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052 - Invasion der Toten

052 - Invasion der Toten

Titel: 052 - Invasion der Toten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Frenz
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nach oben.
    Bis zum Dach der Schmiede waren es drei Stockwerke, der reinste Klacks. Entschlossen stemmte sie ihre Hände gegen die Fassaden und zog die Beine an. Sie suchte mit den Stiefel Halt auf der rauen Oberfläche, sodass sie mit den Händen höher rutschen konnte. Danach begann der Bewegungsablauf von neuem.
    Auf diese Weise stemmte sie sich zwischen den Gebäuden immer weiter empor.
    Ihr Vorhaben, bis aufs Dach zu steigen, verwarf sie allerdings, als sie eine Reihe von vergitterten Fenstern erreichte, denen übler Verwesungsgeruch entströmte.
    Der Raum, in den sie hineinsehen konnte, war nicht erleuchtet. Doch der Mondschein reichte aus, um ein Meer aus Köpfen zu erkennen, das bis zur gegenüberliegenden Wand reichte. Lauter Tote, die wie geschnitzte Spielfiguren nebeneinander aufgereiht waren!
    Jiina schauderte. Was hatte das zu bedeuten?
    Einem spontanen Impuls folgend, rief sie halblaut durch das Gitter:
    »Noak? Bis du hier?«
    Niemand reagierte. Weder Jiinas Liebster, noch ein anderer Leichnam.
    Nichts außer Grabesstille schlug ihr entgegen.
    Sie wiederholte den Ruf einige Male, gab dann aber auf. Es hatte keinen Zweck. Die Männer und Frauen, die in der Dunkelheit verharrten, reagierten nicht.
    Jiinas angespannte Muskeln begannen allmählich zu schmerzen, deshalb kletterte sie wieder in die Tiefe. Sie hatte genug gesehen. Zusammen mit Brina würde sie die Nachbarschaft alarmieren und zurückkehren. Dieses Totenhaus musste umgehend ausgeräuchert werden.
    Erleichtert drückte sie ihr Kreuz durch, als sie wieder festen Boden unter den Füßen spürte. Sie wollte nur kurz Arme und Beine ausschütteln und dann verschwinden - doch als sie sich umdrehte, erstarrte sie vor Schreck.
    Vor ihr stand eine Schwarz vermummte Gestalt, die sie nur deshalb so gut erkennen konnte, weil sich die Silhouette deutlich vor dem Lichtschein am Ende der Gasse abzeichnete. Jiina wollte vor Schreck aufschreien, aber ein scharfer Luftzug raubte ihr die Sprache.
    Es dauerte einen Moment, bis sie erkannte, dass der Luftzug von einem scharfen Schwert ausgelöst wurde, dessen Klinge mit Ruß beschmiert war, um verräterische Reflektionen zu vermeiden.
    Das kann doch nicht wahr sein, dachte sie entsetzt. Der warme Strom, der ihren Hals hinab lief, nährte ihren schlimmen Verdacht. Schon mit einem Schwindelgefühl kämpfend, fasste sie sich an die vor Feuchtigkeit triefende Kehle. Sie konnte den feinen Schnitt, aus dem das Blut hervor strömte, mit ihren Fingerspitzen fühlen.
    Mitleidlose dunkle Augen beobachteten ihren Todeskampf.
    Die Konturen des Schattenkriegers erschienen Jiina plötzlich überdeutlich vor Augen. Es war nicht zu übersehen, dass sie zu einer Frau gehörten. Als ob das noch wichtig wäre! Ärger über ihren Leichtsinn erfasste Jiina, gefolgt von absoluter Müdigkeit. Sie wollte sich nur noch hinlegen und schlafen. Rasend schnell kam der harte Boden auf sie zu, aber sie spürte keinen Aufprall.
    Sie war tot, noch ehe die Ninja ihren Sturz bremste.
    ***
    Der Rucksack lastete schwer auf Brinas Schultern, als sie kurz nach Sonnenaufgang heimkehrte. Manche Dinge waren in El'ay schwer zu bekommen. Hochwertige Wandfarben gehörten dazu. Nur ein Händler aus Mechico besaß derzeit die geeignete Qualität, mit der sie ihre Bilder malen konnte, doch er wollte das gewünschte Pulver selbst für Geld und gute Worte nicht herausgeben. Nach einem lüsternen Blick auf Brinas wohlgeformten Körper schwebte Sancho eine ganze andere Form der Bezahlung vor.
    Die Künstlerin ließ sich auf solche zweideutigen Angebote grundsätzlich nicht ein. Stattdessen hatte sie zur Selbsthilfe gegriffen und seinem Lagerhaus einen nächtlichen »Besuch« abgestattet.
    Ihre Vorräte reichten nun wieder für einige Wochen, und beim nächsten Mal würden Sancho hoffentlich Bax annehmen, statt wieder mit völlig leeren Händen dazustehen.
    Schnaufend erreichte sie die St. George Cathedral, die ihr als Domizil diente.
    Eine kleine anglikanische Kirche, errichtet im spätgotischen Stil, obwohl sie erst 1923 auf Betreiben des Milliardärs Howard Hughes erbaut worden war. Brina wusste das aus einem Buch, das sie in einem Wandversteck hinter der Sakristei gefunden hatte. Diese Angaben faszinierten sie stets aufs Neue, obwohl sie mit vielem nicht das Geringste anfangen konnte. Aber alleine die Tatsache, dass es Daten aus der Zeit vor Kristofluu waren, trieb ihr kalte und heiße Schauer über den Rücken.
    Alles Alte, Vergessene übte einen

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