Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
0510 - Der Leichenzug

0510 - Der Leichenzug

Titel: 0510 - Der Leichenzug Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
Vom Netzwerk:
ein verlegenes Lächeln huschte.
    Sie gingen die Straße entlang und dem Ende des Ortes zu. Längst war der Motorenlärm verklungen. Die Sonne würde noch lange nicht aufgehen. Zu dieser Jahreszeit waren die Nächte lang und die Tage relativ kurz. Der November, der Totenmonat stand vor der Tür mit all seiner Feuchte, dem Nebel und der Trauer.
    Irgendwo schlug eine Haustür. Eine Frau schimpfte, weil ihr Kind schrie. Es war alles so normal, dennoch lauerte der Schrecken irgendwo. Manuela und Frantisek wußten dies.
    Die Straße war mehr eine Gasse, in die sie hineinschritten. Ihr Ende sah aus wie eine graue Zeichnung inmitten der dunklen Hauswände. Dahinter lagen Häuser, die sich nicht direkt an den Verlauf einer Straße hielten. Sie waren versetzt gebaut. Manche wurden auch von mächtigen Bäumen gestützt, deren Zeige dem Boden entgegenreichten, als würden sie noch die Schneelast vom letzten Winter tragen.
    Der Wind fand eine Lücke. Er blies in die Gasse und auch in die Gesichter der beiden so unterschiedlichen Menschen.
    Dann hörten sie das Jammern.
    Manu hatte es zuerst vernommen. Sie blieb stehen und streckte ihren Arm aus.
    »Was hast du?«
    »Hören Sie es nicht?«
    »Was denn?«
    Sie holte Luft. »Es… es ist so, als würden die Geister heulen.«
    Marek lächelte. »Unsinn, Kind, das ist der Wind.«
    »Nein.« Manu trat mit dem Fuß auf. »Ich habe mich nicht getäuscht. Das muß der Geist sein. Der Wind jault anders. Ich kenne das, ich wohne schließlich hier.«
    Da sie so von ihrer Meinung überzeugt war, zeigte sich auch Marek mißtrauisch. Um dem Mädchen eine gewisse Sicherheit zu geben, faßte er es unter, bevor sie gemeinsam die Gasse verließen und in die graue Finsternis hineintraten.
    Noch versteckte die Dunkelheit die Häuser. Zudem gaben die Bäume Schatten. Sie hatten noch nicht alle Blätter verloren. Viele von ihnen zitterten an den Zweigen, die meisten aber waren schon gefallen, bildeten auf der Erde einen braunbunten Teppich, der bereits feucht geworden war.
    »Ich höre noch immer nichts«, flüsterte der Pfähler.
    »Es war aber da.«
    »Wir werden sehen.«
    Nach einigen Schritten blieben sie stehen. Über ihnen bildeten die Äste einer Eiche ein knorriges Dach. Laub raschelte – und da war das Heulen wieder.
    Jetzt hatte es auch Marek vernommen.
    Manuela stieß den älteren Mann an. »Na, was habe ich gesagt? Das Geräusch ist…«
    »Psssttt…«
    Der Pfähler wollte und mußte sich konzentrieren. Und er gab dem Mädchen recht. Dieses heulende Geräusch wollte einfach nicht in die Stille des Morgens passen. Es brauchte auch nicht unbedingt von einem Menschen zu stammen, Marek hätte sich nicht gewundert, wenn plötzlich vor ihm ein Vampir aufgetaucht wäre.
    Manuela war zurückgeblieben. Sie sah die Gestalt des Mannes, der angestrengt nach der Person Ausschau hielt, die das Heulen ausgestoßen hatte.
    »Der hält uns zum Narren«, sagte Marek, »verdammt noch mal, der hält uns zum Narren.« Er schaute Manuela an. »Du hast nicht zufällig gehört, aus welcher Richtung das Heulen klang?«
    »Nein, für mich war es einfach überall.«
    »Das ist zu wenig!« flüsterte Marek. »Das ist einfach zu wenig.«
    Die beiden Suchenden trennten sich wieder. Sie schauten in verschiedenen Richtungen nach, und es war abermals das Mädchen, daß die Entdeckung machte. Manu blieb plötzlich stehen und streckte den rechten Arm aus. »Das ist es doch!« keuchte sie. »Das…«
    Marek fuhr herum. Erst wollte er seinen eigenen Augen nicht trauen, dann jedoch mußte er einfach akzeptieren.
    Es war ein Phänomen, ein gewaltiges Phänomen, das vor ihm in der Luft schwebte. Kein Vampir, ein Geist…
    Wie eine träge Staubwolke zog er über die Straße…
    ***
    Manuela Micek konnte nicht anders. Es war ihr nicht mehr möglich, auf der Stelle zu bleiben. Sie brauchte einen gewissen Schutz, den konnte ihr nur Marek bieten.
    Sie hetzte zu ihm und wollte etwas sagen, doch der Pfähler schüttelte barsch den Kopf. »Laß es, Kind, damit muß ich fertigwerden. Du kannst dich verstecken.«
    »Aber Sie…«
    Marek ging schon weiter. Er nahm den direkten Kurs auf die schwebende Gestalt. Je näher er ihr kam, um so deutlicher schälte sich das Wesen trotz der Düsternis hervor.
    Manuela hatte etwas übertrieben, als sie von einem übergroßen Geist gesprochen hatte. Das war er Mareks Ansicht nach nicht. Das Wesen besaß die Größe eines Menschen, nur war es kein Mensch.
    Dieses bleiche Etwas lief durchaus unter dem

Weitere Kostenlose Bücher