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0510 - Der Leichenzug

0510 - Der Leichenzug

Titel: 0510 - Der Leichenzug Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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noch eine gute halbe Minute, bis das Mädchen Mut gefaßt hatte.
    »Klar jetzt?«
    Manu nickte. »Es… es war nicht leicht. Ich schaute aus dem Fenster und sah die Gestalt.«
    Marek hob die Augenbrauen an. »Wo und wen? War es ein Mann oder eine Frau?«
    »Keines von beiden. Ein Geist.«
    »Ach.«
    Heftig nickte sie. »Ja, das war ein Geist. Die Gestalt schwebte über dem Boden. Sie hat ihn nicht einmal berührt. Ich habe auch kein Geräusch gehört.«
    »Stand das Fenster denn offen?«
    »Nein. Aber man hört doch, wenn jemand geht.«
    Marek hob die Schultern. »Nicht unbedingt, Mädchen. Aber weiter. Was geschah danach?«
    »Ich blieb im Haus. Ich verfolgte die Gestalt mit den Blicken, als sie auf dieses Haus zuschwebte.«
    »Und es war tatsächlich ein Geist?«
    Manuela nickte sehr ernst.
    Marek war skeptisch. »Du hast mir bisher nur eine sehr vage Beschreibung geliefert. Kannst du dich nicht deutlicher ausdrücken, Mädchen. Geister können auch verschieden aussehen.«
    »Stimmt. Wissen Sie, Herr Marek. Es fällt mir schwer. Dieser Geist sah aus, als wäre es aus Staub.« Sie zeichnete die Figur mit beiden Händen nach und nickte heftig. »Ja, aus Staub«, wiederholte sie.
    »Ein Geist, der nicht richtig durchsichtig ist, aber aus Staub war.«
    Marek lachte nicht einmal. Sein Blick war plötzlich ernst geworden. Mit dem gleichen Ernst in der Stimme stellte er auch die nächste Frage. »Der Geist hat nicht zufällig geflimmert?«
    Manu bekam große Augen. »Wieso?«
    »Ich meine, ob er innen geflimmert hat. Als würde er von Lichtteilchen umschwirrt.«
    »Nein.«
    »Wirklich?«
    »So ganz sicher bin ich mir nicht.«
    »Schon gut. Woher ist er gekommen?«
    »Sie wissen ja, daß wir ziemlich am Ortsende wohnen. Er kam jedenfalls nicht aus Petrila.«
    »Also von außerhalb?« fragte Marek.
    »So ist es.«
    »Und die Richtung?«
    Da überlegte sie einen Moment. »Von den Bergen, aus dem Osten, würde ich sagen.«
    Die letzte Bemerkung hatte den alten Marek aufhorchen lassen und auch mißtrauisch gemacht. Aus dieser Richtung war auch er gekommen, nach John Sinclairs Entführung.
    Manuela Micek hatte die Reaktion des Pfählers falsch verstanden.
    »Sie glauben mir nicht – oder? Deshalb habe ich Ihnen auch die Nachricht geschrieben. Dann bin ich wieder zurückgelaufen und konnte es im Haus nicht länger aushalten. Ich mußte mit jemanden darüber sprechen. Sie haben ja Erfahrung, was diese komischen Gestalten angeht, sagt man. Mein Vater jedenfalls schwört auf Sie.«
    »Danke, Mädchen. Es war gut, daß du zu mir gekommen bist. Hast du denn diesen Geist noch einmal gesehen?«
    »Nein, nie mehr. Aber getäuscht habe ich mich nicht. Ich konnte sogar erkennen, daß es ein Mann gewesen ist, obwohl diese Gestalt doch durchsichtig war.«
    »Jung – alt?«
    »Eher alt.«
    »Gut.« Frantisek Marek stand auf. »Es ist besser, wenn du jetzt nach Hause gehst. Nein, ich bringe dich selbst hin«, sagte er rasch, weil er den ängstlichen Ausdruck auf ihrem Gesicht sah. »Du kannst ganz beruhigt sein. Deine Eltern schlafen doch noch?«
    »Ja.«
    »Dann laß uns gehen. Warte hier auf mich.« Marek ging hoch in den Schlafraum und holte seine Armeepistole hervor, die er in den Gürtel steckte. Manuela stand im Flur. Sie starrte auf die Blutlache, die der Killer zurückgelassen hatte.
    »Wie… wie konnte das passieren? Wer hat sie getötet?«
    »Ich weiß es leider nicht, Mädchen.«
    »Der Geist?«
    »Möglich.« Marek öffnete die knarrende Haustür und schob Manuela über die Schwelle. Sie ging sehr vorsichtig und schaute sich auch sichernd um.
    Keiner lauerte den beiden auf. Aus der Ortsmitte hörten sie das laute Dröhnen eines Lkw-Motors. Der Wagen brachte die Arbeiter in den Wald, wo sie bald anfangen würden, die Bäume zu fällen.
    Frantisek Marek war sehr nachdenklich geworden. Hatte Manuela Micek tatsächlich einen Geist gesehen? Der Pfähler konnte sich dies nur schwerlich vorstellen. In diesem Fall ging es nicht um Geister.
    Vampire waren angesagt, wenn überhaupt. Schwarze Särge paßten zu ihnen.
    Andererseits dachte er an den Staub, den er aus dem Sarg gekippt hatte. Bis jetzt wußte er nicht, ob er aus den Resten eines Menschen oder eines Blutsaugers bestanden hatte.
    »Kommen Sie doch nicht mit?« Manu fragte es fast vorwurfsvoll.
    Sie hatte gesehen, daß Marek stehenblieb.
    »Doch, ich komme gleich. Ich hatte nur etwas nachgedacht.« Marek legte einen Arm um die Schultern des jungen Mädchens, über dessen Lippen

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