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0522 - Der Zombie-Macher

0522 - Der Zombie-Macher

Titel: 0522 - Der Zombie-Macher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Kurt Giesa
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sich verabredet hatten. Am Flughafen hatte der Aborigine sie eiskalt auflaufen lassen und abgewimmelt, aber einem Treffen zum Dinner zugestimmt. Jetzt war er nicht wiederzuerkennen: Statt der zerlumpten, angeschmutzten Primitivkleidung trug er einen maßgeschneiderten Seidenanzug neuester Mode. Nicole gestand sich ein, daß sie ihn, wenn sie ihm unvorbereitet in Sidneys Straßen über den Weg gelaufen wäre, niemals für den Mann gehalten hätte, der in jenem Camp im Outback gewesen war, fernab jeglicher Zivilisation.
    Grüßend nickte Shado den drei Menschen zu und setzte sich ohne Umschweife an ihren Tisch. Er sah Teri durchdringend an. »Noch einmal, Silbermondfrau: Ich mag es nicht, wenn du unaufgefordert Fremde zu meinem Stamm bringst. Wir Yolngu sind keine seltenen Tiere, an denen man Verhaltensstudien durchführt.«
    »Yolngu?« fragte Zamorra.
    »So nennen wir uns. Ihr Weißburschen nennt uns Aborigines. All right, es klingt wenigstens etwas freundlicher als ›Nigger‹ oder ›Affenmenschen‹. Noch vor gar nicht allzu langer Zeit wurden unsere Vorfahren von den englischen Kolonisten als solche bezeichnet und gejagt.«
    »Wollen Sie der heutigen Generation die Verantwortung dafür aufdrängen?« fragte Zamorra etwas schärfer als beabsichtigt.
    Shado blieb ruhig. »Natürlich nicht«, sagte er. »Aber es sollte ebensowenig vergessen werden wie der Völkermord an den Juden im Nazi-Deutschland oder die Sklaverei in den frühen USA oder die Hexenverbrennungen im europäischen Mittelalter. Nur wer das Böse der Vergangenheit nie vergißt, kann dafür sorgen, daß es in der Zukunft nie wieder eintritt, und somit frei von Schuld bleiben.«
    »Eine beeindruckende Rede, Shado«, sagte Teri mit spöttischem Unterton. »Du solltest Staatspolitiker werden.«
    Er sah sie kurz an und erwiderte im gleichen spöttischen Tonfall: »Sorry, Silbermondfrau, aber dazu fehlt mir die Qualifikation. Ich bin weder geldgierig noch kann ich gut genug lügen.«
    Er wandte sich Zamorra zu. »Sie sind also der Mann mit dem Silberzeichen, dessen Ankunft Kanaula mir andeutete.«
    »Kanaula, der Regenbogenmann -ein Wesen aus der Traumzeit, nicht wahr? Was ist das für ein Wesen? Woher kennt es mich?«
    Shado beugte sich vor. »Ich bin überrascht«, gestand er. »Sie zweifeln die Existenz des Regenbogenmanns nicht an? Warum nicht?«
    »Er wäre nicht das erste mystische Geschöpf, das mir leibhaftig begegnet«, gab Zamorra zurück. An die Baba Yaga mußte er denken, an Laurin, den Zwergenkönig, und an Odin, den Asen, der ihm eine Menge Kopfzerbrechen bereitet hatte, ehe er für unbestimmbare Zeit wieder in seinem Reich verschwunden war… »Unterschätzen Sie uns ›Weißburschen‹ nicht, Mister Shado. Nicht alle von uns sind ignorant und ablehnend.«
    »Ich bin kein Mister. Ich bin nur einfach Shado, Zamorra. Willst du eine Geschichte hören, Weißbursche? Die Geschichte vom Feuerdieb?«
    Zamorra nickte.
    Inzwischen war der Kellner an den Tisch getreten. »Wir nehmen die Empfehlung des Küchenchefs«, kürzte Zamorra das Bestellverfahren ab; Nicole und Teri nickten. Shado machte eine schnelle Handbewegung und ließ die Finger kreisen, und der Kellner zog sich zurück. Der Aborigine grinste. »Stammkunde - man weiß, was ich hier zu speisen pflege«, sagte er und lehnte sich entspannt zurück. »Nun, hören Sie zu.«
    Es geschah, daß Umwala, der Krebsmann, Mulara, der Fledermausmann, und Kanaula, der Regenbogenmann, einen besonders großen Fischzug machten. Auf dem Heimweg zu ihrem Lager luden sie all ihre Freunde zu einem Corroboree ein, das bei Sonnenuntergang beginnen sollte. Sie wollten ihr Angelglück feiern. Umwala wollte singen, Mulara führte die Tänzer, und Kanaula blies die Didjeridoo, die hölzerne Flöte.
    Aber sie hatten nicht damit gerechnet, daß so viele Freunde zu dem Treffen kommen würden, um den Fisch mit ihnen zu teilen und an den Tänzen teilzunehmen. So dauerte das Corroboree sehr lange, bis spät in die Nacht, und alle Teilnehmer hatten ihren Spaß daran und wollten einfach nicht müde werden.
    Nach etlichen Stunden wurde Kanaula, der ein reizbarer, jähzorniger alter Knabe ist, müde von dem fortwährenden Didjeridoo-Spiel. Wie er so grübelte, wie das Corroboree zum Ende gebracht werden könnte, kam ihm die Idee, die Fackel auszulöschen, indem er mit ihr ins Wasser sprang, denn ohne Licht würden die Leute das Treffen wohl bald verlassen.
    Umwala, durch seinen Gesang hellwach, bemerkte Kanaulas Tun im

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