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051 - Die gelbe Schlange

051 - Die gelbe Schlange

Titel: 051 - Die gelbe Schlange Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edgar Wallace
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ungläubig.
    Major Spedwell öffnete die Tür.
    »Hier ist Mr. Grahame St. Clay«, stellte er vor, und in das Büro trat ein tadellos gekleideter Gentleman.
    Stephen Narth starrte ihn mit offenem Munde an, denn ohne jeden Zweifel war Grahame St. Clay ein Chinese.

7
    »Mr. Gahame St. Clay«, stellte Spedwell den Fremden noch einmal vor, und mechanisch streckte Narth seine Hand aus.
    Bis zu diesem Augenblick hatten für Stephen Narth alle Chinesen gleich ausgesehen. Aber als er in die dunklen Augen dieses Mannes sah, wurde ihm klar, daß er sich von allen anderen unterschied. Seine Augen standen weit auseinander, seine Nase war dünn und lang, und die schmalen Lippen waren anders geschnitten als bei seinen Landsleuten.
    Der Besucher lächelte höflich: »Sie sind Mr. Narth? Ich bin erfreut, Ihre Bekanntschaft zu machen. Ich bin sicher, daß sie mir sehr nützlich sein wird.«
    Seine Sprache war die eines wohlerzogenen Mannes mit jenem übertrieben gedehnten Tonfall und außerordentlich korrekter Aussprache, die bezeichnend ist für die Absolventen einer der berühmtesten englischen Universitäten.
    »Darf ich Platz nehmen?«
    Narth nickte schweigend, und der Besucher legte eine schöne Ledermappe vor sich auf den Tisch.
    »Sie sind ein wenig bestürzt, weil ich Chinese bin?« Mr. St. Clay lachte leise. »›Gelbe Gefahr‹, das ist doch wohl der Ausdruck, den man gewöhnlich für uns braucht, nicht wahr?
    Doch ich muß nachdrücklich dagegen protestieren, daß man mich eine Gefahr nennt, denn ich bin der gutmütigste Mensch, der jemals von China hierhergekommen ist«, schloß er gutgelaunt.
    Während er dies sagte, öffnete er seine Mappe und entnahm ihr ein flaches Paket, das mit einem roten Band verschnürt war. Äußerst sorgfältig packte er es aus und enthüllte vor den Augen Stephen Narths ein dickes Bündel Banknoten. Narth konnte erkennen, daß es Tausendpfundscheine waren.
    »Sie brauchen, glaube ich, fünfzig«, vergewisserte sich Mr. St. Clay. Mit der Geschicklichkeit eines Bankkassierers zählte er die erforderliche Zahl ab und legte das kleine Bündel auf die Seite. Dann verpackte er behutsam den übrigen Stoß Banknoten und verstaute ihn wieder in der Mappe. »Wir sind doch alle Freunde hier, denke ich.« Mr. St. Clay sah von einem zum anderen. »Ich kann doch ganz offen sprechen?«
    Narth nickte.
    »Schön.« Der Chinese faltete die Banknoten zusammen und steckte sie in seine Westentasche. »Natürlich ist eine Bedingung an die Verleihung des Geldes geknüpft. Selbst ich, ein Chinese ohne banktechnische Berater, kenne mich doch so weit in den Geschäftsgebräuchen aus, daß ich diese große Summe nicht ohne eine Bedingung ausleihen kann. Frei herausgesagt, Mr. Narth, die Bedingung ist, daß Sie einer der Unseren werden.«
    »Einer der Ihrigen?« fragte Narth erstaunt. »Ich verstehe nicht ganz, was Sie damit sagen wollen.«
    Spedwell vervollständigte die Information.
    »Mr. St. Clay hat in diesem Lande eine große Organisation geschaffen. Es ist eine Art von -« Er machte eine Pause.
    »Geheimgesellschaft«, vollendete Mr. St. Clay höflich. »Das klingt ein bißchen mysteriös und abschreckend, nicht wahr? Aber in Wirklichkeit hat das nichts zu bedeuten. Ich habe mir eine bestimmte Lebensaufgabe gestellt, und dazu brauche ich die Hilfe intelligenter Männer, denen ich vertrauen kann. In gewisser Hinsicht sind wir Chinesen wie die Kinder, wir lieben Gepränge und Geheimnistuerei. Am meisten lieben wir es, Theater zu spielen, und die ›Freudigen Hände‹ waren, offen gesagt, meine Erfindung. Eines unserer Ziele ist es, das chinesische Volk emporzuheben und Licht in seiner Finsternis zu verbreiten.« Er schwieg einige Sekunden und fügte dann hinzu: »Und außerdem noch ähnliche Dinge.«
    Stephen Narth lächelte.
    »Das scheint mir ein sehr lobenswertes Ziel zu sein. Ich werde mich Ihnen gern anschließen.«
    Die dunklen Augen des Chinesen hatten hypnotische Eigenschaft. Sie durchbohrten ihn in diesem Augenblick förmlich, und Narth hatte das schreckliche Gefühl, als habe er eben seinen Willen einer stärkeren, dennoch aber wohlwollenden Macht unterworfen. Denn das war das Merkwürdige an diesem Chinesen: Er verbreitete eine Atmosphäre des Wohlwollens um sich.
    »Es ist gut«, sagte St. Clay, zog das Geld aus seiner Tasche und legte es höflich auf den Tisch. »Nein, nein - ich brauche keine Quittung. Zwischen Gentlemen ist das unnötig. Sie waren nicht in Oxford oder Cambridge? Wie schade! Ich

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