0507 - Die Lady mit dem Schädeltick
denn der Schädel raste zurück.
Er jagte wie ein hart geschleuderter Ball in den Gang hinein. Ich mußte die Schwelle überspringen, drehte mich nach links, da war der Kopf schon zu weit entfernt für einen sicheren Schuß.
Mein rechter Arm sank nach unten. Ich hätte den Schädel verfolgen können, doch ich dachte an Mrs. Brent, die ich keinesfalls allein lassen wollte. Deshalb lief ich zurück.
Sie stand mitten im Raum und trank einen Kognak. Das Glas mußte sie mit beiden Händen halten, so sehr zitterten ihre Arme. »Sie können nicht hier im Zimmer bleiben«, sagte ich. »Auf keinen Fall.«
»Und wo soll ich hin?«
»Mischen Sie sich unter die Gäste, Mrs. Brent. Einen anderen Rat kann ich Ihnen nicht geben.«
»Und dort bin ich sicher?«
»Das kann ich Ihnen nicht hundertprozentig sagen. Zumindest haben Sie einen gewissen Schutz. Sie wissen, daß ich nicht allein gekommen bin. Ich habe zwei Helfer mitgebracht, die auf Sie achtgeben können.«
Sie stellte das Glas zur Seite und schüttelte den Kopf. »Wie soll das noch alles enden? Hätte ich das geahnt, mein Gott, dieses Fest wird zu einer Gala des Grauens.«
»Ich werde versuchen, die Untote zu stellen, Mrs. Brent. Sie darf es einfach nicht schaffen. Ich gehe auch davon aus, daß sich Madeline hier im Haus aufhält.«
»Dann darf es ja keiner mehr betreten.«
»Im Normalfall nicht.«
»Wie wollen Sie die Gäste fernhalten?«
Ich winkte ab. »Gar nichts werde ich sagen, Mrs. Brent. Wir lassen zunächst alles auf uns zukommen. Es steht nur fest, daß die Köpfe befreit worden sind. Welche Aufgabe sie übernommen haben, kann ich nicht sagen. Kommen Sie jetzt?«
»Ich hole nur meine Jacke.«
Sie ging auf einen Schrank zu. Das Jäckchen bestand aus einem kostbaren Pelz, der leicht blau eingefärbt worden war. Ich legte ihr die Jacke über die Schultern. Lady Eleonore fröstelte. Sie hakte sich bei mir ein, als wir das Zimmer verlassen hatten und durch den Gang auf die Treppe zuschritten.
Unten in der Halle wurde sie lautstark begrüßt. Zahlreiche Gäste stürzten auf sie zu.
»Endlich!« hieß es. »Wir dachten schon, es wäre etwas passiert. Meine Güte, Eleonore, was war los?«
Diese und ähnliche Fragen prasselten auf sie nieder, und Mrs. Brent hielt sich sehr tapfer. Sie beantwortete die meisten Fragen nicht, übte sich in Geduld und lächelte.
Es dauerte ziemlich lange, bis ich sie den Fragen der Neugierigen entführen konnte.
Bill und Suko waren ungeduldig geworden. Sie stellten jedoch keine Fragen, als sie Lady Eleonore erkannten. Nach der knappen Vorstellung kam ich zum Kern des Problems.
Beide Freunde zeigten sich geschockt, als sie vernahmen, was geschehen war.
»Fliegende Köpfe?« hauchte Bill.
»Ja.«
»Und diese Madeline?«
»Habe ich nicht gesehen. Aber ich werde sie suchen. Gebt ihr bitte auf Mrs. Brent acht.«
»Soll ich nicht lieber mitgehen?« fragte Suko besorgt.
»Und was ist, wenn hier etwas passiert?«
»Okay, du hast recht, ich bleibe.«
Sheila kam, sah mich und begrüßte mich herzlich. Sie wunderte sich, wie kurz ich angebunden war.
»Später, Mädchen, wir sind leider nicht zu unserem Vergnügen hier.«
»Geht es wieder los?« fragte sie.
»Es ist schon losgegangen«, erklärte Bill. Was er noch sagte, hörte ich nicht mehr, weil ich mich schon auf dem Weg zum Haus befand…
***
Eine Familie wie die Brents, die in einem so großen und prächtigen Gebäude, mit zahlreichen Zimmern und saalartigen Räumen wohnten, kamen ohne Personal nicht aus.
Zu den Angestellten gehörte auch das dunkelhaarige Mädchen Claudia, das sich normalerweise speziell um die Wünsche und Belange der Lady Eleonore zu kümmern hatte.
Claudia war 22, kam aus Germany und arbeitete schon vier Jahre für die Brents. Sie fühlte sich in dieser Familie sehr wohl, auch deshalb, weil sie sich gut mit Lady Eleonore verstand.
Um stets in der Nähe zu sein, lebten die Mitarbeiter ebenfalls im Haus der Brents.
Allerdings nicht auf den ersten Etagen, sondern unter dem Dach.
Hier waren die Räume nicht so groß, dafür aber gemütlicher mit ihren schrägen Wänden außerhalb der Gauben.
Mrs. Brent hatte Claudia für die nächsten Stunden so gut wie freigegeben. Wenn sie gebraucht wurde, würde sich Mrs. Brent über Telefon melden.
Jedenfalls hielt sich Claudia in ihrem Zimmer auf. Sie wußte nicht, was sie bei den doch so oft arrogant wirkenden Gästen zu suchen gehabt hätte.
Ihr Zimmer war ziemlich geräumig. Sie hatte es modern und
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