0503 - Der Stierdämon
Verschwendung von Merlins Geschenk? Aber dann schüttelte Zamorra den Kopf. Nicole gehörte zu ihm und seinem Leben, und wenn er Merlin ihretwegen aufsuchte, war das keine Verschwendung und kein Mißbrauch. Außerdem ging es auch noch um das Skelett, Cristofero und den verschwundenen Toten.
Zudem hoffte Zamorra, daß Merlin diese begrenzte Zutrittsberechtigung später erweitern würde. Zamorra begriff sowieso nicht, warum Merlin sich so abschirmte. Die Silbermond-Druiden hatten jederzeit freien Zutritt; warum nicht auch Zamorra?
Der Gnom meditierte und rechnete schon wieder. Zamorra störte ihn nicht dabei. Er ließ ihm auch das Amulett und benutzte dann das Permit. Es war ein Ring, den Merlin ihm an den Finger gesteckt hatte und der eine gewisse Ähnlichkeit mit den Zeitringen aufwies, die Zamorra in die Vergangenheit oder auch in die Zukunft tragen konnten. Man benutzte alle Ringe auf die gleiche Art; offenbar hatte Merlin schon einmal etwas von Normen gehört.
Zamorra drehte den Ring und zitierte dabei Merlins Machtspruch. »Anal natrac’h - ut vas bethat - doc’h nyell yen vvé!«
Im nächsten Moment befand er sich in Caermardhin!
***
Der alte Mann, der wieder nach Inverness gefahren war, weil ihm das Abwarten im Hotelzimmer bequemer erschien als im Auto, wartete seit Stunden auf die nächste Rückmeldung seiner Beauftragten. Die letzte Nachricht, die er gehört hatte, besagte, daß Zamorra kapituliert und mit den anderen, wie befohlen, das Castle verlassen hatte. Er hatte Shivery den Befehl gegeben, ins Castle zu gehen, den kleinen Lord zu töten und einen Beweis dafür zu erbringen.
Und seitdem - war Funkstille!
Gray und Shivery meldeten sich nicht mehr. Wie oft auch der Mann, der sich Torre Gerret nennen ließ, die Rufnummern der beiden Handys anwählte - es kam keine Antwort.
Doch ein übler Trick Zamorras, wie Gerret es fast schon befürchtet hatte?
Zamorra war gefährlich. Er war schlauer als zehn Füchse zusammen und hatte sich und andere schon aus weitaus vertrackteren Situationen wieder herausgewunden. Gerret wußte alles über den Dämonenjäger und seine Crew. Vor allem wußte er, daß er Zamorra niemals unterschätzen durfte.
Einmal hatte er ihn falsch eingeschätzt, obgleich er da bereits eine Menge Informationen nicht nur über Zamorra, sondern auch über Lord Saris besessen hatte, der als einziger den Weg zur Quelle des Lebens kannte. Gerret hatte gewußt, daß Zamorra wie er ein Auserwählter war, in dem das Potential zu langem Leben schlummerte. Aber erst die Quelle des Lebens aktivierte die entsprechenden Gene endgültig.
Doch das Gesetz der Quelle besagte, daß es in jeder Lebensphase des Llewellyn -Erbfolgers immer nur einen neuen Unsterblichen geben durfte. Torre Gerret hatte die Chance ergreifen wollen. Er hatte die Unsterblichkeit gewollt.
Doch er hatte bei den Prüfungen versagt. Dabei konnte er sich nicht einmal daran erinnern, welcher Art sie gewesen waren. Anscheinend hatte auch Zamorra damals nichts mitbekommen, denn er war nur zu überrascht gewesen, als die Quelle schließlich ihm die Unsterblichkeit zusprach. In diesem Moment hätte Zamorra seinen Konkurrenten töten müssen, allein um zu verhindern, daß das Wissen um die Existenz der Quelle und den Weg dahin irgendwann durch Zufall gelüftet wurde. Doch Zamorra hatte durchgesetzt, daß Gerret überleben durfte. Er hatte zusätzlich durchgesetzt, daß auch seine Gefährtin Nicole Duval, die ebenfalls über die entsprechende Veranlagung verfügte, die Unsterblichkeit erhielt. Damit hatte er gegen Gesetze verstoßen, und so hatte die Quelle ihm einen hohen Preis abgefordert.
Und Torre Gerret war zum unversöhnlichen Feind geworden.
Durch den starken Bannzauber des Llewellyn hatte Gerret Zamorra so lange nichts anhaben können, bis der Llewellyn-Körper starb. Aber nun war es soweit. Der Haß und die Rachsucht eines alten Mannes entluden sich über Zamorra, dem Gerret auch noch die Schuld daran gab, seinen Sohn verloren zu haben. Ohne Zamorras Einfluß hätte das einzige Kind noch leben können, das Torre Gerret jemals hatte…
Gerret fragte nicht danach, unter welchen Umständen sein Sohn umgekommen war; ob es vielleicht dessen freiwillige Entscheidung in einer Situation gewesen war, in der es um viel mehr als private Belange ging, sondern um das Schicksal ganzer Welten. Für den alten Mann zählten nur die Fakten, die er kannte.
Er wollte nicht diskutieren. Er wollte Rache. Für sich und seinen Sohn.
Aber seine
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