0522 - Der Zombie-Macher
gleichen Moment, schnappte sich einen Speer und warf ihn in Kanaulas Richtung. Der Speer fand seinen Weg in Kanaulas Handgelenk. Für ein paar Sekunden wurde dessen Hand dadurch über Wasser gehalten, lange genug für Mulara, der ebenfalls aufgesprungen war, um die Fackel zu ergreifen, die er dann in einen Haufen Pandanus-Blätter warf, die sofort aufflammten. So war das Feuer für die Menschheit gerettet.
Danach erstieg Kanaula den Himmel und wurde zu einem Regenbogen, Mulara lebt seither als Fledermaus in den Bäumen, und Umwala zog sich in die Mangrovensümpfe zurück, um dort als ein riesiger Krebs zu wohnen.
Wann immer du nun einen Regenbogen siehst - und nicht nur dann -erinnere dich an Kanaula und bemühe dich zu verhindern, daß jene Dinge entwendet oder zerstört werden, die von existentieller Bedeutung für das Überleben der Menschen sind.
Für eine Weile trat Stille ein. Schließlich sagte Zamorra: »Warum haben Sie uns ausgerechnet diese Geschichte erzählt, Shado?«
»Weil der Regenbogenmann mir in der Traumzeit einen Hinweis hat zukommen lassen. Ein Traumzeitplatz ist entweiht worden.«
Der Aborigine lächelte dabei, aber dem Professor entging nicht, daß der Mann ihn förmlich belauerte.
»Ein Traumzeitplatz«, sagte Zamorra leise, »ist von existentieller Bedeutung für die Yolngu. Sie möchten«, er zögerte kurz und überdachte seine Formulierung, »daß ich etwas gegen diese Entweihung unternehme, weil Sie selbst es nicht können. Denn es ist nicht Ihr eigener Traumzeitplatz - und auch nicht der Ihres Stammes.«
Shado entspannte sich leicht. »Erraten, Weißbursche.«
»Warum hat Kanaula über die Entweihung zu Ihnen geredet, Shado? Warum nicht zu einem Tänzer des Stammes, dem jener Platz heilig ist?«
»Ich weiß es nicht«, gestand der Aborigine. »Vielleicht gibt es sonst niemanden, zu dem der Regenbogenmann sprechen konnte, weil gerade kein anderer als ich tanzte. Es ist nicht die Zeit für Corroborées. Außerdem teilte er mir ja auch unser Zusammentreffen mit. Warum also sollte ich nicht Sie bitten? Es muß einen Grund haben, weshalb Sie auserwählt wurden. Sie sind der Mann mit dem Silberzeichen. Deshalb können Sie vielleicht vollbringen, was mir unmöglich wäre. Ich könnte den entweihten Traumzeitplatz nicht reinigen, weil er mir fremd ist; ich würde ihn ebenfalls entweihen. Vielleicht sogar auf eine viel schlimmere Weise.«
Zamorra öffnete das Hemd und löste Merlins Stern von der silbernen Halskette. Er legte die handtellergroße Zauberscheibe mit den eigentümlichen Hieroglyphen auf den Tisch. »Ist das das Silberzeichen?«
Shado beugte sich vor und nahm das Amulett in die Hand.
»Ja«, sagte er. »Es ist ein großer Fetisch. Aber es ist tot.«
Nicole hob die Brauen, Teri hielt sekundenlang den Atem an. Zamorra nickte.
»Es funktioniert nicht mehr«, bestätigte er. »Es verweigert den Dienst, läßt sich von mir oder Mademoiselle Duval nicht mehr einsetzen.«
Shado schloß die Augen und ließ die Finger über die eingravierten Tierkreiszeichen und die leicht erhaben gearbeiteten Hieroglyphen gleiten; Schriftzeichen, die bis heute niemand hatte entziffern können, weil sie keiner bekannten menschlichen Schriftsprache entstammten. Zamorra sah, daß einer der Hieroglyphen sich unter dem Druck von Shados Fingerkuppe um einen Millimeter verschob, um anschließend selbständig wieder in seine alte Position zurückzugleiten und scheinbar fest mit seinem Untergrund verbunden zu werden. Auf diese Weise - oder durch Gedankenbefehl -konnten bestimmte magische Funktionen des Amuletts ausgelöst werden.
Aber nichts geschah.
Shado warf das Amulett überraschend Zamorra wieder zu, der es reaktionsschnell auffing.
»Du hast es beleidigt, Weißbursche«, sagte der Aborigine gelassen. »Du hast es belogen. Deshalb ist es dir gram. Du wirst sein Vertrauen erst wieder erwerben müssen.«
Zamorra erstarrte. Er dachte an Shirona und das blaue Einhorn in Julians Traumwelt. Seit jenem Fiasko streikte das Amulett. [1]
»Woher wissen Sie davon?« stieß er hervor. »Oder hat es eben zu Ihnen gesprochen und es Ihnen verraten?«
Shado lächelte.
»Hat Ihnen die Silbermondfrau nicht von meiner Fähigkeit erzählt, Dinge zu sehen? Wenn sie so offensichtlich vor mir liegen, brauche ich dafür nicht einmal in die Traumzeit zu gehen.«
»Sie sagten eben, Zamorra müsse sich das Vertrauen des Amuletts erst wieder erwerben«, sagte Nicole. »Haben Sie auch eine Idee, wie das geschehen
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