0521 - Kampf um die Sonnenstadt
Schicksal ereilt wurde.
Links und rechts von Irmina näherten sich drei Gestalten in unförmigen Druckpanzern. Eine von ihnen schwebte ganz dicht heran, bis sie Kontakt mit Irminas Druckhelm hatte. Sie erkannte Fellmer Lloyd.
„Es ist besser, wenn wir jetzt noch nicht in Funkkontakt treten", teilte er ihr mit. Obwohl seine Stimme dumpf und verzerrt klang, wußte Irmina, daß er sich wahrscheinlich die Kehle heiser schrie.
„Wir werden mit Hilfe unserer Antigravitationsanlagen bis zu den oberen Schichten der Atmosphäre schweben und uns dann erst im Sturzflug hinunterfallen lassen. Vergessen Sie aber nicht, Ihren Prallschirm einzuschalten, sonst verglühen Sie durch die Luftreibung."
„Danke für Ihre Ratschläge", entgegnete Irmina spitz. „Aber all diese Verhaltensmaßregeln wurden mir schon vor dem Einsatz eingetrichtert."
Lloyd zögerte.
„Alles in Ordnung?"
„Ich fühle mich so wohl wie ein Vogel."
„Hoffentlich nicht wie ein Vogel im Vakuum", konnte sich Lloyd nicht verkneifen zu sagen, dann ließ er sich von Irmina abtreiben.
Irmina fand keine Zeit, sich über das Benehmen des Mutanten zu ärgern. Lloyd hatte kaum ausgesprochen, als die Impulskanonen der Bodenabwehrstationen erneut in Tätigkeit traten. Diesmal schossen sie ihre ultrablauen Energiestrahlen jedoch auf ein Ziel ab, das Tausende von Kilometern von ihnen entfernt war.
Bald darauf empfing sie in ihren Kopfhörern die allerletzte Warnung des Zentralplasmas.
„ ... Wenn der Kreuzer nicht augenblicklich den unmittelbaren Bereich der Hundertsonnenwelt verläßt, kann ich den Einsatz der Transformgeschütze nicht mehr verhindern."
Die GONOZAL zog sich zurück. Das Feuer wurde eingestellt.
Atlan, Rhodan und Lloyd, die eben noch an Irminas Seite in die Tiefe geschwebt waren, schalteten plötzlich ihre Antigravprojektoren aus und fielen wie Steine in die Tiefe.
Jetzt ist es soweit, dachte Irmina und desaktivierte ebenfalls ihre Antigravitationsanlage.
Es überkam sie schlagartig. Eben hatte sie sich noch so sicher gefühlt, als hätte sie festen Boden unter den Füßen. Doch als sie jetzt hilflos auf den Planeten zufiel, nur von dem Prallschirm geschützt und der vorprogrammierten Robotautomatik ausgeliefert, die den Sturz zur rechten Zeit abfangen sollte - da bemächtigte sich ihrer Panik.
Ihr wurde bewußt, daß sie fiel.
Das, wovor sie sich seit der Zeit auf dem Rücken des Marschiere-Viel immer so gefürchtet hatte, war eingetreten. Es war wie in ihrem Alptraum. Sie fiel in die bodenlose Tiefe und konnte nirgends Halt finden.
Dabei konnte sie ihren Sturz nicht einmal miterleben. Sie konnte nicht sehen, wohin sie fiel, denn um sie begann plötzlich die Luft zu glühen. Welche Geschwindigkeit mußte sie bereits entwickelt haben, wenn durch die Reibung an ihrem Prallschirm die Luft einfach ionisiert wurde.
Diese Erkenntnis drohte ihr den Verstand zu rauben.
Sie wartete auf die Aufwärtsbewegung, die nach dem Fall kommen mußte. So war es auch auf dem Marschiere-Viel gewesen. Es ging immer auf und ab, auf und ab.
Und die Sonne Bolo glühte unbarmherzig vom Himmel.
Hitze, gleißende Grelle, auf und ab, das Trommeln der sechsunddreißig Beine des Marschiere-Viel auf dem Fels.
Irmina schrie. Aber niemand konnte ihre Not hören, denn ihr Sender war ausgeschaltet. Niemand würde je erfahren, daß sie sich wieder auf Last Hope befand und sich dem Zugriff der rebellierenden Immunen entzog, indem sie sich auf den Rücken des Marschiere-Viel flüchtete.
Trommeln.
Auf und ab.
Der Sturz in die Tiefe.
Nein, Irmina kam von irgendwoher ein Impuls. Es ist kein Sturz, es ist ein Schweben. Das Auf und Ab ist keine Tortur, sondern ein sanftes Wiegen, das Trommeln eine besänftigende Melodie. ..
Nein, nein, es ist schrecklich!
Irmina wollte sich ihrer Angst ergeben. Sie wollte die Schrecken auf sie einwirken lassen, um endlich einmal ihrer Qual ein Ende zu machen. Den Sturz in die Tiefe würde sie ohnehin nicht überstehen, also konnte sie sofort ihre Körperzellen umgruppieren ...
Doch der fremde Impuls ließ das nicht zu. Irmina konnte sich nicht auf das Zellplasma konzentrieren, es war ihr nicht möglich ihren Mitrochondrien die Energie zu entziehen.
Du schwebst, Irmina. Die Grelle ist fort. Dein Schutzschirm glüht nicht mehr. Die Robotautomatik hat deinen Antigravprojektor aktiviert. Du bist in Sicherheit. Öffne die Augen und überzeuge dich davon ...
Irmina gab schließlich dem Drängen der lautlosen Stimme in ihrem Gehirn nach.
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