0504 - Attacke der Riesenkäfer
Sie persönlich von ihm, Raffael?«
Der weißhaarige Diener verzog kaum merklich die Mundwinkel. »Er spielte bemerkenswert schlecht Schach. Aber ich komme mit ihm aus. Er ist mir eine große Hilfe, Monsieur. Sehen Sie, nicht daß ich mich beklage. Sie wissen ja, daß ich nach wie vor in der Lage bin, die anfallenden Arbeiten zu erledigen. Aber da es nun jemanden gibt, den ich entsprechend anleiten kann, kann er mir zur Hand gehen und immerhin einige Pflichten abnehmen. Für ihn selbst ist es natürlich erleichternd, die Versorgung seiner Herrschaften teilweise auch meiner Wenigkeit überlassen zu können. So ist es eine Arbeitsteilung zu gegenseitigem Nutzen. Ich bin zufrieden, Monsieur.«
Zamorra grinste innerlich. Raffael hätte schon vor mindestens fünfzehn Jahren in Pension gehen können. Aber er sträubte sich mit Händen und Füßen dagegen und behauptete glaubhaft, eine Pensionierung sei für ihn gleichbedeutend mit dem Todesurteil. Seine Arbeit war seine Berufung und sein Leben. Aber er wurde nun mal nicht jünger mit den Jahren; auch wenn er nach wie vor nie zu schlafen schien und rund um die Uhr zur Verfügung stand, ließ seine Spannkraft allmählich nach. Das war ein weiterer Grund gewesen, weshalb Zamorra sich bemüht hatte, Lady Patricia samt Kind und Butler ins Château Montagne zu holen. So konnte der um Jahrzehnte jüngere William allmählich Raffaels Pflichten übernehmen, ohne daß das dem alten Mann auffiel.
Zamorra konnte Raffael sehr gut verstehen. Er brauchte die tägliche Arbeitsroutine, und soweit Zamorra informiert war, besaß er auch keine Verwandten mehr, um die er sich nach seiner Pensionierung hätte kümmern können. Er hatte seine ganze Familie überlebt. Wo sollte er also hin? In ein Altersheim?
Vermutlich würde sich mit dessen Tür zugleich auch Raffaels Sargdeckel schließen.
Immerhin war es amüsant zu verfolgen, wie Raffael bemüht war, jetzt, da ein zweiter Diener im Hause war, dezent auf seine eigene Unentbehrlichkeit hinzuweisen.
»Wenn Sie zufrieden sind, Raffael, bin ich es auch. Sie meinen also, wir müßten ihn nicht entlassen?«
»Ich, ich denke, es wird schon Möglichkeiten geben, für seine Beschäftigung zu sorgen«, brummte Raffael.
»In der Hauptsache ist er ja auch für die Lady und Lord Zwerg - verflixt, jetzt fange ich auch schon damit an! Na, für Mutter und Kind ist er halt traditionsgemäß zuständig. Wo sind die beiden überhaupt?«
»William hat sie soeben mit dem BMW ins Dorf hinunter gefahren. Sie wollen sich mit Madame Lafitte und ihren Kindern zu einem Nachmittagsspaziergang treffen.«
»Hoffentlich mit Sonnenschirm am Kinderwagen«, meinte Zamorra.
Raffael öffnete die Tür zum kleinen Salon. »Benötigen Sie noch etwas?«
Zamorra sah, daß Getränke bereitstanden. »Wenn, melde ich mich über die Sprechanlage. Danke, Raffael.«
Der Diener zog sich zurück.
Teri Rheken erhob sich. »Du solltest deinen Keller mal entstauben lassen«, regte sie zur Begrüßung. »Die Spinnen sind wieder auf dem Vormarsch. Wie der Teufel, was denn da nun in die Netze fliegt, daß sie nicht verhungern.«
»Du kommst also aus Schottland,« vergewisserte sich Zamorra. Teri nickte. Zwischen Château Montagne, dem schottischen Spooky-Castle und einigen anderen Orten auf der Erde und in anderen Welten gab es direkte Verbindungen. Dort wuchsen Regenbogenblumen; eigenartige, der Wissenschaft bislang unbekannte Pflanzen, deren immerblühende Kelche menschengroß waren und je nach Lichteinfall in allen Farben des Regenbogens schimmerten. Wenn man zwischen die Blüten trat, sich seinen Zielort vorstellte und es dort tatsächlich ebenfalls diese Regenbogenblumen gab, befand man sich im nächsten Moment am vorgestellten Ort.
Und da im Château Montagne die Regenbogenblumen in einem von einer magischen Kunstsonne erhellten Kellergewölbe blühten, hatte Teri wohl Bekanntschaft mit den achtbeinigen, nicht zahlenden Untermietern gemacht. Natürlich hätte sie als Silbermond-Druidin auch mit ihrer Para-Fähigkeit des zeitlosen Sprunges im Schloß auftauchen können, aber das hätte sie selbst Kraft gekostet, die sie vielleicht für andere Dinge dringender benötigte.
Zamorra wunderte sich nicht darüber, daß Wiliam sich befremdet gezeigt hatte, als sie ihn bei ihrem Auftauchen aus dem Keller in den Weg gelaufen war. Die einzige Kleidung, die sie trug, waren ein knapper, goldfarbener Tanga und ein goldenes Stirnband, das das Silbermond-Emblem trug. Ihr hüftlanges,
Weitere Kostenlose Bücher