Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
0503 - Der Stierdämon

0503 - Der Stierdämon

Titel: 0503 - Der Stierdämon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Kurt Giesa
Vom Netzwerk:
hatte er etwas andere Vorstellungen von Moral und Ethik als anständige Neuzeit-Menschen. Nicole Duvals Tod wollte er jedoch keineswegs provozieren. Nicht etwa, weil er sich vor Zamorras Zorn fürchtete, sondern weil er diese junge Dame einfach mochte. Sie und auch die junge Lady Patricia ap Llewellyn hatten ihn immer freundlich und gut behandelt und sich für ihn eingesetzt. Für Lord Saris oder auch für den Earl of Pembroke, seinen Interims-Gastgeber bis vor einem halben Jahr, hätte er sich nie in dieser Form engagieren können.
    Die Transmutation war praktisch die einzige Chance gewesen, Mademoiselle Duval zu retten. Wenn Professor Zamorra nicht sie und die Droschke von ihrem Standort entfernt hätte, wäre nun alles viel einfacher.
    Der Gnom kam zu dem Schluß, daß er den Urzustand so weit wie möglich wiederherstellen mußte. Er sah sich nach Zamorra um. Aber sein großer Gönner war verschwunden. Mißmutig schimpfte der Gnom vor sich hin. Es wäre eines Tonbandmitschnitts würdig gewesen; in seiner Kindheit und Jugend, in der er seiner Gestalt und Hautfarbe wegen als Mißgeburt gejagt worden war, hatte er sich ein abendfüllendes Repertoire an Verwünschungen angeeignet, das er jetzt von A bis Z herunterfluchte. Für ihn war es eine Tortur, die Goldstatue wieder ins Parterre, nach draußen und in den Rolls-Royce zu wuchten. Anhand der Körperhaltung des Bösewichts brachte er Nicole wieder in annährend die ursprüngliche Sitzposition. Inzwischen hatte sie sich um einige Zentimeter bewegt, was natürlich in die magischen Berechnungen mit einfließen mußte, aber auch der Schurke hatte seine Position zeitlupenhaft schwach verändert.
    Es blieb das Problem, die Droschke ohne Pferde wieder genau dorthin zurückzubringen, wo Zamorra sie vorgefunden hatte. Für den Gnom war dieses Problem so gut wie unlösbar. Und Zamorra hatte es vorgezogen, einfach zu verschwinden und ihn, den Namenlosen, die Arbeit einfach allein machen zu lassen. Er hatte nicht einmal seine Hilfe angeboten. Nur das Amulett hatte er zurückgelassen, aber was half das schon? Damit konnte zwar der Gegenzauber durchgeführt werden, aber es brachte die Droschke nicht bergab.
    Er konnte nur hoffen, daß Zamorra bald wieder auftauchte. Ansonsten waren die mühevollen Berechnungen völlig umsonst, und mit jeder verstreichenden Minute wurde der Zauber schwieriger.
    An das Wesen mit dem Stierschädel verschwendete er schon keinen Gedanken mehr. Aus den Augen, aus dem Sinn…
    ***
    Roy Thurso rannte, so schnell er konnte, aber schon nach ein paar Dutzend Metern pfiffen seine Lungen. Er war kein Sportler, und auch die Schlange konnte ihn nicht über seine körperlichen Leistungsgrenzen hinaus antreiben. Als er schon glaubte, das unheimliche Wesen mit dem Stierschädel auf der anderen Straßenseite überholen zu können, um vor ihm bei dem Vampir zu sein, rutschte er auf nassem Boden aus, schlug der Länge nach in eine große Pfütze und riß sich auf dem rauhen Pflaster Knie und Handflächen auf. Die Schlange in ihm zwang ihn, den Schmerz zu ignorieren und sofort wieder aufzuspringen. Er taumelte, rannte keuchend weiter, aber er hatte wertvolle Sekunden verloren. Der Vorsprung des mit gleichmäßig raschem Tempo vorwärts eilenden Unheimlichen war wieder, gewachsen.
    Vor dem Haus, in dessen erleuchtetem Fenster Mrs. Broighinn gellend um Hilfe für ihren Mann schrie, ging der Kampf zwischen Mr. Broighinn und dem Vampir Fuego seinem Ende entgegen. Im nächsten Moment traute Thurso seinen Augen nicht. Unterlag er etwa einer Sinnestäuschung infolge der Anstrengung? Um den Vorgarten gab es eine hüfthohe Hecke. Das Stierwesen benutzte weder den Durchgang vor der Haustür, noch stieg oder sprang es über die Hecke hinweg, sondern glitt einfach hindurch!
    Im nächsten Moment war es bei dem Vampir.
    Knochenhände packten Don Cristofero und rissen ihn von seinem Opfer hoch. Er wurde zur-Seite geschleudert. Der Stier verharrte einen Augenblick, maß seinen Gegner mit prüfenden Blicken aus rötlich aufglühenden Augenhöhlen im bleichen Stierschädel, dann senkte er den Kopf und griff an, um den Vampir mit seinen Hörnern zu durchbohren!
    »Nein!« schrie Thurso auf. »Halt!« Er selbst, Thurso, mußte es sein, die den Vampir tötete. Nur so, raunte ihm der Ssacah-Keim zu, konnte das Unheilvolle des Vampirs, das in seinem Blut kreiste, gelöscht werden.
    Thurso entwickelte Kräfte, von denen er nie etwas geahnt hatte. Mit einem weiten Sprung jagte er über der

Weitere Kostenlose Bücher