0528 - Auftritt eines Toten
zu bleiben oder zusammen mit seiner Familie. Aus diesem Grunde haben sie sich zusammengetan und sich dort versteckt, wo sich der größte Weinkeller befindet. Er ist so groß, daß alle Einwohner von Cerbac darin Platz finden.«
»Und das stimmt?« fragte Marcel erstaunt, der in diesen Augenblicken nicht mehr an sein eigenes Schicksal dachte.
»Natürlich.«
Arlette und Marcel schauten sich gegenseitig an. Van Akkeren mußte lachen, als er die Blicke sah.
»Keine Sorge, ihr habt keinen Fehler begangen. Die Bewohner von Cerbac sind ebenso dem Tod geweiht wie ihr beide. Sie alle werden die Nacht nicht überleben.«
Die Farbige schüttelte sich. »Was sind Sie nur für ein Mensch?« hauchte sie. »Ich kann das nicht begreifen. Sind Sie überhaupt ein Mensch? Sind Sie es?«
»Sehe ich nicht so aus?«
»Das schon, aber auch Menschen können Tiere sein. Wilde Tiere, Bestien, Monsieur.«
Van Akkeren hielt die MPi in der rechten Hand. Er hatte das Kolbenende in den Winkel des rechten Ellbogens eingeklemmt. Mit der linken winkte er ab. »Aussagen wie die können mich nicht treffen. Ich nehme sie gelassen hin.«
»Ja, Sie sind ein Mörder und haben kein Gewissen.«
»So ähnlich.« Er war bei den letzten Antworten vorgegangen und hatte das Ende der Bar erreicht, um das er herumgehen mußte, um den Raum davor zu betreten.
Das tat er nicht. Er blieb dort stehen und ließ den Lauf der Waffe über die Theke schauen. »Eigentlich müßte er bald kommen«, erklärte er grinsend. »Le Duc wird sich freuen. Erst zu euch, dann zu den anderen. Das wird die Nacht der Nächte für uns.«
»Und warum tun Sie das alles?« Es hatte Arlette Überwindung gekostet, die Frage zu stellen.
»Für ihn!« flüsterte van Akkeren. Seine Augen bekamen dabei einen bestimmten Glanz. »Für Baphometh. Er wird derjenige sein, dessen Macht ich ausgebreitet sehen will. Er ist der Führer, der wahre Führer«, verbesserte er sich, »der Templer.«
Marcel und Arlette konnten nicht widersprechen. Sie mußten die Worte so nehmen, wie sie gesprochen worden waren. Zwischen ihnen entstand eine Pause, ein dumpfes Schweigen. Arlette blickte auf den Tisch, wo ihr Glas stand. Der Cognac duftete. Sie hatte sich vorhin nach dem Schluck gesehnt, nun aber konnte sie sich einfach nicht überwinden, einen kleinen Schluck zu trinken.
»Haben Sie unseren Freund Frank Didier auch getötet?« fragte Marcel Wächter nach einer Weile.
Van Akkeren schaute ihn an. »Nein, da bin ich ehrlich. Er ist mir wahrscheinlich entkommen.« Der Grusel-Star lachte, als er die Blicke sah, die sich beide zuwarfen. »Keine Sorgen, Freunde. Ich werde ihn noch bekommen. Ich habe bisher jeden zu fassen gekriegt, den ich haben wollte. Mal hat es länger gedauert, mal ging es schneller. Und heute weiß ich einen Helfer bei mir…«
Er mußte bereits die Schritte gehört haben. Arlette und Marcel vernahmen sie später.
Der Zombie kam.
Die Tür war nicht völlig geschlossen. Durch den Spalt drangen die Geräusche, das Knirschen des Schnees unter nackten, kälteunempfindlichen Füßen, und auf van Akkerens Lippen setzte sich das kalte, zynische Grinsen fest.
»Le Duc kommt«, flüsterte er.
Von außen klopfte der lebende Tote hart gegen die Tür. Der Schlag war so kraftvoll geführt worden, daß die Tür bis zur Wand zurückflog und mit der Klinke dagegen stieß.
Er stand da.
Van Akkeren lachte. »Komm näher, Le Duc. Komm ruhig. Ich habe deine beiden Freunde erwischt.«
Der Untote betrat die Bar. Er brachte die doppelte Kälte mit. Die von draußen und die des Todes. Auf seiner Gestalt klebte der Schnee. Er taute nicht so leicht weg, denn ein Zombie besitzt keine Körperwärme mehr. Da glich er schon einem Roboter.
Aus seinen glanzlosen Augen stierte er in die Bar. In seiner rechten Hand hielt er noch den Griff des Messers. Von der Klinge rutschten helle Wassertropfen und landeten auf dem Boden.
Sehr langsam drehte der Zombie den Kopf, um van Akkeren anzuschauen. Dieser Mann schien der einzige zu sein, der Le Duc Befehle erteilen konnte.
Mit der freien Hand winkte der Grusel-Star.
Le Duc ging noch tiefer in den Raum, blieb dann stehen und ließ die Tür offen.
Van Akkeren aber bewegte sich. Er richtete die Mündung auf Marcel Wächter, der ebenso totenbleich geworden war wie seine Begleiterin. Nur wirkte ihre Haut grauer.
»Du wirst dich jetzt neben sie an die Wand stellen und nicht rühren. Verstanden?«
Wächter nickte.
»Dann geh…«
Marcel spürte das Zittern in den
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