern der vergangenen Nacht und einer
Hundertschaft den Weg zu jenem Waldstück anzutreten, wo die Geistererscheinung
Anja Garetz’, der makabre Fund und die Schüsse mit zwei Silberkugeln auf Morna
sich ereignet hatten. Von Polizeichef Eckert und Kommissar Thönessen, dem
Leiter der Mordkommission, wurden sie schon erwartet. »Ich nehme an, daß es
noch keine Neuigkeiten gibt?« sagte Larry nach der Begrüßung. »Wir bemühen uns
um schnellste Ergebnisse«, antwortete Eckert und zupfte die Krawatte zurecht.
»Unmögliches erledigen wir sofort, Wunder dauern meistens etwas länger.« Die
Mannschaft brach auf. Die Sonne zeigte sich verstohlen hinter einer dünnen
grauweißen Wolkendecke und färbte deren Ränder messinggelb. Die Luft war
angenehm frisch und kühl, aber nicht zu kalt. Der rote Lotus fuhr den
Polizeifahrzeugen voraus. Vor dem betreffenden Waldgebiet wurden die Autos
entlang der Straße geparkt. Die Hundertschaft nahm in einer langen Reihe
Aufstellung, mehrere Spürhunde verstärkten die Kette. Larry und
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